Der Mann mit dem roten Zylinder
sich an Knut:
„Was stehst du im Lift herum?“
„Ich bin zu Herrn Patò bestellt“, erwidert Knut Larsen, und in seiner Stimme schwingt eine gewisse Herausforderung mit. Und als er sieht, wie es in Haralts Augen ängstlich aufflackert, setzt er sofort treuherzig hinzu: „Ich hab’ nur ein wenig mit meinem Freund geplaudert.“
Der „Zwilling“ scheint beschwichtigt. Wesentlich freundlicher brummt er: „Plaudert in Zukunft außerhalb der Dienststunden!“
Die Bewegung mit dem Daumen ist für Haralt bestimmt, der es bei dieser einen Aufforderung bewenden läßt und wie ein Wiesel im Lift verschwindet. Während der Fahrstuhl geräuschlos der ersten Etage entgegenschwebt, sagt er leise, ohne sich umzuwenden.
„Danke, daß du mich nicht verpfiffen hast!“
„Nicht der Rede wert“, gibt Knut zurück, denn als Sieger kann er es sich leisten, großzügig zu sein.
Erster Stock. Mit leichtem Pfeifen gleitet die Tür zurück. Haralt zupft Knut leicht am Ärmel.
„Der Heringsfänger war nicht so gemeint.“
Knut Larsen nickt und zwinkert mit dem rechten Auge seinem Widersacher zu: „Ich nehme die Hilfsmatrosenuniform auch zurück!“
Henry Patò ist ruhelos in seinem Zimmer auf und ab gegangen.
Er hat sich dabei so tief in seinen Gedanken verstrickt, daß er das Klopfen an seiner Tür überhört. Erst als das Klopfen lauter und drängender wird, kehren seine Gedanken in die Gegenwart zurück.
„Herein!“
Strahlend, als käme er zur Preisverteilung, tritt Knut
ein.
„Hier ist die Karte, Herr Patò!“
Erwartungsvoll mustert er seinen Auftraggeber. „Danke, Knut...“
„Und was machen wir jetzt?“
„Jetzt?“ Patò blickt nachdenklich auf seinen kleinen Mitarbeiter. „Jetzt werde ich ein bißchen ruhen, dann ein bißchen überlegen und wieder ein bißchen ruhen.“ Mit steigendem Unbehagen hat Knut diese wenig erfreulichen Aussichten zur Kenntnis genommen. Verwundert erkundigt er sich: „Am hellen Vormittag?“
„Ganz recht, mein Sohn. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, daß diese Tageszeit besonders gut für derlei Dinge geeignet ist.“
„Und ich?“
„Du gehst schön brav nach Hause und tust das, wozu du Lust hast.“
Die Aussicht auf einen geruhsamen Nachmittag erweckt in Knut Larsen alles andere als Frohsinn. Tolle Aussichten sind das. Während sein rechter Zeigefinger mißmutig im rechten Ohr herumstochert und die linke Hand unruhig an der Hosennaht auf- und abfährt, spiegelt sein Gesicht eine ganze Skala von Empfindungen wider.
Patò betrachtet ihn erheitert. Und da geht es wie ein Ruck durch den Jungen. Seine blauen Augen richten sich auf Patò, und in einem Ton, der die ganze Überraschung über eine plötzliche unangenehme Eingebung heraushören läßt, sagt er:
„Ich weiß, warum Sie heute vormittag so viel ruhen wollen... Sie haben heute nacht etwas vor.“
„Vielleicht...“ erwidert Patò vieldeutig. Und Knut: „Sie sollten mich mitnehmen... ich könnte doch aufpassen oder sonstwas machen.“
Unverwandt hängen seine Augen Zustimmung heischend an Patò.
Der Detektiv streicht Knut behutsam über die längst wieder struppig gewordenen Haare.
„Obgleich ich annehme, daß deine Hilfsbereitschaft mehr Abenteuerlust ist, danke ich dir... Aber du bist selbst klug genug, um einsehen zu können, daß deiner mir sehr willkommenen Mitarbeit Grenzen gesetzt sind... Oder bist du anderer Meinung?“
Knut Larsen zuckt mit den Schultern. „Es ist genau wie bei Herrn Trellen. Immer, wenn es spannend wird, muß ich ins Bett.“
Patò lacht. Und sozusagen als Trost erinnert er sich laut: „Es ging mir in deinem Alter ebenso... Mein Vater war Kapitän eines Zollkutters auf der Ostsee. Mitunter nahm er mich auf eine kurze Routinefahrt mit. Geschah es aber, daß Schmuggler gemeldet waren, mußte ich zu Hause bleiben... Du kannst dir vorstellen, wie mich das gewurmt hat.“
Knut hat aufmerksam zugehört, und als Patò geendet hat, streckt er diesem die Hand hin.
„Dann will ich Sie jetzt ruhen lassen.“
Patò schlägt in die dargebotene Hand ein.
„Bist ein Prachtkerl. Ich würde sagen, daß du dich morgen vormittag gegen neun Uhr mal hier sehen läßt. Wollen dann gemeinsam überlegen, ob wir und was wir unternehmen werden.“
„Fein... dann also — bis morgen...“
Bis zum Abend verläßt Patò sei Hotelzimmer nicht ein einziges Mal. Selbst das Mittagessen läßt er sich dort servieren.
Immer wieder geht er die Fakten durch. Wägt ab, klammert sich
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