Der Marktmacher
wie er ist«, sagte ich. »Wenn Dekker Ward auf dem Spiel steht, ist er zu allem fähig. Und immerhin bist du noch am Leben.«
Isabel machte ein nachdenkliches Gesicht. »Vermutlich hast du recht.«
Es wurde rasch dunkel. Die Flutlichter gingen an und ließen den weißen Schaum der Wellen, die auf dem Strand ausliefen, aufblitzen. Wie oft hatte ich dieses Bild im Laufe von Isabels Gefangenschaft betrachtet? Und jetzt stand sie hier wohlbehalten und lebendig neben mir.
Meine Gedanken wanderten nach London zu Luís und der bevorstehenden Versteigerung. Sie mußte unbedingt erfolgreich sein, damit Ricardo einsah, daß er nicht unbesiegbar war. Daß er sich nicht ungestraft in das Leben so vieler Menschen einmischen durfte, vor allem in das von Isabel und mir.
Offenbar hatte Isabel den gleichen Gedanken, denn sie sagte: »Komm, laß uns Papai helfen!«
»Wie meinst du das?«
»Fliegen wir nach London. Noch heute abend. Und helfen wir ihm morgen bei der Übernahmeofferte.«
»Ist es nicht schon ein wenig spät? Und mußt du dich nicht ausruhen?«
»Ich habe mich wochenlang ausgeruht. Ich möchte meinen Vater wiedersehen. Das ist ein wichtiger Tag für ihn. Ich glaube, es gibt einen Flug um zehn. Uns bleibt noch viel Zeit.«
Ich grinste. »Okay, worauf warten wir dann noch?«
D as Flugzeug sollte am frühen Nachmittag in Heathrow landen, und Luís wollte uns abholen. Isabel hatte Erste-Klasse -T ickets gekauft, was ich ohne Protest hingenommen hatte. Obwohl sie es bestritt, war sie doch ziemlich erschöpft. Die aufregenden Umstände ihrer Befreiung hatten ihr den Rest gegeben. Sie schlief während des gesamten Fluges. Unterdessen durchlebte ich im Geiste noch einmal die letzten Wochen und malte mir unsere gemeinsame Z u kunft aus.
Luís holte uns ab. Ich erblickte ihn als erster. Er überragte die Menge, die vor dem Terminal drei wartete, um Haupteslänge. Er strahlte, als er Isabel erblickte. Sie stürzte i n s eine Arme. Er strich ihr übers Haar und wischte sich unauffällig eine Träne aus den Augenwinkeln. Schließlich löste er sich von ihr und reichte mir die Hand. Besser g e sagt: Er schüttelte sie wie einen Pumpenschwengel. Der Mann, mit dem ich in den letzten Wochen so viel Zeit ve r bracht hatte und den die Entführung seiner Tochter g e beugt, aber nicht gebrochen hatte, war wie verwandelt. Es tat gut, ihn so zu sehen.
Luís und Isabel schnatterten aufgeregt auf portugiesisch, während wir zu seinem Wagen gingen, der von einem Chauffeur kutschiert wurde. Als wir auf die M4 nach Lo n don einbogen, wechselte Luís ins Englische.
»Ich habe für euch beide Zimmer im Savoy reservieren lassen, wo ich auch abgestiegen bin. Ich setze euch dort ab und fahre dann in die City, um noch einmal die Offerte durchzugehen.«
»Wie läuft die Sache?« fragte ich.
»Sehr gut. Wir haben Gurney Kroheim gebeten, unsere Sache zu vertreten. Kennt ihr die Firma?«
Das war Jamies alte Firma. Eine der ersten englischen Handelsbanken, die sich mit der Beratung bei internationalen Übernahmen einen guten Namen gemacht hatte. Die Bank würde nicht nur ein guter Ratgeber sein, sondern der Offerte der Banco Horizonte auch zusätzliches Gewicht verleihen.
»Sie hat einen ausgezeichneten Ruf«, sagte ich.
»Den verdienen sie. Und die KBN ist beteiligt. Wir haben eine komplizierte Struktur mit Off-shore-Gesellschaften und wandelbaren Vorzugsaktien ausgetüftelt. KBN erhält dadurch die wirtschaftliche Kontrolle über das Portefeui l le, ohne daß die Verluste bei Dekker Ward verbucht we r den und das Kapital der Firma aufze h ren. KBN wird zwanzig Prozent von Dekker Ward bekommen und wir die restl i chen achtzig. Mit der KBN im Hintergrund dürfte der neuen Dekker Ward mehr Glaubwürdigkeit auf den Markten sicher sein. Auch bei der Börsenaufsichtsb e hörde und der Bank von England.«
»Was hält die KBN denn von Dekker Wards Bondposition?«
»Sie ist begeistert, Gott sei Dank. In den letzten Tagen hat sich der Markt erholt. Und es sieht ganz so aus, als würde der Kongreß die Pinnock Bill ablehnen.«
»Gute Nachrichten«, sagte ich.
»Eine gute und eine schlechte. Die gute ist, daß die Übernahmeofferte dadurch nicht mehr so riskant ist. Die schlechte, daß Dekker Ward teurer wird. Und Bloomfield Weiss kann einfach eine andere Größenordnung auf den Tisch blättern als wir.«
»Ah, verstehe.« Bloomfield Weiss hatte natürlich im Vergleich zur Banco Horizonte ein Mehrfaches an Kapital und konnte, wenn man es dort
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