Der Mann mit den zwei Gesichtern
zu übergeben.
Wenn es euch nur den Appetit verdirbt , dachte sie, während sie schluckte, um gegen den Würgereiz ankämpfte. Einmal, zweimal, so jetzt ging es wieder.
Sich über den Mund wischend, lief sie ein paar Schritte zur Seite, versuchte ihren aufgeregten Atemrhythmus in den Griff zu bekommen. Doch der Albtraum war noch immer nicht zu Ende.
Gerade als sie so weit war, dass sie weitergehen konnte, kamen die Kriminalpolizisten um die Ecke, direkt auf sie zu. Und zwischen ihnen – ein ziemlich zerrupfter Gerd, tatsächlich in Handschellen.
„Da ist sie, meine Verlobte“, rief der auch sofort und deutete mit beiden Händen auf Franziska. „Sie wird bestätigen, dass ich unschuldig bin.“
„Nein“, sagte Franziska, der schon wieder schwindelig wurde. „Gar nichts kann ich bestätigen.“ Dies war schlimmer als schlimm. Dies war – der Supergau. „Mir geht’s nicht gut, ich muss nach Hause, mich hinlegen.“
„Sie ist schwanger“, verkündete Gerd mit Triumph in der Stimme. „Von mir! Wir werden heiraten, so schnell es geht.“
„Was?“ Franziska röchelte nur noch.
„Sie kennen den Mann?“ Der Polizist, der im Lokal die Handschellen gezückt hatte, stand inzwischen vor ihr, während der andere den sich sträubenden Gerd in den Fond eines quer auf dem Gehweg parkenden Streifenwagens verfrachtete.
„Ja ... äh, nein. Ich weiß nicht.“
„Es wird wohl am besten sein, Sie kommen ebenfalls mit.“
Und schon fühlte Franziska sich am Arm gepackt und wenig sanft gen Wagen gezogen. Der direkt neben dem Lokal stand.
Wie betäubt ließ sie sich auf den Beifahrersitz dirigieren. Sie schloss die Augen, um die vielen Gesichter an den Fenstern des Lokals nicht sehen zu müssen. Und kämpfte schon wieder mit der sich zurückmeldenden Übelkeit.
Tief durchatmen , sagte sie sich, tief durchatmen . Sie schnaufte.
„Na, na, Sie werden hier doch nicht schlappmachen“, kam die Stimme des Polizisten, der inzwischen auf der Fahrerseite eingestiegen war.
Wenn er nur endlich losfahren würde! Franziska atmete tief ein. „Es geht schon wieder.“
„Na denn.“ Der Polizist drehte den Zündschlüssel. „Nächster Halt – Polzeirevierrrr.“
Gequält verzog Franziska das Gesicht. Auch wenn der Mann es so zu empfinden schien, dies hier war kein bisschen witzig.
Flittchen-Sorgen
Während der Fahrt hatte Gerd kein Wort gesprochen. Franziska war es nur recht gewesen. Sie hatte ohnedies nicht mehr gewusst, was sie denken oder empfinden sollte.
Im Polizeirevier, zu dem die beiden Polizisten gefahren waren, war Gerd sofort in einen anderen Raum gebracht worden. Auch das war Franziska recht gewesen. Vollauf damit beschäftigt, ihre heillos durcheinandergebrachten Magennerven zu beruhigen, war sie von den Männern zu einer Kollegin gebracht worden, die ihr zwischen ihren Brechattacken immer wieder Fragen gestellt hatte.
„Hier.“ Die Beamtin reichte Franziska eine Rolle Papiertücher.
Dankbar wischte die sich den Mund ab. Das nächste Tuch brauchte sie für ihre Augen und das übernächste für die Nase.
„Geht's jetzt wieder?“ Nachdem die Polizistin den Eimer, in den Franziska bis vor wenigen Minuten gespuckt und gewürgt hatte, vor die Tür gestellt hatte, setzte sie sich hinter ihren Schreibtisch. „Können wir dann mit der Befragung weitermachen?“
Franziska ließ sich auf dem Stuhl zurücksinken. Sie war so erschöpft, so grenzenlos erledigt. Alles in ihr schrie nach Ruhe. Aber das hier musste noch durchgestanden werden. Danach würde sie nach Hause gehen, sich ins Bett verkriechen und niemals mehr wieder daraus hervorkommen.
„Sie sind tatsächlich schwanger?“
Franziska nickte.
„Von Herrn Buxeder?“
Wieder nickte Franziska nur.
„Aber gleichzeitig behaupten Sie, dass Sie den Herrn nicht kennen?“
„Ich kenne keinen Gilbert Buxeder, nur einen Gerd Bauer oder so.“
„Oder so?“, wiederholte die Polizistin. Und in diesen beiden Worten lagen alle Zweifel der Welt. „Wie kennen Sie Herrn ...“, sie räusperte sich „Herrn Bauer?“
Verzweifelt hob Franziska ihre Hände, bedeckte ihr Gesicht damit, schluchzte. „Kaum.“
„Wie bitte?“
„Er hat mir geholfen, als ich eine Autopanne hatte. Und dann ...“
Erst nach einem langen und bedeutungsschwangeren Blick senkte die Polizistin die Augen auf die Tastatur ihres Computers, um die inhaltsvolle Unterhaltung so exakt wie möglich zu protokollieren. „Hat Herr Buxeder Ihnen die Ehe versprochen? Haben
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