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Der Marathon-Killer: Thriller

Titel: Der Marathon-Killer: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Stock , Andreas Helweg
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Waterboarding zu überstehen, sagte sich Marchant erneut und versuchte, sich die Konsequenzen vorzustellen, die aus Dhars möglicher Rolle beim Marathonanschlag erwuchsen, bestand darin, nicht darauf hereinzufallen. Denn Waterboarding war nur ein Psychotrick. Der Körper würde nicht ertrinken, das Gehirn glaubte es lediglich. Im Fort war er der Einzige gewesen, der sich immer wieder ins Gedächtnis gerufen hatte, dass sie in der Ausbildung waren. Jetzt sagte er sich ständig, während sich sein Oberkörper bei jedem Würgen aufbäumte, dass er in einem ähnlich sicheren Zusammenhang verhört wurde: Die CIA würde keinen MI6-Agenten töten, selbst dann nicht, wenn es sich um den suspendierten Sohn eines mutmaßlichen Verräters handelte. Der Kampf fand in seinem Kopf statt, nicht mehr in der Zelle: Seine Amygdala, der älteste und ursprünglichste Teil des menschlichen Gehirns, führte einen verzweifelten Dialog mit der vernunftbegabten Hirnrinde. Das hatte ihm der Psychiater im Fort doch gesagt, oder?
    Marchants Unverwüstlichkeit brachte die beiden Amerikaner bis an die Grenzen ihrer antrainierten Selbstbeherrschung, und sie fluchten immer häufiger. Einer verlor schließlich die Kontrolle, riss Marchant die Brille vom Gesicht, packte ihn im Nacken und hob den Kopf vom Tisch. Einen Augenblick lang starrten sie sich in die Augen. Marchant sah im Gesicht des jungen CIA-Agenten mehr Angst, als er selbst verspürte. Der Knebel wurde ihm aus dem Mund gerissen. Runde zwei ging ebenfalls an ihn.
    »So was gibt’s doch gar nicht, Joey. So was wie diesen Kerl gibt es einfach nicht«, sagte der Amerikaner und stieß Marchant zurück auf den Metalltisch, weil er den
Blickkontakt nicht mehr aushalten konnte. Marchant kostete den Schmerz aus, den er empfand, als sein Schädel auf den Tisch krachte. Er hielt sich daran fest und jonglierte mit dem Stechen, als habe er heiße Kohlen in den Händen: Der Schmerz war real, physisch vorhanden; er würde einen blauen Fleck hinterlassen, einen Beweis, dass dies wirklich geschehen war und sich nicht nur in seinem Kopf abspielte. Er drehte den Kopf, spuckte aus und brachte ein verzweifelt keuchendes Lachen zustande.
    »Kann ich vielleicht ein bisschen Wasser bekommen?«, fragte er. »Meine Kehle ist ein wenig ausgetrocknet.«
    Marchant wusste, er musste weiterhin den Eindruck erwecken, dass er sich psychisch unter Kontrolle hatte, durfte seine Vernehmer jedoch nicht dazu treiben, ihn aus lauter Frustration zu töten. Außerdem musste er ihr Interesse wachhalten: Gerade war hinter dem Gitter der kleinen Öffnung über der Tür ein mit einer Sturmhaube verhülltes Gesicht aufgetaucht, das aber sofort wieder verschwand, nachdem Marchant es bemerkt hatte. Er lächelte seine Vernehmer an, obwohl er die Konsequenzen kannte, und ließ die Zunge wie ein hechelnder Hund aus dem Mund hängen.
    »Wenn du was zu sagen hast, heb es dir für Petrus auf«, sagte Joey und löste seinen Kollegen ab. Er wandte sich ab, als wäre für heute Feierabend, aber Marchant wusste, sie waren noch nicht mit ihm fertig. Joey holte weit aus und klatschte Marchant den Handrücken ins Gesicht.
    Im Fort hatten sie für Stufe drei Frischhaltefolie benutzt, sie fest um das Gesicht gewickelt und so verhindert, dass man durch Nase oder Mund atmete. Man schnitt ein Loch für den Mund in die Folie, doch das diente nicht der
Luftzufuhr, durch die Öffnung füllte man das Opfer mit Wasser. Dieser Ansatz war wie das Waterboarding selbst nicht neu. Im siebzehnten Jahrhundert hatte man gleich mit Stufe drei angefangen und die Körper der Opfer bis zum Dreifachen der normalen Größe anschwellen lassen - ohne die Frischhaltefolie, versteht sich.
    Stufe drei hatte Marchant noch nie erreicht.

13

    Ungefähr tausendfünfhundert Kilometer westlich von Polen holte Marcus Fielding tief Luft, sprang ins dreiundzwanzig Grad warme Wasser und ließ sich unter der Oberfläche weit gleiten. Der Pool im Keller des MI6-Hauptquartiers war während seiner Bauzeit ein ständiger Zankapfel in Whitehall gewesen, weil er zusammen mit dem benachbarten Fitnessraum die Baukosten um mehrere Millionen in die Höhe trieb, aber das Becken war jeden einzelnen Penny wert, dachte Fielding, als er auftauchte und einen Strahl Wasser spuckte. Er schwamm niemals mit Brille. Die ließ er stets auf einem ordentlich gefalteten Handtuch neben seinem Telefon liegen. Wenn die Sicht verschwamm, nahm der Verstand an Schärfe zu, fand er, denn im Pool kam er auf die besten

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