Der Mann mit der dunklen Maske
wären.“ Er zögerte. „Mein Mädchen, meine Camille … sie war hier.“ Er setzte sich auf. Jeder Gedanke daran, unerträgliche Schmerzen vorzugaukeln, war plötzlich wie weggewischt, denn er machte sich große Sorgen. „Sie war hier. Camille war hier. Also, wenn ihr das Monster auch nur das Geringste angetan hat, werde ich … werde ich ihn in Stücke reißen“, verkündete er tapfer.
Die Frau senkte schnell den Kopf. Er wurde zornig. Sicher lachte sie über ihn.
„Wenn der Mann meinem Mädchen irgendetwas getan hat … wenn ihr auch nur ein Haar gekrümmt wurde …“
„Beruhigen Sie sich, Mr. Montgomery. Der Earl of Carlyle ist kein Untier, was immer auch die Gerüchte sagen.“
„Ach was? Das hat er aber gut verstecken können“, murmelte Tristan. „Wo ist sie?“
„Noch bei der Arbeit, vermute ich.“
Tristan runzelte die Stirn. „Aber sie war hier?“
„Das war sie in der Tat. Und sie wird zurückkehren.“
„Hierher?“ Wieder runzelte er die Stirn.
„Aber natürlich. Sie wird so lange in das Schloss zurückkehren, wie auch Sie noch hier sind, Mr. Montgomery. Sie haben großes Glück. Dieses Mädchen würde alles für Sie tun.“ Die Frau ging zum Fenster und zog die schweren Vorhänge zurück. Tageslicht durchflutete den elegant ausgestatteten Raum. Tristan verkroch sich noch weiter unter die Decke. Unrasiert wie er war, musste er wie ein alter Säufer aussehen. Was er gelegentlich auch durchaus war, aber …
„Nur der Himmel weiß, warum sie so viel von Ihnen hält“, erklärte die Frau, als sie ihn nun bei Tageslicht sah.
Tristan hob eine Braue. „Hat der Earl of Carlyle Sie für eine sanftere Form der Folter hergeschickt, solange er anderes zu tun hat?“
Sie lachte leise. Es war ein seltsam angenehmer Laut. „Sir, Sie sind über diese Mauern des Schlosses geklettert wie ein gewöhnlicher Dieb.“
„Ich schwöre, ich bin nur irgendwie drübergefallen. Sonst nichts.“
„Wirklich verblüffend. Wie geschickt Sie sind.“
Er lächelte. „Flink wie eine Katze, Ma’am. Wahrhaftig. In vielerlei Hinsicht.“
„Aber immer noch von Schmerzen geplagt.“
„Und ziemlich verwirrt.“ Er seufzte plötzlich. „Wenn der Earl wünscht, die Polizei zu rufen, soll er es nur tun. Ich ziehe eine Nacht im Kittchen einem weiteren Verhör durch einen Mann wie ihn vor. Lieber Gott. Er tat ja gerade so, als hätte ich es auf die Kronjuwelen abgesehen.“
„In diesem Fall wäre er nicht halb so wütend gewesen“, sagte Mrs. Prior nachdenklich.
„Du meine Güte. Dank meines Mündels kann ich nun mal das eine oder andere wertvolle ägyptische Stück erkennen. Das Mädchen weiß alles über die Dynastien, obwohl mir diese Pharaonen ja eher wie ein paar ziemlich armselige Leichen erscheinen, die sinnlos mit Gold behängt sind, da die Zeit, in der sie es nutzen konnten, für sie längst vorbei ist. Um die Wahrheit zu sagen, ich weiß natürlich, dass man mit dem richtigen Stück eine hübsche Summe erzielen kann. Aber man hätte ja meinen können, ich wäre an einer Verschwörung beteiligt, um einen Mord zu verüben.“
„So etwas Ähnliches“, murmelte Mrs. Prior. „Also, ich glaube nicht, dass der Earl die Absicht hat, Sie anzuzeigen. Besonders, da Sie immer noch solche Schmerzen haben. Sie haben doch Schmerzen!“
Er runzelte die Stirn. Es war keine Frage, es war eine Feststellung. Und er fand es sehr angenehm hier. Er hatte noch nie in seinem Leben in einem so bequemen Bett geschlafen, selbst nicht in jüngeren Jahren. Noch nicht einmal, als er für seine Tapferkeit im Dienst Ihrer Majestät in Indien zum Ritter geschlagen worden war. Und das Essen hier …
Er betrachtete Mrs. Prior. Sie war eine intelligente Frau, das war ihm klar. Und weit mehr als eine Haushälterin. Solange er verletzt war oder krank, würde er bleiben. Und sie wollte, dass er blieb.
Sein Herz schlug schneller. Vor langer Zeit vielleicht hätte er solch eine Frau für sich gewinnen können. Vor sehr langer Zeit. Heute allerdings hatte sie sicher nicht mehr Respekt vor ihm als vor einer Kanalratte. Obwohl …
Er setzte sich auf, gerade und stolz. „Ich würde für dieses Mädchen sterben. Ich werde es nicht zulassen, dass sie diesem Monster an meiner Stelle gegenübertritt“, schwor er.
Zu seiner Verblüffung setzte sich die Frau ans Fußende seines Bettes. Dann sagte sie ernst: „Lord Stirling ist sehr aufbrausend. Aber ich schwöre bei meinem Leben, dass er Ihrem Mündel nichts tun würde. Er ist
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