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Der Marathon-Killer: Thriller

Titel: Der Marathon-Killer: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Stock , Andreas Helweg
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von allen Vorwürfen, dass sein Vorgänger sich irgendwelcher beruflicher Vergehen schuldig gemacht hätte. Denton hatte trotzdem recht. Wie immer. Amerikanische Logik - Spiro und Straker - würde die Sache anders interpretieren: als weiteren Beweis,
dass die Loyalität des früheren MI6-Chefs zweifelhaft war.
    »Carter wird es verstehen«, wiederholte Fielding. »Es erklärt Stephens Besuch, warum er nach Kerala gereist ist. Und deswegen haben sich doch alle so aufgeregt, oder? Er war ein Schürzenjäger mit schlechtem Gewissen, Ian, kein Verräter. Ist das nicht der Beweis?«
    »Denen wird es nur eins beweisen: Sie hatten recht damit, ihm nachzustellen.«
    Fielding kümmerte es inzwischen nicht mehr, was die Amerikaner dachten. Stephen Marchant hatte immer davon geträumt, jemanden wie Dhar zu rekrutieren. In den letzten Tagen hatte Fielding festgestellt, dass er ebenfalls davon träumte. Hatte er deshalb Daniel Marchant nach ihm suchen lassen? Jetzt wussten sie, wer Dhar wirklich war, und damit rückte eine Unterwanderung von Al Kaida auf höchster Ebene in den Bereich des Möglichen. Er würde sich diese Chance von den Amerikanern nicht nehmen lassen. Denn eine zweite würde er niemals bekommen. Und wer war besser geeignet, Dhar anzuwerben, dachte er, als Daniel Marchant, sein Halbbruder?
     
    »Er hat den Tod von Sebbie nie verwunden«, sagte Marchant und nippte an seinem zweiten Becher Kardamom- Chai . Er hätte gern etwas Stärkeres gehabt. »Keiner von uns.«
    »War er dir ähnlich?«, fragte Dhar.
    »Sebbie? Er war ernster. Und manchmal ängstlich. Oft hat er mich mit seinen Albträumen geweckt. Allerdings scheißgut in Mathe. Hat mich wahnsinnig gemacht. In der Schule war er mir immer voraus.«

    Dhar lächelte. »Stephen hat gesagt, eines Tages würdest du kommen.«
    Marchant versuchte, sich die beiden zusammen vorzustellen. »Glaubst du, er wollte, dass du es mir erzählst?«
    »Zuerst war ich wütend, als er es mir gesagt hat, und sauer, weil er so lange dafür gebraucht hat.«
    »Meine Mutter wäre gestorben, wenn er es je öffentlich gemacht hätte. Sie war sehr verletzlich.«
    »Meine Mutter auch. Deshalb habe ich ihm verziehen. Er hat mir gesagt, es habe keinen Tag in seinem Leben gegeben, an dem er nicht an mich gedacht und sich gefragt habe, wie es mir geht. Aber meine Mutter hat sich von ihm schwören lassen, dass er mich niemals besuchen würde, niemals Kontakt aufnehmen würde, es niemals jemandem verraten würde. Mein Vater hat immer noch keine Ahnung. Er hat geglaubt, das Geld komme von ihrer Familie. Immer hat er sich über die zu kleine Mitgift beschwert. Stephen hat sich ihren Wünschen gebeugt, aber er sagte mir, er habe stets geplant, mich aufzusuchen, sobald ich achtzehn wäre.«
    »Was hat ihn aufgehalten?«
    »Weißt du, wo ich meinen achtzehnten Geburtstag gefeiert habe? In einem Trainingscamp mit meinen Brüdern aus Kaschmir.«
    »Er hätte deinen Ruf ruiniert.«
    »Und ich seinen. Trotzdem hat er immer Geld geschickt.«
    »Wie lange?«
    »Bis ich einundzwanzig war. Ich denke, es kam von ihm. Wir waren nicht reich. Meine Eltern haben in den Botschaften gearbeitet. Mein Vater hat Rechnungen von
Ungläubigen abgeheftet, und meine Mutter bekam einen Hungerlohn dafür, dass sie auf Kinder von Ausländern aufpasste. Beide wurden wie Hunde behandelt. Aber an Geld hat es nie gemangelt. Meine Mutter sagte, es seien Trinkgelder. Hinter unserem Puja -Schrein hatte sie immer einen Packen Fünfhundertrupienscheine versteckt.«
    »Deine Mutter war eine Hindu?«
    »Mein Vater auch. Ich bin zum Islam konvertiert, als ich die Schule verlassen habe. Ich habe alles getan, was ich nur konnte, um meinen Vater und seine Kafir -Welt hinter mir zu lassen.«
    »Ihr habt euch nicht besonders nahegestanden?«
    Dhar lachte. »Als ich erfuhr, dass er gar nichts mit mir zu tun hat, ergab plötzlich alles einen Sinn. Die Streitereien und das Fehlen dieser Verbindung, wie ich sie bei anderen Vätern und Söhnen gesehen hatte. Es war eine solche Erleichterung.«
    »Vielleicht hat er es gewusst?«
    »Nein. Er wollte immer, dass ich so werde wie er. Zu meiner Schande hat er seine Stelle in der US-Botschaft geliebt. Er hat alles Amerikanische vergöttert, und zu Kostümpartys im Büro hat er sogar Cowboyhut und Stiefel getragen. Aber er hat es nicht begriffen. Wie sie ihn behandelt haben, wie sie hinter seinem Rücken über ihn gelacht haben. Ich habe es gesehen und gewusst, dass er mit seiner Sichtweise komplett

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