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Der Maskensammler - Roman

Der Maskensammler - Roman

Titel: Der Maskensammler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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getragen werden, und der Hund hatte einen Namen.
    Ugo passte auf Ursula auf, die beiden waren unzertrennlich. Die Bauchkrämpfe besserten sich, sie schlief, ohne einmal nach ihrer Mutter zu rufen, wenn Ugo an ihrem Bett wachte. Katrin nutzte den neuen Hausfrieden und fuhr mit dem Fahrrad, wie es sich ergab, zum «Rotfuchs», einer Bierkneipe, in der eine rothaarige Frau mit weitem Ausschnitt hinter der Theke stand. Sie wollte, sie musste ab und zu unter Menschen sein. Im Schankraum redeten alle durcheinander, und jeder kam mit jedem ins Gespräch.
    ***
    Als Ursula den ersten Milchzahn bekam und Katrin darauf mit dem Stillen aufhörte, war sie bereits seit zwei Monaten wieder schwanger. Diesmal war jedoch nicht der hagere Herr von Haus «Diana», sondern ein Mann namens Jean-François der Vater. Ein Elsässer, blond, untersetzt, mit breiten Schultern und Händen so groß wie Spaten, mit denen er in der Reparaturwerkstätte, in der er arbeitete, das Heck eines Mittelklassewagens auf einen Bock hieven konnte. Er kam aus der Landwirtschaft, hatte auf dem Hof des Vaters wie ein Knecht geschuftet, war, als mal wieder Unfrieden war, von zu Hause abgehauen, hatte sich mit allerhand Gelegenheitsarbeiten durchgeschlagen und ging über die Grenze nach Deutschland, nachdem er als Rausschmeißer in einem Nachtklub einem randalierenden Gast den Kiefer gebrochen hatte.
    Seine Leidenschaft war Fußball. Als der Ortsverein gegen den Klub von Colmar spielte, stand er in der ersten Reihe und brüllte gegen die Anhänger der Gäste an, die in zwei Bussen über den Rhein gekommen waren. Der Ortsverein gewann deutlich mit 4:2. Erhitzt vom Schweiß der anderen stürmte Jean-François mit den heimischen Torschützen in den «Rotfuchs» und gab für alle – auch für die anwesenden Damen – eine Runde aus. Zufällig kam er neben Katrin zu sitzen, der er im Überschwang einen zweiten unddann noch einen Schnaps spendierte. Es wurde spät an diesem Abend. Die Sperrstunde war schon überschritten, als Jean-François den Motor anließ und Katrin in einem Auto, das er in der Werkstatt «ausgeliehen» hatte, nach Hause brachte. Das Fahrrad, mit dem Katrin gekommen war, blieb bis zum übernächsten Tag vorm «Rotfuchs» stehen.
    Jean-François war in der Liebe so wenig feinfühlend wie bei anderen Verrichtungen, aber Katrin staunte, wie ausdauernd er war. Er machte mal eine Pause, um ein Bier zu trinken oder um sich sechs Eier in die Pfanne zu schlagen, und schon war er wieder bei Laune. Er schob sie zurecht, wie er sie haben wollte, sie versuchte, sich zu entspannen, mehr musste sie nicht tun. Wenn Ursula mit Ugo ins Zimmer kam, weil sie Hunger hatte und Katrin ihr erklärte, wo Brot und Marmelade zu finden waren, hielt Jean-François für einen Augenblick inne, grunzte ungeduldig und konnte es kaum erwarten, dass das Kind die Tür hinter sich zuzog. Am Montag musste er vorzeitig in der Werkstatt sein, um das entliehene Auto wieder an seinen Platz zu stellen, bevor der Chef kam. Katrin wechselte die durchgeschwitzten Laken und betrachtete ihren Körper vor dem Spiegel: Er kam ihr verbeult vor, sie spürte Schwellungen, wo vorher keine gewesen waren, aber er fühlte sich gut an. Sie hatte sich diesen Mann nicht herbeigeträumt, nicht diesen, er war ihr einfach gefolgt, hatte nach ihr gegriffen, wortlos, und hatte ihr so eindeutig gezeigt, worum es ging, dass auch sie keine Fragen stellte.
    Noch am selben Morgen ging sie mit unsicheren Schritten seit Langem wieder einmal zum Haupthaus hinüber. Sie wusste, wie sie Bernhard Riederer antreffen würde: umgeben von seinen Büchern, die Skizzenhefte vor sich auf dem Tisch, im Zwiegespräch mit den Masken an der Wand. Sie hatte sich immer gewünscht, dass er ihr von seiner weiten Reise erzählte, von Abenteuern, von fremdartigen Menschen und ihrer Lebensweise. Er hätte ihr Unterweisungenin Völkerkunde geben können, sie wäre eine gelehrige Schülerin gewesen. So hätte sie wenigstens etwas mit ihm gemeinsam gehabt.
    Sie ging in die Küche, um eine Kanne Darjeeling zuzubereiten, den Tee, den er um diese Zeit trank. «Ich muss Sie sprechen!», sagte sie statt eines Grußes. «Auf dem Hof fehlt ein Mann, der Ordnung schafft. Ich wüsste einen, der das kann. Er heißt Jean-François, kommt heute Abend zu mir und könnte gleich nächste Woche anfangen.»
    Bernhard fühlte sich gestört. So unvermittelt war er nicht in der Lage, eine Entscheidung zu treffen. Um Zeit zu gewinnen, sagte er: «Das muss ich mir

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