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Der Mann mit der Ledertasche.

Der Mann mit der Ledertasche.

Titel: Der Mann mit der Ledertasche. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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dann bleiben nachher keine Wunden zu- rück. Verstehst du, was ich sagen will?«
»Ich glaube, Mr. Partisian ist ein aufrechter Mensch.«
»Du wirst an dieser Krawattennadel noch hängenbleiben, Kleines, denk an mich. Nimm dich in acht vor diesen aal- glatten Typen. Die sind so falsch wie Falschgeld.«
»Er ist nicht falsch. Er ist ein Gentleman. Ein richtiger Gentleman. Ich wollte, du wärst ein Gentleman.«
Ich gab es auf. Ich setzte mich auf die Couch und nahm meine Tabelle zur Hand und versuchte, Babcock Boulevard auswendig zu lernen. Babcock gliederte sich so: 14, 39, 51, 62. Wär doch gelacht, wenn ich das nicht schaffte.
    23
    Endlich bekam ich einen Tag frei, und wissen Sie, was ich tat? Ich stand früh auf, noch bevor Joyce zurückkam, und ging hinunter zum Lebensmittelgeschäft, um ein wenig ein- zukaufen, und vielleicht war ich verrückt. Ich ging durch den Laden, und anstatt ein schönes rotes Steak oder gar ein Brathähnchen zu kaufen, hatte ich plötzlich eine Idee. Ich ging hinüber in die orientalische Abteilung und fing an, meinen Korb mit Kraken, Seeschlangen, Schnecken, Seetang und so fort zu füllen. Der Mann an der Kasse schaute mich komisch an und begann zu addieren.
    Als Joyce an dem Abend nach Hause kam, hatte ich alles auf dem Tisch, säuberlich zubereitet. Gekochter Seetaug mit Spinnenkrabbe gemischt, und ganze Haufen goldener, in Butter gebratener Schnecken.
    Ich ging mit ihr in die Küche und zeigte ihr das Zeug auf dem Tisch.
»Ich habe das dir zu Ehren gekocht«, sagte ich, »als Zei- chen für unsere Liebe.«
»Himmel Arsch, was ist das für ein Scheißdreck?« fragte sie.
»Schnecken.«
»Schnecken?«
»Ja, wußtest du denn nicht, daß die Leute im Orient seit vielen Jahrhunderten von diesem und ähnlichem Getier gedeihen? Laßt uns sie ehren, und mit ihnen uns. Es ist alles in Butter gebraten.«
Joyce kam an den Tisch und setzte sich.
Ich fing an, Schnecken in den Mund zu stopfen.
»Herr Gott, die sind gut, Baby! PROBIER MAL EINE!«
Joyce holte sich eine mit der Gabel und schob sie in den Mund, wobei sie die anderen auf ihrem Teller im Auge behielt.
Ich stopfte mir den Mund mit einer großen Portion köstlichen Seetangs.
»Gut, was, Baby?«
Sie kaute die Schnecke in ihrem Mund.
»In goldener Butter gebraten!«
Ich griff mir ein paar mit den Fingern und warf sie in meinen Mund.
»Die Jahrhunderte sind auf unserer Seite, Kleines. Wir können gar nicht fehlgehen.«
Schließlich schluckte sie's runter. Und untersuchte dann die anderen auf ihrem Teller.
»Sie haben alle winzige kleine Arschlöcher ! Es ist furcht- bar! Furchtbar!«
»Was ist denn an Arschlöchern so furchtbar, Baby?«
Sie hielt sich eine Serviette über den Mund. Stand auf und rannte ins Bad. Sie fing an, sich zu übergeben. Ich schrie ihr von der Küche aus zu:
    »WAS HAST DU DENN GEGEN ARSCHLÖCHER, BABY? DU HAST EIN ARSCHLOCH, ICH HAB EIN ARSCHLOCH! DU GEHST IN DEN LADEN UND KAUFST EIN ZARTES STEAK, DAS AUCH MAL EIN ARSCHLOCH HATTE! ARSCHLÖCHER BEDECKEN DIE GANZE ERDE! IN GEWISSEM SINN HABEN AUCH BÄUME ARSCHLÖCHER, MAN KANN SIE NUR NICHT FINDEN: SIE LASSEN NUR IHRE BLÄTTER FALLEN. DEIN ARSCHLOCH, MEIN ARSCHLOCH, DIE WELT IST VOLL VON MILLIONEN UND ABERMILLIONEN VON ARSCH- LÖCHERN. DER PRÄSIDENT HAT EIN ARSCHLOCH, DER SCHUHPUTZJUNGE HAT EIN ARSCHLOCH, DER RICHTER UND DER MÖRDER HABEN ARSCHLÖCHER ...SELBST DIE ROTE KRAWATTENNADEL HAT EIN ARSCHLOCH!«
»Oh, hör auf damit! HÖR ENDLICH AUF!«
Sie würgte wieder. Kleinstadt. Ich machte die Flasche Saki auf und nahm einen Schluck.
    24
    Es war etwa eine Woche danach, gegen sieben Uhr mor- gens. Ich hatte einen weiteren freien Tag erwischt, und nach einer Doppelnummer lag ich jetzt an Joyces Arsch, an ihrem Arschloch, und schlief, schlief fest. Und dann klingelte es, und ich stand auf und ging zur Tür.
    Da stand ein kleiner Mann mit Krawatte. Er drückte mir Papiere in die Hand und lief davon.
Es war eine gerichtliche Vorladung, in Sachen Scheidung. Und ich sah meine Millionen entschwinden. Aber ich war nicht böse, denn ich hatte ihre Millionen ohnehin nie ein- geplant.
Ich weckte Joyce.
»Was ist denn?«
»Hättest du mich nicht zu einer anständigeren Tageszeit wecken lassen können?«
Ich zeigte ihr die Papiere.
»Es tut mir leid, Hank.«
»Ist schon gut. Du hättest mir's wirklich nur zu sagen brauchen. Ich hätte zugestimmt. Wir haben nur eben noch zweimal gebumst und gelacht und unseren Spaß gehabt. Ich versteh das nicht. Und du hast die ganze Zeit davon

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