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Der Marathon-Killer: Thriller

Titel: Der Marathon-Killer: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Stock , Andreas Helweg
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kompaktes, kantiges Gesicht wie das einer Schleiereule, fand Marchant.
Dazu besaß er die berühmten Familienohren, die mit dem Alter immer länger wurden und immer deutlicher hervorstachen.
    Nach zwanzig Minuten lenkte Stephen Marchant den Lagonda in eine Parkbucht auf der Kuppe eines Hügels am Minchinhampton Common, dem freien Weidegrund, von dem aus man im Westen Bristol sehen konnte. Er stellte den Motor ab, und sie saßen einige Minuten schweigend da und ließen die alterslose Landschaft auf sich wirken, während von der Motorhaube Dampf aufstieg. Unter ihnen breiteten sich die Cotswolds als Kette vereister Dörfer aus, die auf stille Landstraßen gefädelt waren, jedes mit einem Gutshaus, einer geduldigen Kirche und mit Raureif überzogenem Grün. Dünne Schneewehen bedeckten die schattigen Ecken der Felder.
    »Ich sehe mir das an und frage mich, aus welcher Pore unseres wunderschönen Landes es hervortritt«, begann Stephen Marchant. Ein Tröpfchen hatte sich an seiner kalten Nasenspitze gebildet. »Weißt du, was sie gesagt haben?«
    »Erzähl schon«, antwortete Marchant und bemerkte, wie viel Emotion in der Stimme seines Vaters mitgeschwungen hatte.
    »Dass sie sich nicht mehr darauf verlassen können, dass meine Interessen mit denen des Landes übereinstimmen.« Er zögerte und bemühte sich, nicht die Beherrschung zu verlieren. »Dreißig Jahre im Dienst, und das muss ich mir von einer Bande junger Karriereärsche bieten lassen.«
    »Und es kommt alles von der Generaldirektorin?«, fragte Daniel.

    »Natürlich. Offensichtlich bin ich vom inneren Feind besessen und habe die größere Bedrohung aus den Augen verloren.«
    »Dinner im Travellers hat also auch nicht weitergeholfen.«
    »Gott, nein. Das war eine völlige Katastrophe. Sie ist nicht wie die Frauen, die du und ich kennen, Daniel. Die hat Haare auf den Zähnen und mir ordentlich den Arsch aufgerissen. Nach Weihnachten soll ich nicht mehr ins Büro zurückkommen. Ich fürchte, die denken außerdem darüber nach, dich zu suspendieren. Die Sünden der Väter. Tut mir leid.« Marchant wandte sich ab, wog instinktiv die Bedrohung ab und schätzte den Schaden ein. Er hatte nicht erwartet, ebenfalls betroffen zu sein. Dann hielt er inne und fühlte sich schuldig, weil er an sich dachte und sich nicht um seinen Vater kümmerte, dessen Karriere in Trümmern lag, nachdem er sein halbes Leben für den MI6 geopfert hatte.
    »Mach dir meinetwegen keine Sorgen. Du weißt doch, ich bitte nie um Hilfe. Ich kann schon auf mich aufpassen.«
    »Der Service aber nicht. Wenn sich der MI5 durchsetzt, wird Legoland morgen an die Japaner verkauft und zu einem Hotel mit Themseblick umgebaut. Sieh an, die Idioten sind da.«
    Marchant blickte sich um und sah eine weiße Limousine, die langsam den Hügel hinauffuhr.
    »Weißt du, wie man seine Verfolger am besten abschüttelt?«, fragte sein Vater und startete den Lagonda, der eine blaue Qualmwolke ausspuckte. »Besser als alles, was sie dir im Fort beigebracht haben.«

    »Wie denn?«, wollte Marchant wissen und beobachtete im Rückspiegel den Wagen, der vierhundert Meter hinter ihnen durch die Auspuffgase kroch, die noch in der kalten Luft hingen.
    »Du musst einfach schneller fahren als sie.«

11

    Die Gruppe von Fünftklässlern in der Ecke des Sportplatzes kannte alle Helikopter, die über ihre Schule hinweg durch den Luftraum über Wiltshire flogen: Am coolsten fanden sie Chinooks, die niedrig am Kanal entlangflogen und mit den zwei Rotoren einen Lärm erzeugten, der ihnen wie Donner in den zarten Ohren dröhnte. Sie konnten die Merlins von Sikorsky Pumas unterscheiden, und den schwarz-gelben MD Explorer der Polizei von Wiltshire beachteten sie kaum mehr, wenn er freitags seine Tiefflugübungen über dem Bedwyn Brail durchführte, so vertraut war ihnen der Anblick. Als die Jungen ihn heute aus Richtung Hungerford kommen sahen, fiel es niemandem auf, dass erst Donnerstag und noch nicht Freitag war.
    Einen Kilometer südwestlich der Schule überquerte Daniel Marchant zwei Brücken und bog rechts auf den Pfad am Kennet-und-Avon-Kanal ein. Er lächelte bei der Erinnerung daran, wie sein Vater mit hundertfünfzig Stundenkilometern von Minchinhampton heruntergerast war. Die niedrige Karosserie drohte durch die Vibrationen auseinanderzubrechen, als sie ohne vernünftige Bremsen zwischen den frostüberzogenen Hecken entlangschossen, bis ihre Verfolger schließlich aufgaben.
    Marchant war sich nicht sicher, ob er schneller

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