Der Mann mit den zwei Gesichtern
ohne die üblichen Anfangsplänkeleien direkt in sein Bett zu bekommen – brachte sein Blut mächtig in Wallung.
Noch war trotzdem einiges zu erledigen. Allem voran, diesen nervigen anderen Typen loszuwerden, der sie beide die ganze Zeit unverwandt anstarrte.
Während diese Frau nur noch Augen für ihn, Gee-Bee, hatte.
Seine Fingerspitzen prickelten. Es hatte durchaus seinen Reiz, von einem unterlegenen Rivalen dabei beobachtet zu werden, die Frau des Begehrens in Besitz zu nehmen.
Versuchsweise beugte er sich zu ihr hinunter, langsam, um zu prüfen, wie weit sie seine direktere Nähe tolerieren würde.
Sie tat es – mehr noch, sie verlagerte ihr Gewicht, um ihm unauffällig noch ein wenig näher zu kommen.
Er sog Luft ein und brachte seine Lippen so nah an ihr Ohr, dass sie seinen Atem spüren musste. „Ich habe dich so sehr vermisst“, raunte er dunkel. „Ich dachte schon, ich würde dich nie mehr in meinen Armen halten.“
Sie schwanken zu fühlen, war das Köstlichste, was er seit Langem erlebt hatte. Er öffnete den Mund, ihren Namen auf der Zunge, welcher ihm den ersten Kuss bescheren würde ...
Wie hieß sie? Er hatte keine Ahnung, wie sie hieß.
„Geliebte!“ Das war sogar noch besser. Schön dick aufgetragen, aber sie gehörte zu der Sorte Frau, die das zu schätzen wusste. „Wie ist es?“, intonierte er verführerisch. „Wäre es dir möglich, ihn dort ...“, er schwenkte mit seinem Blick zu ihrem Begleiter, „anderweitig zu beschäftigen, damit du und ich ...“ Er musste das nicht aussprechen. Sie hing an seinen Lippen. Und nickte. Und näherte sich ihm willig.
Oh, die ging ran! Herrlich war sie, eine ganz und gar herrliche Frau. Sanft berührten sich ihre Lippen und ihr Kuss fühlte sich großartig an. Weich und eindringlich und sehnsüchtig. Verheißungsvoll. Er wollte sofort mehr. Seine Hände strichen bisher relativ züchtig über ihren Rücken, ließen sich jedoch immer schwerer davon abhalten, die Linie ihrer Taille zu überschreiten ...
Widerstrebend riss er sich ein Stück von ihr los und richtete sich auf, bemüht, seinen schwer gehenden Atem so leise wie möglich zu machen. „Liebling, ich ...“
Auch sie war wieder zu sich gekommen, blickte sich jetzt hektisch nach ihrem Begleiter um – der jedoch verschwunden war.
Er hatte es begriffen.
Erleichtert war sie, als sie sich wieder zu ihm umdrehte. Sie verhinderte allerdings, dass Gee-Bee sie wieder in seine Arme schloss. „Ger...abriel, ich muss dir zuerst etwas sagen. Zwei Dinge, genaugenommen.“
Oh, Vorsicht, das klang anstrengend, wenn nicht sogar gefährlich. Er stellte sich gerade hin und sah sie aufmerksam an. Diese Frau war wirklich ernsthaft verliebt, und das war unter Umständen Grund genug, sie doch auf der Stelle wieder fortzuschicken. Gerade nach der noch recht frischen Sache mit Julia. Er musste auf der Hut sein.
Andererseits fiel es ihm sehr schwer, ihre offensichtliche Gier an sich abprallen zu lassen, schließlich war er nicht aus Stein. Und bis zu einem gewissen Grade waren solche Emotionen ja auch hilfreich. Sie würde ihm alles geben, was sein Herz und sein Geldbeutel begehrten. Diesmal musste er einfach rechtzeitig den Absprung schaffen. Ehe sie ihm zuerst mit Selbstmord, dann mit ihrem Anwalt drohte.
„Ja, Liebling?“ erkundigte er sich freundlich.
„Ich heiße nicht Franziska Graf. Das sage ich nur immer, wenn ich keine Zeit habe, meinen eigentlichen, schrecklichen Namen zu erklären. In Wahrheit heiße ich Hildegard Sieglinde Franziska, Gräfin von Schwan-Neuenfels.“ Sie machte eine Pause, wohl um ihm Gelegenheit zu geben, diesen schrecklichen Namen, wie sie sagte, zu verdauen.
Gee-Bee brauchte in der Tat einen Moment. Damit er seine Konzentration darauf richten konnte, sein jauchzendes Frohlocken zu verbergen. Frau Gräfin von Schwan-Neuenfels. Das war - ein Volltreffer. Ein Hoch auf seinen untrüglichen Instinkt! Er hatte die Adelige unter den heutigen Theaterbesucherinnen herausgefunden. Na, wenn er sich darauf nichts einbilden durfte! Dafür sorgend, dass sein Triumph sich nicht in seine Züge schlich, legte er alle Überzeugungskraft, die er aufzubringen imstande war, in seine Stimme: „Es ist mir völlig egal, wie du heißt.“ Nur still für sich erneut genüsslich hinzufügend: Verehrte Gräfin von Schwan-Neuenfels. Hach, ihr Name war einfach großartig!
Er beugte sich vor, sie endlich wieder zu sich heranziehend. Küsste ihr Ohr, lautlos, aber gefühlig. Raunte dunkel:
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