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Der Mann von Nebenan

Der Mann von Nebenan

Titel: Der Mann von Nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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aufgeräumt. Sogar die Fernbedienungen für Fernseher und Videorecorder lagen ordentlich aufgereiht nebeneinander.
    Gudrun gehörte garantiert zu den Frauen, die Geschenkpapier zusammenfalten und wiederverwenden; die ein Stück Würfelzucker zum Käse legen, um ihn frisch zu halten; die ihr Silberbesteck mit Zahnpasta polieren und wissen, daß matt gewordene Lederschuhe nach dem Einreiben mit einer Zwiebel wieder glänzen.
    Sie kam aus der Küche, pummelig, blond und unterwürfig. Insgeheim suchte Kate nach Spuren von Mißhandlungen, aber sie konnte nichts entdecken. Auffällig war höchstens, daß Gudrun trotz des heißen Wetters eine langärmelige Bluse trug.
    »Wie schön, daß Sie gekommen sind«, sagte sie herzlich, »und der nette Bub ist auch dabei! Was darf ich Ihnen zu trinken bringen?«
    Kate bat um Limonade.
    »Und du kommst jetzt mit mir!« befahl Mattuschek und zog Samuel zur Tür hinaus.
    Gudrun stellte Glä ser und eine Flasche »Frizzi« -Limonade auf den Tisch. Kate schauderte. Für das Zeug hatte sie mal Werbung gemacht, schmeckte wie aufgelöste Gummibärchen.
    Gudrun lächelte. »Ich hoffe, Sie mögen diese Sorte.«
    »Ja, natürlich, sehr gerne«, sagte Kate mit künstlichem Lächeln und nahm einen Schluck. Brrr.
    Samuel tauchte strahlend auf, einen gebogenen Gegenstand aus Metall in der Hand.
    »Schau mal, Mam, Willi hat mir einen Rennlenker geschenkt! Und im Keller ist eine richtige Fahrradwerkstatt.«
    »Aber das geht doch nicht«, wehrte Kate ab, »so ein teures Geschenk können wir nicht annehmen, Herr Mattuschek.«
    »Bitte, Mam!« Samuels Blick wurde flehend.
    »So schrecklich teuer war es nicht«, sagte Gudrun.
    Kate glaubte, eine winzige Spur von Sarkasmus herauszuhören, als sei die Annahme, ihr Mann würde teure Geschenke machen, völlig absurd.
    Kate nestelte ihre Geldbörse heraus. »Dann will ich Ihnen jetzt aber das Geld für die Stauden geben.«
    »Aber, nicht doch!« Mattuschek hob abwehrend beide Hände.
    Gudrun bekam den Mund nicht mehr zu. Großzügigkeit dieser Art schien sie von ihrem Gatten nicht gewöhnt zu sein.
    »Nein, Herr Mattuschek«, sagte Kate mit fester Stimme, »das geht entschieden zu weit. Diese Stauden werde ich bezahlen, darauf bestehe ich!«
    »Na, gut«, lenkte Mattuschek schnell ein, verließ das Zimmer und kehrte mit einem Umschlag zurück, in dem er fein säuberlich die Kassenzettel seiner Einkäufe im Gartencenter gesammelt hatte.
    »Ach, übrigens, hier sind die Bilder von Ihnen und Ihrer Freundin!« Er reichte Kate ein paar Abzüge.
    Sie war überrascht, wie groß Olga und sie darauf zu sehen waren; er mußte ein Teleobjektiv mit extrem langer Brennweite besitzen. Eines der Bilder machte sie stutzig. Sie war alleine darauf, ohne Olga. Es konnte nicht am gleichen Tag aufgenommen worden sein; sie trug ein anderes Kleid.
    Argwöhnisch sah sie ihn an, aber seine Miene verriet keinerlei Schuldbewußtsein. Sie schaffte es nicht, ihn darauf anzusprechen. Sicher hätte er eine harmlose Erklärung für das Bild, und sie wäre in Verlegenheit.
    Das Essen war denkbar unpassend für einen schwülheißen Sommertag. Kalbsrahmbraten mit Spätzle und Apfelstrudel mit Vanillesahne war so ungefähr das letzte, worauf Kate Lust hatte. Samuel war begeistert.
    »Ich finde, Gudrun kocht viel besser als du«, teilte er seiner Mutter mit. Kate lächelte gezwungen.
    Mattuschek schenkte sich ständig Wein nach und bot auch Kate immer wieder welchen an. Sie lehnte dankend ab.
    Je frivoler seine Anekdoten wurden, desto mehr verspannte sie sich. Gudrun saß, unaufhörlich lächelnd, dabei; Kate wunderte sich, daß sie die Anzüglichkeiten ihres Mannes widerspruchslos hinnahm.
    »Wie kommt es bloß, daß so eine attraktive Frau wie Sie alleine lebt?« fragte er irgendwann und bohrte seine hellen Augen in sie. »Haben Sie denn keine Angst, so ohne Mann im Haus?«
    »Ich bin doch da«, mischte sich Samuel ein, »ich beschütze meine Mam!«
    Gudrun strich ihm mit der Hand übers Haar und lächelte.
    »Sicher haben Sie jede Menge Verehrer«, fuhr Mattuschek fort, »erst neulich habe ich gesehen, daß Sie Männerbesuch hatten!« Er drohte ihr scherzhaft mit dem Finger.
    »Das war ein Kunde«, sagte Kate und merkte im gleichen Moment, wie zweideutig das klang. »Ich meine, jemand, der eine Flöte gekauft hat«, fügte sie schnell hinzu.
    »Für uns ist das ja sehr angenehm, eine hübsche, junge Frau im Nachbargarten zu sehen, nicht wahr, Gudrun?« Er tätschelte seiner Frau die Wange.

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