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Der Mann,der durch das Jahrhundert fiel

Der Mann,der durch das Jahrhundert fiel

Titel: Der Mann,der durch das Jahrhundert fiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Rinke
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verräterisch)
    Greta Kück (Butterkuchentante) und Nullkück (Geisteskranker Spanner)
    WORPSWEDE! (Schuld in folgender Reihenfolge: Der Pastor / Gottfried-Benn-Geliebte mit ihrem verdammten Brustschmuck! / Die Worpsweder Reinigung / Getränkehandel Stelljes / Landschaftsgärtnerei Uphoff / Bäckerei Barnstorf / Familie Stolte, die diese Scheißkünstlerkolonie entdeckte / Usw.
    DER ALTE WELLBROCK (Gülle-Nazi) und das korrupte Landwirtschaftsamt OHZ (Ohne Hirn Zugelassen! Ochsen Hinterm Zaun!)
    Die hässlichen Hobbymalerinnen in der Malschule Paula (Verhinderer meiner Kunst)
    10. Der Worpswede-Tourismusbeauftragte (Ruhm-Geier!) / Die Worpswede-Touristen (Muss man bekämpfen wie Insekten)
     
    Manchmal nimmt er einen Radiergummi und ändert etwas. Als er vom Tourismusamt weitere Post erhält, in der es heißt, er schade der Kunst und dem Ansehen von Worpswede und sei außerdem ein Wucherer (ausgerechnet er mit seinen zu leistenden Spezialpasten-Horror-Zahlungen!) - da setzt er den Tourismusbeauftragten noch vor die Worpsweder Galerie und Frau Schröter, die immerhin ein paarmal angerufen hat in den Achtzigerjahren. Klein-Goya steht 1968 noch auf Platz 1, aber mit den Jahren, in denen die Eifersucht nachlässt und der Hass auf die Kücks bleibt, rutscht er auf Platz 3. Es kommen auf der Rangliste auch neue hinzu: Bauer Gerken zum Beispiel, der sogar 22 Jahre nach der Gülle-Hochzeit Schadensersatz fordert wegen Überschreitung des Nitratgehalts im Grundwasser, was angeblich bei den Gerkens Schilddrüsen-Unterfunktionen, Kröpfe und Jodmangel verursacht habe. Ohlrogge platziert Gerken noch auf Platz 7 vor der verlogenen Gottfried-Benn-Geliebten mit ihrem nervtötenden Brustschmuck.
    Ihn lassen die Hochzeit und der Schmerz, der sich von der Liebe abgekoppelt hat, einfach nicht mehr los. Der Schmerz wächst in ihm zu etwas ganz Eigenem heran.
     

Nullkücks Briefe an Tille und Else (Und das Muttertelefonat Nr. 3)
    Familie Brüning schien wirklich Probleme mit den Nasen zu haben. Karl hatte wieder sein Stofftaschentuch hervorgeholt, das seltsamerweise immer größer wurde, und schnäuzte sich noch einmal so kräftig, dass nun sogar der Moorgarten leicht erzitterte. Wie ein Vorbeben, dachte Paul, wie ein Bruch, den die Erde einleitet und leise ankündigt.
    Auch Pauls ganze Kindheit über hatte die Erde gewackelt. Anders als in Kalifornien lag es nicht an der Verschiebung der Erdplatten, sondern an der ersten Torfmoosschicht des Moores, die man Schwingdecke nannte und die ständig nachgab, vielleicht auch, um die Erinnerung an das Urstromtal und das Meer, das dort einmal gewesen war, wachzuhalten. Die Schwingdecke zog sich über das Grundstück und die umliegenden Wiesen, wo die Bauern mit ihren Kühen lebten, und endete erst vor der ansteigenden Ortsmitte rund um den Weyerberg, an dem die meisten Künstler wohnten. Nur Pauls Familie eben nicht, die saß mitten im Moor auf der Schwingdecke. Besonders schlimm war es bei den Gartenpartys seiner Eltern. Bei den Rolling Stones oder den Beatles lag Paul im Bett und stellte sich vor, wie unter ihm die Erdplatte aus Amerika mit der Schwingdecke aus Worpswede zusammenkrachte und dann die Welt mit den Kücks unterging.
    »Kiek maal«, sagte Karl. »Dat hett mien Mudder in de Schuuvlaad funnen!« Er hielt Paul einen Brief hin, in Druckschrift geschrieben. Die Tinte war schon fast verblichen.
    Liebe Tille.
    Ich weiß, dass Du die Tochter vom Geffken bist und den Sohn vom Brüning heiraten willst. Ich beobachte Dich schon lang auf dem Kartoffelacker. Deine Brüste sind wie der Vorfrühling, der sich langsam vortastet in seine ersten Liebesträume. Ich wünschte, ich könnte mit in diesen zarten Träumen leben. Doch leider kann ich nicht halten und Dir einen Haselstrauch schenken, denn der große Sommer naht und ich muss die Felder pflügen.
     
    Nullkück, 1972
     
    Offensichtlich waren auch an Nullkück die Auswirkungen von 1968 nicht vorübergegangen. Es gab Briefe an Berta, an Wenke, Elisabeth, an die schöne Rieke Tietjen, an Rosel, Sine, Freia, Frauke, Birte, Beeke, Dörthe und Adeline. Sie alle arbeiteten wie Tille auf den angrenzenden Feldern und bekamen ihre Briefe bei voller Fahrt vom Trecker zugeworfen.
    Es gab auch einen Brief, den eine junge Bäuerin nach einiger Zeit empört zurückschickte, und den seine Mutter allen zeigte.
     
    Liebe Else.
    Schon lang beobachte ich, wie Du süß und glühend voller Sehnsucht Steckrüben in Deinen Händen wiegst. Leider kann ich den

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