Der Maskensammler - Roman
irgendwas zum Kauf angeboten oder sind Ihnen irgendwelche Dinge, insbesondere Rauschmittel, zum Kauf angeboten worden?» – Wieder antwortete Dr. Holzer, jetzt schon sichtlich verärgert, mit Nein. «Ist dies ein Verhör?», wollte er wissen. Auf dem Gesicht des Beamten zeigte sich ein feines Lächeln: «Wir führen dieses Gespräch, weil wir um Ihre Sicherheit besorgt sind. Für ein Verhör kennen wir andere Methoden.»
Das Lächeln blieb in seinem Gesicht stehen, als er dies sagte. Dann wurde seine Stimme weicher – «breiig», dachte Bernhard – und er gab den Eingang frei, den er bisher breitbeinig verstellt hatte. «Commissaris Langmut könnte sich dafür einsetzen», dolmetschteFrank, «dass Sie Zimmer im ‹Surabaja› beziehen können. Es ist ein anständiges Hotel und gehört dem Freund eines Onkels von Commissaris Langmut. In diesem Fall wäre es eine Selbstverständlichkeit, das heißt Commissaris Langmut würde dafür sorgen, das heißt er würde vor dem Hotel einen Polizisten postieren, der für Ihre absolute Sicherheit sorgt. Commissaris Langmut bittet mich, Ihnen zu versichern», fuhr Frank fort, «dass er Ihr Heimatland sehr schätzt, aber nicht versteht, dass Deutschland über Polen hergefallen ist wie Räuber über ein Dorf. Auch möchte er Ihnen sagen, dass er dem Gerücht, dass Sie, Mijnheer Berna, ein deutscher Spion sind, keinen Glauben schenkt.»
An dieser Stelle legte der Commissaris Frank die Hand auf den Arm und sagte etwas, dem er Bedeutung gab, indem er jede Silbe betonte. Frank schlug die Augen nieder, als er sagte: «Commissaris Langmut bittet mich zu übersetzen, dass Sie, Mijnheer Berna, in diesem Land einen Gids brauchen, das heißt einen Assistenten wie mich, der Sie führt, wohin Sie wollen, der alles für Sie organisiert, das heißt Ihnen Unannehmlichkeiten erspart. Er empfiehlt seinen Neffen Frank, das heißt den dritten Sohn seines älteren Bruders. Der könnte vierundzwanzig Stunden am Tag zu Ihrer Verfügung stehen und Commissaris Langmut meint, dass fünfzig Gulden pro Woche für diese Dienste ein angemessener Lohn wären.»
«Zu diesem Jungen könnte ich Vertrauen haben», dachte Bernhard und er hätte auf der Stelle Ja gesagt, wenn sich nicht wieder Commissaris Langmut zu Wort gemeldet hätte: «Dies ist nicht der Ort, um eine so wichtige Entscheidung zu treffen. Ich verspüre Durst und würde gerne die Herren in ein Café beim Stadhuis zu einer Limonade einladen.» – «Zu einem Tee», sagte Dr. Holzer und trat auf die Straße, gerade in dem Augenblick, als vor ihm auf dem Bürgersteig ein struppiger Rüde eine Hündin besprang. Commissaris Langmut versetzte ihnen einen Fußtritt. «Unreine Tiere! Allah strafe sie!», sagte Frank.
Die Besitzerin des Cafés war eine kräftige Blonde, die mit einem Häubchen in den holländischen Farben und Holzpantinen für Kekse aus Delft oder auf einem Katalog für Tulpenzwiebeln hätte werben können. Sie verscheuchte zwei Gestalten von einem Ecktisch, um für Commissaris Langmut den Platz frei zu machen, von dem aus er den besten Überblick hatte und auch das Geschehen auf der Straße beobachten konnte. Nachdem sie die Getränke gebracht hatte, rückte sie einen Stuhl heran und setzte sich zu den Gästen. Ohne eine Gesprächspause abzuwarten, wandte sie sich an Dr. Holzer: «Doktor, ich habe Krämpfe im Unterleib. Irgendwas stimmt da nicht, was kann das nur sein? In meinem Beruf …» – «Ich bin kein Gynäkologe», sagte Dr. Holzer indigniert. «Am besten, Sie gehen mit Ihren Beschwerden in eine Frauenklinik und lassen sich dort untersuchen.» – «Frauenklinik! Dass ich nicht lache! Mein Herr, wir sind hier nicht in Mitteleuropa.»
Als sie sich beruhigt hatte, schlug sie einen geschäftlichen Ton an: «Sie sind hier immer gern gesehene Gäste. Wenn Sie jemanden treffen wollen» – dabei sah sie Bernhard an – «es gibt ein ruhiges Hinterzimmer, in dem Sie ungestört sind. Und wenn Sie Bekanntschaften machen wollen, junge, gesunde, gut erzogene Mädchen, – das kann ich vermitteln. Das Café ist ein beliebter Treffpunkt. Auch können Sie hier Geld günstig wechseln und bestimmte Dinge, die nicht auf der Speisekarte stehen, zu fairen Preisen kaufen. Ich garantiere erste Qualität.» – Sie schnippte mit den Fingern, worauf ein Kellner einen dickflüssigen Likör in kleinen Gläsern servierte. «Die gehen aufs Haus!» – Frank hatte alles dem Commissaris Satz für Satz übersetzt. Der hob sein Glas, blickte in die Runde
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