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Der Marktmacher

Der Marktmacher

Titel: Der Marktmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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das? Vielleicht wartet die Polizei schon auf uns. Nein, Isabel kommt mit!«
    Weiter und weiter zerrte er sie den Hügel empor. Ich folgte mit dem Jungen in einigem Abstand. Oben erblickte ich Francisco und einen anderen Mann, der fast noch wie ein Kind aussah. Einer der Entführer, vermutete ich.
    Langsam näherten wir uns der Kate und dem roten Pick-up.
    »Halt!« sagte ich. »Oder ich erschieße ihn!«
    »Nein!« schrie Francisco.
    Zico lachte. »Nur zu. Mir ist das egal. Er ist nicht mein Sohn.«
    Spöttisch blickte er mich an. Natürlich dachte ich nicht im Traum daran, den Jungen zu erschießen. Ich ließ ihn los und die Hand mit dem Revolver sinken. Der Junge lief zu seinem Vater.
    Zico zog Isabel zum Pick-up. Sie blickte zurück, hilflos und flehend, als wollte sie mich bitten, irgend etwas für i h re Rettung zu tun.
    Verdammt! Da war sie, nur wenige Schritte von mir entfernt. Die Euphorie, die ich empfunden hatte, als ich sie aus dem Gebäude hatte kommen sehen, wich unerträglicher Furcht. Zum Greifen nah stand sie vor mir, und nun schickte sich Zico an, einfach mit ihr fortzufahren. Ich konnte nicht riskieren, auf ihn zu schießen. Er würde erst sie und dann mich töten. Die einzige Erfahrung, die ich mit einer Handfeuerwaffe hatte, bestand in den fünf Minuten Unte r weisung, die ich von Nelson bekommen hatte. Der Revolver lag schwer und nutzlos in meiner Hand.
    Wenn Zico mit ihr entkam, was dann? Möglicherweise brachte er sie um. Vielleicht ließ er sie laufen, wenn er sie nicht mehr brauchte. Oder er verlangte wieder ein Lösegeld für sie. Noch hatte sie eine Chance. Also hieß es, Ruhe bewahren und ihn gehen lassen. Solange ich nichts unte r nahm, würde ihr nichts passieren.
    Dann sah ich, daß sich etwas hinter dem Pick-up bewegte. Magere, braune Gliedmaßen huschten über den Boden zu einem Wasserbehälter. Sekundenbruchteile später tauchten dahinter ein Kopf und ein kurzer stählerner Lauf auf. Euclides! Und er hielt die Waffe in der Hand, die er vor Tagen von Nelson bekommen hatte. Wo zum Teufel hatte er die auf einmal her? Er mußte sie irgendwo ve r steckt haben. Oh, Scheiße! Das letzte, was wir jetzt gebrauchen konnten, war die verrückte Heldentat eines Zwölfjährigen. Das würde irgend jemanden das Leben kosten, höchstwahrscheinlich Isabel.
    Zico ließ mich nicht aus den Augen, als er sich dem Pick-up näherte. Rasch richtete ich meine Augen wieder auf ihn, damit er nicht merkte, daß ich etwas hinter seinem Rü ck en gesehen hatte. Langsam näherte ich mich den be i den.
    »Bleiben Sie stehen!« rief er.
    Ich tat, wie mir geheißen.
    In seinem Rücken lief Euclides vom Wasserbehälter zum Pick-up. Ich weiß bis heute nicht, was er eigentlich vorha t te. Sich darin verstecken, wahrscheinlich, um Zico später zu überraschen. Statt dessen trat er auf ein Stück Wellblech, das fürchterlich schepperte. Zico wirbelte herum. Euclides hielt inne und stand ohne jede Deckung. Er richtete seine Waffe auf Zico, zögerte aber, vermutlich aus Furcht, Isabel zu treffen. Ein schattenhaftes Wischen, als Zico seinen R e volver von Isabels Schläfe nahm und auf Euclides richtete. Zwei Schüsse krachten. Euclides stieß einen schrillen Schrei aus.
    Mir blieb keine Zeit zum Nachdenken. Instinktiv hob ich den Arm und richtete ihn auf Zico. Über den kurzen Lauf hinweg sah ich direkt in Isabels angsterfüllte Augen. Ich ruckte etwas nach links und drückte ab, als Zico im B e griff stand, sich wieder mir zuzuwenden. Die Kugel traf ihn in die rechte Schulter und riß seinen Arm zurück. Wie ein Kreisel drehend, landete sein Revolver auf dem Boden.
    Er ließ Isabel los, um die Waffe aufzuheben. Ich setzte zum Sprung an, um ihn daran zu hindern, als ein weiterer Schuß ertönte. Zicos Kopf flog zur Seite, dann brach er z u sammen.
    Euclides lag auf dem Boden, den Revolver noch immer auf den nunmehr regungslosen Körper Zicos gerichtet. Er lächelte stolz. In Höhe seiner Brust zeichnete sich ein gr o ßer dunkler Fleck im Gras ab.
    Ich lief zu Isabel, die am Boden kauerte und schluchzte.
    »Bist du okay?«
    Sie sah auf, und auf ihrem tränenverschmierten Gesicht breitete sich ein Lächeln aus, jenes Lächeln, das ich mir in den letzten Wochen so häufig vorgestellt hatte. Sie nickte.
    Daraufhin wandte ich mich um und rannte zu der Stelle, wo Euclides zu Boden gegangen war. Er lag in einer Blutlache, die sich unaufhaltsam ausbreitete. Irgendwo unter ihm schien es eine sprudelnde Quelle zu geben. Ich zögerte,

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