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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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aufgestanden.« Buchanan öffnete die Tür.
    »Essen ist fertig.« Wieder das Lächeln.
    Buchanan fiel auf, daß sie die mehlbestäubte Schürze abgenommen hatte, das Kopftuch aber nicht. Vielleicht muß sie zum Friseur und hatte keine Zeit, dachte er, als er ihr zur Küche folgte.
    »Der Kuchen ist zum Abendbrot. Zu Mittag gibt es bei uns nur was Leichtes«, sagte Cindy. »Jack nimmt es mit dem Cholesterin sehr ernst. Ich hoffe, Sie mögen einfaches Essen.«
    Auf jedem Platz stand ein dampfender Teller Gemüsesuppe, daneben ein Thunfisch-Sandwich und eine Platte mit rohen Gemüsescheibchen: Stangensellerie, Mohren, Blumenkohl und Tomaten.
    Doyle saß bereits am Tisch, scheinbar ganz fasziniert von seiner Gabel.
    »Haben Sie gut geschlafen?« fragte Cindy.
    »Ja, danke.« Buchanan setzte sich erst, als sie schon Platz genommen hatte, und wartete, bis sie den Löffel in die Suppe getaucht hatte. »Das schmeckt.«
    Er wunderte sich, daß Doyle weder sprach noch aß. Es schien ihn etwas zu bedrücken. Buchanan entschloß sich, ihm ein Stichwort zu liefern. »Wette, ich wäre nicht aufgewacht, wenn das Telefon nicht geklingelt hätte.«
    »Ach, das habe ich befürchtet«, sagte Cindy.
    »Ja«, sagte Doyle endlich. »Ich habe das Telefon im Büro so schalten lassen, daß Gespräche, die während unserer Abwesenheit dort ankommen, hierher weitergeleitet werden. Na, und da hat jemand im Büro angerufen und wollte Sie sprechen. Ich habe ihm gesagt, daß Sie eine Zeitlang nicht zu erreichen sind. Er sagte, er ruft noch einmal an.«
    Buchanan war bemüht, sich seine Besorgnis nicht anmerken zu lassen. »Wahrscheinlich jemand, für den ich gearbeitet habe. Vielleicht will er was zu einem Gerät fragen, das ich installiert habe. Hat er seinen Namen genannt?«
    Doyle schüttelte den Kopf.
    »Dann war es wohl nicht so wichtig«, sagte Buchanan. Das sollte ungezwungen klingen.
    »Das habe ich mir auch gedacht. Übrigens muß ich nach dem Essen mal ins Büro. Muß ein paar Dinge kontrollieren. Wenn Sie sich okay fühlen, können Sie mich ja begleiten.«
    »Jack, er soll sich doch ausruhen, nicht arbeiten«, sagte Cindy.
    Buchanan kaute und schluckte. »Kein Problem. Der Schlaf hat mir mächtig gutgetan. Ich fahre mit.«
    »Fein.« Doyle begann endlich zu essen, hielt jedoch wieder inne und wandte sich an Cindy. »Schaffst du es, wenn wir nicht hier sind?«
    »Warum nicht?« Ihr Lächeln wirkte gezwungen.
    »Die Suppe schmeckt wunderbar«, sagte Doyle.
    »Freut mich, daß sie dir schmeckt.« Das Lächeln wirkte noch gezwungener.

5
     
    »Etwas stimmt nicht«, sagte Buchanan.
    Doyle schwieg, er starrte nach vorn und gab vor, sich nur auf den Verkehr zu konzentrieren.
    Buchanan ließ nicht locker. »Ihre Frau ist so betont freundlich, daß ich das Gefühl habe, sie zwingt sich dazu. Sie stellt keine Fragen, aber sie hat eine Antenne für Gefahren. Zum Beispiel der Telefonanruf. Sie glaubt auch nicht einen Moment, daß wir beide alte Freunde sind. O ja, sie tut so, aber die Wahrheit ist, daß ich ihr Angst einjage, und beim Essen ist es ihr nicht mehr gelungen, das zu überspielen. Wenn sie nervös wird, muß ich wohl gehen.«
    Doyle starrte unbeirrt weiter nach vorn. Brücken überspannten Banale, darauf Jachten, die unter Palmen und vor teuren Häusern vertäut lagen. Das Sonnenlicht war unbarmherzig. Doyle schien es weniger zu stören als das Gesprächsthema.
    Buchanan drang nicht weiter in ihn, sondern wartete, bis er von selber zu sprechen anfing.
    »Sie sind nicht das Problem«, sagte Doyle schließlich. »Ich wünschte, das Leben könnte so einfach sein. Cindy freut sich über Ihren Besuch. Wirklich. Sie möchte, daß Sie so lange wie nötig bleiben. Wenn es um meine Arbeit geht, hat sie unglaublich viel Geduld. Ich kann mich noch erinnern … Ich war in Coronado, California, stationiert. Cindy und ich wohnten nicht auf dem Stützpunkt. Eines Morgens verabschiedete ich mich von ihr, fuhr zum Dienst – und plötzlich wurde mein Kommando in Alarmbereitschaft versetzt. Höchste Geheimhaltungsstufe. Keine Mitteilungen an Leute außerhalb des Stützpunkts. Klar, ich konnte ihr nicht sagen, daß ich ausgeflogen wurde. Ich stellte mir vor, wie sie sich sorgte, wenn ich am Abend nicht nach Hause kam.« Doyles Stimme wurde hart. Er sah Buchanan an. »Sechs Monate war ich weg.« Buchanan merkte, daß er nicht erwähnte, wo er hingeschickt worden war, und er hätte ihn nie danach gefragt. Er ließ ihn weiterreden.
    »Wie ich später

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