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Der Mann mit den zwei Gesichtern

Der Mann mit den zwei Gesichtern

Titel: Der Mann mit den zwei Gesichtern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Runa Winacht , Maria G. Noel
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stimmte einfach alles. Body, Hautton, Aussehen. Jede Frau fühlte sich geehrt, wenn er sie begehrte. Und warum sollte er den Frauen das versagen? Sie hatten ihn verdient, so wie er sie verdiente. Genau so und nicht anders.
    Er zog sich den Hosenstoff aus dem Schritt.
    Ich will doch nur spielen. Sein Handy düdelte. Und siehe da: das Goldeselchen in seinem Stall. Er nahm das Gespräch an. „Julia, Liebling. Was gibt's?“  
    „Gero, gut, dass ich dich erwische ...“
    „Was ist mit dir? Weinst du?“
    „Ich hatte Ärger mit Michael.“
    War das ihr Macker? Er erinnerte sich nicht.
    „Er hat den letzten Kontoauszug gefunden und mich gefragt, wo die tausend Euro hin sind, die ich abgehoben habe. Nach den sechshundert letzten Monat. Er ist richtig misstrauisch. Und als ich mich dann herauszureden versucht hab ...“
    Herrgott, bist du die Rechtsverdreherin oder nicht?
    Ihre Stimme erstickt. „Könnten wir uns sehen? Ich brauche dich.“
    Alarmiert zuckte sein Fuß auf dem Gaspedal. „Du, ich arbeite. Beziehungsweise bin auf dem Weg zu einem Klienten.“ Er sah auf die Uhr. „Um zwölf. Das sind noch zehn Minuten, genau.“
    „Mir geht es nur wirklich nicht gut, Gero. Und du sorgst wie kein Anderer dafür, dass ich alles um mich vergesse und ausschließlich ...“
    Das kleine Stöhnen, in das ihre Worte gemündet hatten, erreichte ihn durchaus. Wenn es wirklich nur Sex war, was sie wollte, und sie ihn ansonsten verschonen würde ...
    Sie stieß ein unsicheres Lachen aus, das erneut Phantasien in ihn pflanzte. „Gero, es ist nicht nur das, was ich von dir will.“
    Pffffffft. Seine Ernüchterung entwich zusammen mit dem besonders tiefen Atemzug, mit dem er sich in seine Begierde hatte fallen lassen wollen.
    „Ich spüre, wie ich mich immer mehr von Michael entferne, Gero. Weil ich mich immer mehr ...“
    Oh nein, bitte sag es nicht!
    „Ich liebe dich.“
    Verdammte Scheiße, was ist das für ein Fluch, der die Frauen auf dieser Welt zu solchen Horrorgestalten macht? Unfähig zu nehmen, was ihr kriegt, ohne auf der Stelle mit Forderungen zu kommen? Gerade bei Julia war er so zuversichtlich gewesen, dass sie anders wäre! Hatte ihr Alter ertragen, die Reiterschenkel, die Zellulitis. Und wofür? Gerade mal bummelige zweitausend Euro in vier langen Monaten! Es war ein Trauerspiel!  
    „Du musst nichts sagen, ich weiß, das war nicht in unseren Plänen inbegriffen. Und ich bin ja eigentlich auch viel zu alt für dich ...“ Ihre Stimme wie ein klammer Waschlappen im Nacken. Absolut erbärmlich, wie sie ihn nun ungesagt dorthin treiben wollte zu antworten: Aber wie kommst du denn darauf, mein Engel, du bist noch immer die schönste Frau unter der Sonne und die meines Lebens sowieso! Es würgte ihn.  
    „Julia, ich habe dir doch erklärt, dass ich ...“, kleine Kunstpause, Stimme tiefer machen, „ein gebranntes Kind bin. Ich kann zu viel Nähe einfach nicht ...“ Wenn sie das 'ertragen' selber dazu dachten, war es wirkungsvoller.
    „Das weiß ich doch. Verzeih mir, ich ...“ Oh, nein, nun brach sie doch tatsächlich noch ungeniert in Tränen aus!
    Seine Zähne mahlten. Er würde wieder Kieferschmerzen bekommen. Hastig lockerte er sein Kinn.
    „Es war einfach zu viel für mich heute ...“
    „Das tut mir“, er musste sich räuspern, weil er einfach nur genervt klang, „wirklich leid, mein Engel. Natürlich liebe ich dich.“
    Sie heulte auf. „Wirklich?“
    Zum Kotzen! „Aber natürlich, das weißt du doch, Liebes.“
    „Ja.“
    Blöde Kuh. „Es ist nur wirklich so, dass ich heute absolut ausgebucht bin. Und morgen früh habe ich doch den Termin in Tirol, habe ich dir doch erzählt. Da kann ich einfach nicht in München übernachten. Verstehst du das?“
    „Ich könnte doch vielleicht zu dir ins Hotel ...“
    „Aber Julia, was ist denn mit deinem Gerichtstermin morgen früh?“ Nur auf gut Glück abgeschossen – er hielt gespannt den Atem an.
    „Ja, das ist doof, du hast recht, da müsste ich total früh los fahren.“
    Wunderbar, dann brauchte er für den Augenblick nicht deutlicher zu werden. Er drehte das Radio wieder leiser, damit er leiser sprechen konnte. „Weißt du was, Schätzchen? Wir sind heute einfach ganz tapfer – und morgen sehen wir uns. Was sagst du?“ Das Erfolgserlebnis hatte es ihm leichter gemacht, den zärtlichen Tonfall zu finden.
    Julia schluchzte noch einmal trocken. „Versprochen?“ Hörte sich aber schon nicht mehr ganz so weinerlich an.
    „Aber ja.“

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