Der Marathon-Killer: Thriller
zusammen und atmete durch die Nase, aber genau das war ihre Absicht: Das Wasser floss in beide Nasenlöcher. Seine Lunge wollte platzen, verlangte verzweifelte nach Luft. Er versuchte, den Kopf zur Seite zu drehen, dann sah er Sebastian, der keuchend zurück ins Leben kam und das Poolwasser ausspuckte. Seine winzige Brust zog sich krampfhaft zusammen, und er hustete, während ihn seine nach Parfüm duftende Mutter im Arm hielt.
Marchant erinnerte sich daran, was ihm der Ausbilder im Fort erklärt hatte: »Die größte Angst des Vernehmers ist es, dass Sie beim Waterboarding sterben, ehe Sie gesungen haben. Daran müssen Sie sich festhalten. Das ist der einzige Punkt, an dem Sie Macht ausüben können.« Er klammerte sich an diesen Gedanken, während das Wasser durch die Nase floss und sich in seinem Hals sammelte. Das Wasser stieg über seinen Kehldeckel, der Würgreflex setzte ein. Er wusste, es würde klingen, als würde er ersticken. Seine Vernehmer zogen ihm die Haube vom Gesicht, als er sich übergab, und wandten sich ab, um ihre Gesichter zu verbergen. Dann fluchten sie. Runde eins war an ihn gegangen.
Bei der zweiten Stufe des Waterboardings wird ein Luftweg
vollständig verschlossen. Der größere der beiden Amerikaner trat wieder an den Tisch und schob ihm grob eine enge Schwimmbrille über die Augen, während er die ganze Zeit sein Gesicht bedeckte. Es musste ihnen peinlich sein, das alles einem von ihresgleichen anzutun, dachte Marchant. Was war mit den wahren Feinden? Die westliche Welt hatte davon genug, auch ohne sich gegenseitig zu bekämpfen.
Die Gläser der Schwimmbrille waren schwarz gefärbt, und die Dunkelheit stellte eine Erleichterung dar. Das Gebäude, in dem sie sich befanden, war anonym und wenig einladend. Er hatte vier schmutzig weiße Gipswände gesehen, eine niedrige Decke und in einer Ecke ein einfaches Rohr. Über der Tür befand sich ein kleiner, vergitterter Schlitz. Durch die Schlichtheit des Raums fühlte er sich allein, angreifbar, und sie bestätigte seinen Eindruck, dass er sich überall auf der Welt befinden konnte. Seine beiden Vernehmer trugen normale Armeeuniformen, doch er selbst steckte zu seiner Überraschung in einem grell orangefarbenen Overall.
Hinter der Schwimmbrille schloss er die Augen, aber ehe er Trost in der Dunkelheit suchen konnte, wurde ihm ein Stück Stoff so weit wie möglich in den Mund gestopft. Marchant würgte, als der Stoff seinen Kehldeckel berührte. Der Amerikaner war zufrieden, weil er die richtige Stelle getroffen hatte, und drückte den Knebel noch weiter hinein, drehte den Stoff tiefer in Marchants Kehle und verfluchte ihn die ganze Zeit mit seiner jungen Stimme. Marchant würgte erneut und dachte zum ersten Mal, dass er sterben müsse.
Dennoch zwang er sich, daran zu denken, was ihnen der
Ausbilder beigebracht hatte, nämlich dass nur zwei Sorten von Menschen den Würgreflex kontrollieren konnten: Schwertschlucker und Prostituierte, die den Deep-Throat beherrschten. Wieder würgte Marchant, sein Bauch krampfte sich zusammen, sein Kreuz wölbte sich vom Metalltisch hoch, und dann kam der Schlauch, mit größerem Druck und kälterem Wasser diesmal. Marchant spürte, wie der Knebel vom Wasser anschwoll, gegen die Seiten, den Gaumen und den hinteren Teil seines Mundes presste. Instinktiv versuchte er, durch die Nase zu atmen, doch auch die Nasenhöhlen füllten sich wieder mit Wasser. Panik stieg in ihm auf. Er dachte an seinen Vater, wie er den Lagonda in der grellen Morgensonne polierte. Als Kind hatte er oft danebengestanden und zugeschaut; ein Bein vor das andere gestellt stützte er sich mit der kleinen Hand an der glänzenden Beifahrertür ab.
»Nimm deine Schmuddelfinger von meinem Auto!«, schrie eine Stimme. »Wo ist Salim Dhar?«
Marchant fühlte, wie ihm Runde zwei entglitt. Seine Übelkeit vermischte sich nun mit starker Platzangst, mit dem Gefühl, diesem Stoff, der in seiner Kehle anschwoll, niemals entkommen zu können und auch nicht dem Wasser und dem bevorstehenden Ertrinken. Er konzentrierte sich auf die Fragen des Vernehmers, auf die Denkweise dahinter. Bislang hatte er keinen Fehler entdeckt. Sie fragten ihn nach Dhar, weil irgendwer eine Verbindung zwischen ihm und dem Anschlag auf den Marathon hergestellt haben musste. »Rede endlich über deinen verfluchten Läuferfreund«, schrie der kleinere und drückte ihm den Stoff noch tiefer in den Mund. »Wie lange hat er Dhar schon gekannt?«
Das Geheimnis, um das
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