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Der maskierte Tod

Der maskierte Tod

Titel: Der maskierte Tod
Autoren: Pat N. Elrod
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unangenehm wurde. »Wir versuchen noch, die Bedeutung zu entschlüsseln.«
    »Es ist eure Zeit, die verschwendet wird, vermute ich«, meinte Mutter naserümpfend. Zu jedermanns Erleichterung wandte sie sich wieder ihren Karten zu.
    Anne schloss ihren Mund und warf mir einen dankbaren Blick zu. Zu spät war ihr klar geworden, dass die Enthüllung, dass der antike König eine inzestuöse Beziehung mit seiner Tochter geführt hatte, nicht gerade ein passendes Thema für ein Salongespräch gewesen wäre. Shakespeare sprach viel von edlen Tugenden, doch da er ein gerissener Bursche war, wusste er, dass die niederen Triebe auf weitaus mehr Interesse bei seinem unterschiedlich gearteten Publikum stießen, wobei die süße Kusine Anne keine Ausnahme zu dieser Regel bildete.
    Ich lächelte zurück und bemerkte erst dann, dass Mutters abschließender Kommentar in mir eine glühenden Groll ausgelöst hatte. Ich stand kurz davor, meine Haltung zu verlieren, und alles, was ich wollte, war, mich aus dem Raum zu entfernen, bevor irgendetwas zu Bruch ging. Ich entschuldigte mich bei Anne und verließ den Salon, wobei ich hoffte, dass mein Abgang nicht zu hastig erschien.
    Zuflucht erwartete mich in der Bibliothek. Sie war nicht erleuchtet, doch ich benötigte keine Kerze, da die Vorhänge weit geöffnet waren. Sorgfältig schloss ich die Tür, um neugierigen Blicken zu entgehen, und machte meinem Zorn, nun da ich nicht mehr beobachtet wurde, schweigend Luft. Wie konnte sie es wagen, unsere kleinen Freuden zu verhöhnen, wenn ihre eigenen so leer waren? Ich vermute, sie würde es vorziehen, wenn die ganze Welt ihre Tage mit eitlem Geschwätz verbrächte und sich die Nacht mit Kartenspiel vertriebe. Es würde ihr verdammt recht geschehen, wenn genau das geschähe ...
    Es war vielleicht kindisch, Flüche zu formulieren, Grimassen zu schneiden, meine Hände zu Fäusten zu ballen und damit den gleichgültigen Wänden zu drohen, doch ich fühlte mich dadurch viel besser. In diesem Moment nützte es nichts, mir selbst vorzusagen, dass sie eine kranke und grundsätzlich ignorante Seele war, da der Ärger in mir zu stark war, als dass er auf Vernunft reagiert hätte. Vielleicht war es mein Fonteyn-Blut, welches sich hier zeigte, aber glücklicherweise besaß die Barrett-Seite genügend Kontrolle, um mich von der Quelle meines Grolls abzubringen. Ihn direkt gegenüber Mutter auszudrücken, wäre alles andere als weise gewesen (und verlorene Liebesmüh), doch hier hatte ich die Freiheit, in Sicherheit in meinem Zorn zu schwelgen.
    Gott, ich wäre ebenfalls glücklich, sie hinter mir zu lassen. Wenn es je eine dumme, speichelleckerische Klatschbase gegeben hatte, dann war dies Mrs. Hardinbrook, doch selbst sie war eine bessere Gesellschaft als Mutter, und sei es nur, weil sie unendlich viel höflicher war.
    Mein Anfall hatte sich fast gelegt, als die Tür geöffnet wurde und Vater hereinblickte.
    »Jonathan?« Er spähte zweifelnd in den für ihn dunklen Raum.
    »Hier, Sir«, antwortete ich, wobei ich mich zwang, mich zusammenzureißen, und einige Schritte auf ihn zuging, damit er mich sehen konnte.
    »Was machst du denn bloß im ... oh. Schon gut.« Er kam herein, wobei ihn seine Gewohnheit zu dem hohen Fenster führte, durch welches ein wenig Licht hereinsickerte. »Nun, so ist es besser.«
    »Ich werde eine Kerze holen.«
    »Nein, mache dir keine Mühe, so ist es in Ordnung. Ich kann dich nun mehr oder weniger sehen. Der Mond ist hell genug dazu.«
    »Ist das Kartenspiel beendet?«
    »Für mich, ja. Ich wollte mit dir sprechen.«
    »Es tut mir Leid wegen der knallenden Tür, Sir«, kam ich ihm zuvor.
    »Wie bitte?«
    »Die Kellertür heute Morgen, als ich nach Hause kam. Jericho gab mir zu verstehen, wie sehr ich dadurch das Haus in Unruhe versetzt habe. Ich entschuldige mich dafür.«
    »Ich nehme die Entschuldigung an, mein Kleiner. Es hat uns alle ein wenig erschreckt, aber als uns bewusst geworden war, dass du der Urheber warst, war die Angelegenheit schnell wieder vergessen. Ab morgen wird es hier ohnehin still genug sein.«
    Nicht so still, wie man sich wünschen könnte, dachte ich und knirschte mit den Zähnen.
    Vater entriegelte und öffnete das Fenster, um die Nachtluft hereinzulassen. Wir alle hatten es uns zur Gewohnheit gemacht, die Fenster zu verschließen, bevor wir einen Raum verließen. Der größere Konflikt außerhalb unseres kleinen Teils der Welt hatte seine Auswirkung auf uns. Die Zeiten hatten sich geändert ... hin
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