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Der Marktmacher

Der Marktmacher

Titel: Der Marktmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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reizte mich. Auf jeden Fall war Dekker Ward der richtige Ort, um es zu versuchen. Die Firma war eine einzige gutgeölte Informationsmasch i ne. Ricardo hatte recht: Dekker Ward kannte jeden. Wenn irgendwo irgend etwas passierte, wußte oder ahnte Dekker Ward es als erster. Kein Wunder, daß die Firma so viel Geld machte. Ich konnte es nicht erwarten, dazuzugehören – mitzuspielen, statt nur Zaungast zu sein.
    Meine Aufmerksamkeit wurde von einem untersetzten Mann in einem hellgrauen Zweireiher in Anspruch genommen, der an Ricardos Schreibtisch stand und ein paar Zahlen mit ihm durchging. Ich hatte ihn bisher noch nicht gesehen.
    »Wer ist das?« fragte ich Jamie.
    »Kannst du ’ s nicht erraten?«
    Ich sah genauer hin. Er mochte etwa in Ricardos Alter sein, vielleicht ein bißchen jünger. Doch er war massiger, mit einem etwas grobschlächtigeren Gesicht.
    »Etwa sein Bruder?«
    »Genau. Eduardo Ross.«
    »Arbeitet er bei Dekker Ward?«
    »Klar.«
    »Und was macht er?«
    »Das weiß niemand so genau. Ausgenommen Ricardo. Nicht ganz koschere Sachen, Sonderaufträge, Dinge, die Ricardo niemandem sonst anvertrauen würde. Zum Beispiel ist er für Dekker Trust auf den Caymans verantwor t lich.«
    »Was hat es eigentlich mit diesem Dekker Trust auf sich? « f ragte ich.
    »Unsere Schwestergesellschaft auf den Cayman Islands. Da wickeln wir ab, was die englischen Behörden nicht u n bedingt wissen müssen.«
    »Hört sich nicht gerade legal an.«
    Jamie lachte. »So schlimm ist es auch wieder nicht. Wir haben viele Kunden, die Wert auf Diskretion legen. Keine Kriminellen oder so etwas. Ricardo paßt auf, daß wir mit niemandem Geschäfte machen, der mit organisierter Kr i minalität oder Korruption zu tun hat. Es handelt sich um Leute, die die legalen Vorteile von Steueroasen und Dev i sengeschäften nutzen wollen. Sie erwarten, daß wir ihre Transaktionen absolut vertraulich behandeln, und Dekker Trust ermöglicht uns das.«
    »Verstehe«, sagte ich zweifelnd. »Und die Firma gehört Dekker Ward?«
    »Nein«, sagte Jamie. »Oder zumindest nicht zu hundert Prozent. Chalmet, die Schweizer Bank, besitzt einen erhe b lichen Anteil, Dekker Ward einen kleineren, und der Rest befindet sich im Besitz der Mitarbeiter-Trusts.«
    »Mitarbeiter-Trusts ? «
    »Hat dir Ricardo nicht davon erzählt?«
    Ich schüttelte den Kopf. Jamie schwieg einen Augenblick und fuhr dann mit gedämpfter Stimme fort: »Über die Trusts kannst du hier wirkliches Geld machen. Ricardo ermöglicht einigen der Mitarbeiter, ihre Bonusse in diese Trusts zu stecken. Auch sie haben ihren Sitz auf den Cayman Islands, zumindest offiziell. Doch die Entscheidungen trifft Ricardo. Die Gewinne sind sensationell. Hundert Prozent im Jahr sind keine Seltenheit.«
    »Donnerwetter! Wie macht er das?«
    »Mit seinem Wissen. Das ist leicht. Er nutzt jeden denkbaren Trick. Leverage-Effekt, Optionen, Optionsscheine, was du willst.«
    »Ist das legal?«
    »Natürlich. Trotzdem macht man das lieber in einer Steueroase. Diskret. Wir haben keine Lust, uns von Prüfern bei einer Unregelmäßigkeit erwischen zu lassen. O b wohl es keine gibt.«
    »Und wie groß sind diese Fonds?«
    »Das, mein Freund, ist das größte Geheimnis überhaupt. « J amie flüsterte jetzt. »Aber ich denke, es sind mehr als fünfhundert Millionen Dollar,«
    Ich ließ mir die Zahl einen Augenblick lang auf der Zunge zergehen. »Und das Geld gehört den Leuten hier i m R aum?«
    Jamie lächelte. »Das meiste davon. Natürlich haben auch die Leute in Miami und auf den Cayman Islands ein paar Anteile. Ich schätze, mindestens die Hälfte gehört Rica r do.«
    Plötzlich wurde mir klar, daß die Gruppe der Männer und Frauen, von denen ich umgeben war, zu den reichsten der Welt gehörte.
    Himmel! Wenn ich blieb, würde ich auch ein Stück von dem Kuchen abkriegen.
    »Und Eduardo verwaltet die Trusts?«
    »Ricardo braucht jemanden, dem er solche Sachen anvertrauen kann. Und Eduardo vertraut er mehr als irgend jemandem von uns. Ach ja, zu seinen Aufgaben gehört es auch, neue Mitarbeiter zu überprüfen.«
    »Was soll das heißen? Neue Mitarbeiter überprüfen?«
    »Na ja, zu gucken, ob sie Drogenprobleme haben, hochverschuldet sind, spielen, Homosexuelle oder rote Socken sind, psychische Probleme oder Vorstrafen haben.«
    »Du machst Witze!«
    »Keineswegs.«
    Ich war entsetzt. »Dann hat er mich also auch überprüft?«
    »Sicher. Oder zumindest hat er eine Detektei damit beauftragt.«
    »Aber warum hast du

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