Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann von Anti

Der Mann von Anti

Titel: Der Mann von Anti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ekkehard Redlin (Hrsg)
Vom Netzwerk:
aufzuklären. Warum die Ablenkungsmanöver? Was hatten sie zu verbergen?
Schärfer als sonst fuhr der Klärer sie an: »Was soll euer geschmackloser Unsinn? Wir sind zusammengekommen, um die Ursachen eures gestrigen Spannkraftverlustes zu klären. Was ihr uns da anbietet, davon kann sich zwar der Magen umdrehen, aber davon wird man nicht ohnmächtig. Ausgenommen vielleicht die sensiblen Menschenkundler.«
Von den vier kam nur Schweigen.
Halt dich fest, sagte sich der Klärer, die wollen nicht. Ich muß ruhig bleiben. Ruhig. Ruhig. Ruhig. Es wurde ihm sogar möglich zu lächeln. »Was zum Teufel hat euch bewogen, dieses merkwürdige Zeug herzustellen?«
Der Schwartenrhapsode lächelte zurück. »Danach zu fragen ist keinem gestattet.«
»Ich bin mit der Klärung dieses Falles betraut und befugt, mich aller Möglichkeiten zu bedienen, die ich für nötig erachte.«
Die Verkosterin wollte einlenken. »Antworten wir ihm. Wir haben nichts zu verheimlichen.«
»Nein!« rief der andere Rhapsode. »Nimmer werde Antwort seiner Frage. Niemandem sind wir rechenschaftspflichtig.«
»Schlappschwänze!« rief sie. »Die Gesellschaft hat ein Recht auf Auskunft, wenn einer Schaden mit seinem Tun und Lassen verursacht hat.«
»Ich höre: Schaden entstanden. Doch wem? Wir mußten Federn lassen, wir vier, das war alles.«
»Moment mal«, griff der Klärer ein. »Ihr habt das Regenerationshaus in Anspruch genommen. Jeder Mensch, der sich um euch kümmern mußte, hatte etwas vor. Dringliches vielleicht, aber um euretwillen mußte es zurückstehen. Das ist doch wohl Schaden? Die Allgemeinheit ist kein Abstraktum, sondern besteht aus den einzelnen. Also bitte, redet.«
»Hoho!« rief der eine Rhapsode. »Wer zur Verrichtung des Dienstes gerufen, der wäre geschädigt? Wohl kaum!«
»Sollte lieber froh sein, daß er was zu tun bekommt«, sagte der andere Rhapsode ganz unrhapsodisch.
»Feiglinge!« zischte die Archibildnerin. »Erst stiftet ihr uns an, dann kneift ihr. Wenn ihr nicht wollt – wir wollen.« Sie warf der Verkosterin einen fragenden Blick hinüber und bekam ein Kopfnicken zurück. »Die Sache ist so«, begann sie sachlich. »Unsere Gefährten wollten über das Früher rhapsodieren, und es verlangte sie nach einem Phantasiestimulus. Stimmungen, Gefühle und Empfindungen des Früher sind uns Heutigen fremd geworden. Es ging ihnen um die Art und Weise, in der unsere Altvordern zu feiern gewohnt waren.«
»Nicht weiter…«, unterbrach ihr Gefährte und wurde seinerseits sofort vom Klärer unterbrochen.
»Du sei ganz ruhig. Der Mensch hat das Recht auszureden. Wer dazwischenredet, mißachtet den anderen und stellt sich außerhalb der Gesellschaft.«
»Unsere lukullische Reise in die ferne Vergangenheit ist unser Schaffensgeheimnis! Bekäme Wind davon ein anderer Rhapsode, wir wären Gesprächsstoff für einen Monat und mehr.«
»Stimmt!« ließ sich der Menschenkundler vernehmen. »Mitteilungsbedürfnis und gegenseitiges Voneinanderlernen ist ein Kennzeichen rhapsodischen Lebensstils, ebenso nützlich wie gefährlich.«
»Wir sind vom Thema abgekommen«, meldete sich der Klärer. »Ich weiß beim besten Willen nicht, wie wir klären sollen, wenn uns die Beteiligten nicht helfen.«
Der Menschenkundler kehrte zur Kernfrage zurück. »Hat der Verzehr der seltsamen Eßware euch denn genutzt? Würde eure Phantasie beflügelt? Lohnt es, den Versuch zu wiederholen?«
Schweigen. Achselzucken. Dem Menschenkundler schien es ein betretenes Schweigen, aber er sprach es nicht aus.
»Na schön«, sagte der Klärer resigniert. »Können wir den Fall nicht klären, wollen wir wenigstens einen kleinen Nutzen daraus ziehen. Kosten wir ein wenig von dieser Eßware. Wo habt ihr den Rest versteckt?«
»Was für einen Rest?« fragten die beiden Rhapsoden wie aus einem Mund.
»Den Rest von dieser – äh – Sachertorte! Den Mengen nach war sie für mindestens ein Dutzend Teilnehmer bestimmt, und ihr seid nur vier.«
»Es gibt keinen Rest!«
Zum ersten Mal konnte der Klärer beim turnushabenden Äskulap statt anmaßender Unsicherheit überraschtes Begreifen beobachten. »Ihr habt alles aufge… Ihr vier? Das geht doch…«
»Selbstmordversuch zieht gesellschaftliche Erziehungsmaßnahmen nach sich«, kommentierte einer seiner Kollegen ungerührt.
»Aber es war kein Selbstmordversuch!«
»Was war es dann?« Der Klärer katapultierte die Frage heraus. Er spürte körperlich, daß in der Antwort die Lösung steckte.
Endlich sagte die Verkosterin stockend:

Weitere Kostenlose Bücher