Der Marathon-Killer: Thriller
und besprach mit ihm die Route. Er nahm den Kopfhörer von einem Ohr und drehte sich zu ihnen um.
»Der Pilot hat gerade einen falschen Flugplan durchgegeben«, sagte er lauter, als nötig gewesen wäre. »Wir operieren unter Sonderstatus, aber er sagt, in den letzten Monaten ist die Flugaufsicht ein bisschen strenger geworden.«
»Reichlich streng«, flüsterte Denton Fielding zu, als
Carter den Kopfhörer wieder aufsetzte und sich nach vorn wandte. »Haben Sie gesehen, wo man sie untergebracht hat?«
»Ich wollte es mir nicht ansehen.«
»Hinter der Anrichte. Nicht besonders appetitlich.« Denton hatte die Tür geöffnet, die den hinteren Teil des Flugzeugs von der Hauptkabine trennte. Der Kontrast zur schicken Einrichtung vorn hätte nicht größer sein können. Die Verkleidung war entfernt worden, und man sah das nackte Gerippe des Flugzeugs. In den matten Metallboden waren im Abstand von ungefähr einem Meter zwei kleine Stahlringe eingelassen. Zwischen ihnen befand sich ein dunkler Fleck, wo die menschliche Fracht gesessen hatte, an Händen und Füßen gefesselt, wie Denton vermutete. Möglicherweise war es Blut oder Schlimmeres, auf jeden Fall hatten ihre Leiden Spuren hinterlassen. Hatte man Daniel Marchant hier festgekettet, als er nach Polen gebracht wurde? Und vor ihm Khalid Scheich Mohammed?
»Willkommen bei Air CIA«, sagte Carter und setzte sich neben Denton. »In zwölf Stunden landen wir in Neu-Delhi.«
Denton hatte ihn gar nicht gehört. Er betrachtete die Blaulichter auf der Straße hinter dem Zaun von Fairford. Im gleichen Moment bat der Pilot Carter, noch einmal ins Cockpit zu kommen. Denton blickte Fielding an und deutete aus dem Fenster.
»Sie können immer noch aussteigen, Ian«, sagte Fielding. »Sie müssen mich nicht begleiten.«
Denton ignorierte das Angebot seines Chefs. Er wusste, sie hatten recht, was Leila betraf. Vorhin waren
die drei ohne Schwierigkeiten auf das Gelände des Luftwaffenstützpunkts gelangt. Soweit es die Royal Air Force anging, war Fairford jetzt eine Reserveeinrichtung. Die United States Air Force, USAF, betrieb den Flugplatz, und die Amerikaner waren sehr auf die Sicherheit und Geheimhaltung der B-2 Spirit Tarnkappenbomber und ihre gelegentlichen Überstellungsflüge bedacht. Die Wachen am Tor kannten Carter gut und hatten ihn durchgewinkt, doch Denton fürchtete, inzwischen würden die Telefone in Whitehall und Washington klingeln. Es hing alles davon ab, wie viel Autorität Carter noch besaß und ob Straker eins und eins zusammenzählen konnte und zu dem Schluss gekommen war, dass Carter sich mit Fielding zusammengetan hatte.
Die beiden Turbofan-Triebwerke heulten, als der Pilot das Flugzeug zum Ende der drei Kilometer langen Startbahn fuhr. Denton öffnete seinen Gurt und ging nach vorn zu Carter. Einen Moment lang dachte Fielding, er wolle das Angebot doch noch annehmen und aussteigen.
»Alles okay?«, erkundigte sich Denton.
»Wir klären nur gerade mit Langley, dass ich in einer offiziellen Angelegenheit unterwegs bin«, sagte Carter.
»Sie meinen einen Überstellungsflug.«
Carter lachte. »Routinearbeit bei Clandestine.«
»Ist Ihnen die Polizei draußen vor dem Gelände aufgefallen?«
»Ach, bleiben Sie locker, das hat nichts zu bedeuten. Nur ein paar Planespotter, die sind dauernd da. Ich schätze, die Spirit fliegt heute. Wir bitten Ihre Polizei
dann immer, die Leute zu verscheuchen. Niemand weiß, dass wir den Vikar an Bord haben, Ian. Bei Flügen dieser Kategorie gibt es keine Passkontrollen.«
46
William Straker lehnte sich im Büro des DCIA in Langley, Virginia, zurück und betrachtete das Foto seiner beiden Söhne auf dem Schreibtisch. Er war als Einzelkind aufgewachsen und beneidete die Jungs um die Kameradschaft. Zwar hatte er es nicht überprüft, aber er nahm an, auch Harriet Armstrong in London sei ein Einzelkind gewesen. Sie besaß dasselbe natürliche Misstrauen anderen gegenüber.
»Das gibt uns endgültig grünes Licht, Harriet, und wir gehen jetzt rein«, sagte er in Richtung der Freisprechanlage. »Fort Meade hat den Anruf vorhin aufgefangen. Die Koordinaten wurden an die USS Independence weitergeleitet.«
»Der Premierminister bittet darum, Daniel Marchants Leben zu schonen«, antwortete Armstrong.
»Ich hatte schon befürchtet, Sie würden so etwas sagen. Der DNI will alle Bedrohungen in der Region ausschalten. Und Dhar steht gegenwärtig ganz oben auf unserer Wanted-Liste.«
»Marchant könnte noch nützlich sein«,
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