Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
Vom Netzwerk:
eingestehen und sich bereiterklären, als Ausbilder tätig zu sein oder zu tun, was immer man ihm befahl. Doch ein stärkeres Gefühl setzte sich durch: Ich muß Juana wiedersehen.
    Das hatte er wahrscheinlich laut gedacht, denn plötzlich war Holly am Apparat. »Wie bitte? Ich habe nicht verstanden, was Sie gesagt haben. Mike, sind Sie es?«
    Buchanan richtete sich auf. »Ja, ich bin’s.«
    Bevor er in San Antonio abgeflogen war, hatte er in ihrer Wohnung angerufen, um sich zu vergewissern, daß sie sich in Washington aufhielt und er die Reise nicht umsonst unternahm. Da war sie bereits aufgestanden und wollte gerade zur Arbeit gehen; sie hatte den Hörer abgenommen und sich nicht auf den Anrufbeantworter verlassen. Da ihr Telefon vermutlich abgehört wurde, hatte er sich als Mike Hamilton gemeldet und vage ein Treffen vereinbart. Daran knüpfte er jetzt an.
    »Zurück aus Kalifornien? Bleibt es bei unserem Lunch?« fragte sie.
    »Wenn Ihr Terminkalender es zuläßt.«
    »Na, für Sie immer. Ich warte am McPherson Square auf Sie.«
    »Lassen Sie mir eine Dreiviertelstunde Zeit.«
    »Keine Eile.«
    »Bis bald.« Buchanan hängte den Hörer ein. Das Gespräch war gut gelaufen. Ganz ungezwungen hatte es die Worte Keine Eile enthalten, einen Code, den sie in New Orleans abgesprochen hatten und der soviel bedeutete wie »Keine Gefahr«. Das entsprechende Codewort Buchanans war Bis bald .
    Er nahm seine Reisetasche und schloß sich den zahlreichen Fluggästen an, die gerade mit einer anderen Maschine eingetroffen waren. National Airport und Dulles Airport wurden ständig von verschiedenen Regierungsstellen überwacht, inerster Linie deshalb, weil sich in Washington die Überzeugung durchgesetzt hatte, die Terroristen aus dem Mittleren Osten hockten in den Startlöchern, um den lange verschobenen Angriff auf die innere Sicherheit der Vereinigten Staaten auszuführen. Buchanan hegte nicht den Verdacht, der Colonel könnte den Flughafen seinetwegen beobachten lassen. Schließlich widersprach es jeder Logik, daß Buchanan ausgerechnet nach Washington kam. Außerdem hatten die Spürhunde des Colonels ihn mit Hilfe seiner Kreditkarte ja nur bis nach San Antonio verfolgen können. Vor der Abreise aus Texas hatte Buchanan seinen Wagen bei einer Filiale der Mietwagenfirma abgegeben. Und damit verlief die Spur im Sand. Den Verfolgern dürfte es schwerfallen dahinterzukommen, daß er von da an Charles Duffys Namen und Kreditkarte benutzt hatte.
    Er ging auf dem Terminal in Washington nur das Risiko ein, daß jemand ihn zufällig erkannte. Das würde allerdings nur geschehen, wenn er auffiel – und so unvorsichtig war er nicht.

2
     
    Vor Hollys Rückkehr nach Washington hatte Buchanan vorgeschlagen, sie solle ihm am Telefon einen ganz normalen Ort für ein Treffen in der Innenstadt nennen. Er mußte zu ihren täglichen Gewohnheiten passen und Unauffälligkeit garantieren, er mußte mehrere Zugänge haben und durfte nicht überfüllt und unüberschaubar sein.
    Unter diesen Aspekten war McPherson Square ideal. Er war so zugänglich wie ein Restaurant, aber viel weitläufiger und befand sich nur wenige Blocks von Hollys Büro entfernt, weshalb er sich für ein Rendezvous geradezu anbot.
    Es gelang Buchanan, vor der vereinbarten Zeit zu erscheinen. Er stand an einer belebten Bushaltestelle und beobachtete das Zeitungsgebäude in der L-Street. Holly trat heraus und ging die Fifteenth Street entlang. Im Augenblick war er weniger an ihr als an möglichen Verfolgern interessiert. Erst als er sie aus dem Auge verlor, bummelte er mit anderen Passanten bis zur Ecke. Dort wartete er auf grünes Licht und spähte die Fifteenth Street hinunter, von wo Holly sich ihrem Ziel an der K-Street nähern mußte.
    Sie war in einen Regenmantel in Gelbbraun gekleidet, neutral, unauffällig. Die dazu passende Mütze verbarg ihr Haar, so daß sie sich nur durch die Kameratasche, die sie anstelle einer Handtasche bei sich hatte, von anderen Fußgängern in ähnlichen Mänteln unterschied. Langsam folgte er ihr und beobachtete dabei das Gebiet um den Platz. Auf der anderen Straßenseite fiel ihm ein Mann in brauner Lederjacke auf, der Holly nicht aus den Augen ließ. Alle paar Meter rückte er etwas am rechten Ohr zurecht, neigte den Kopf nach links und bewegte die Lippen.
    Hellwach geworden, bemerkte Buchanan einen zweiten Mann. Er trug einen Straßenanzug, hatte einen Schirm in der Hand und schaute mehrmals auf die Uhr, als sei er verabredet. Auch er

Weitere Kostenlose Bücher