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Der maskierte Tod

Der maskierte Tod

Titel: Der maskierte Tod
Autoren: Pat N. Elrod
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Kinderzimmer befanden.
    »Alles ist ruhig, Mr. Fonteyn«, sagte sie mit leiser Stimme. Ich glaube, sie meinte dies als Warnung, die Kinder nicht zu stören. Sie warf mir einen durchdringenden Blick zu, aber ich hatte mir einige Kleidungsstücke von Oliver geliehen und war mir sicher, dass ich einen anständigeren Anblick bot, als bei unserer letzten Begegnung.
    Edmond ging an ihr vorbei, griff sich dabei eine Kerze und steuerte auf eines der Kinderbetten zu. Davor hielt er an. Das Kind, welches darin lag, war noch klein, nicht älter als drei oder vier Jahre. Der Junge war sehr hübsch; er besaß eine helle, weiche Haut und hatte den Kopf voller dichter, schwarzer Haare.
    »Clarindas Sohn«, erklärte Edmond. »Sein Name lautet Richard.«
    Ja, ich konnte verstehen, dass er seinen Sohn vor dem Stigma von Clarindas Verbrechen bewahren wollte, aber was hatte dies zu tun mit ...
    Eine kalte Faust schien sich um meinen Magen zu schließen, ihren Griff zu verstärken und ihn umzudrehen.
    »O mein Gott«, flüsterte ich.
    »O ja, bei Gott«, knurrte Edmond.
    »Es kann nicht sein.«
    »Es ist so. Wenn er seine Augen öffnet, wirst du sehen, dass sie ebenso blau sind wie die deinen.«
    Die nächsten Minuten kämpfte ich mit einer unangenehmen Übelkeit, als mein armes Gehirn versuchte, mit der Entwicklung der Dinge Schritt zu halten, und versagte. Schließlich fand ich mich draußen in der Halle auf einem Sofa wieder. Edmond war über mich gebeugt und befahl mir, mich zusammenzureißen und nicht so ein verdammter Dummkopf zu sein.
    »Dafür ist es bereits zu spät«, murmelte ich, noch immer in meinem Schock gefangen.
    Die Weihnachtsfeier. Mein Gott, mein Gott, mein Gott...
    »Ich wusste, dass er nicht mein Sohn sein konnte«, sagte Edmond. »Und sie wollte den Namen des Vaters nicht nennen, aber als ich dich in jener Nacht dort sah, verstand ich sehr wohl, wessen Abkömmling er war. Du kannst versichert sein, dass Tante Fonteyn es ebenfalls gesehen hätte, hätte sie die Möglichkeit dazu erhalten. Clarinda war stets bemüht, dass sie den Jungen nicht zu Gesicht bekam. Dies ist einfach, wenn sie noch klein sind. Sie muss wohl recht erschrocken sein, als du nach England zurück kamst.«
    »Aber –«
    »Sie konnte es sich nicht leisten, dich in der Nähe zu haben, verstehst du. Jedermann, der dich und Richard zusammen sähe, würde die Verbindung erkennen, aber wenn du tot und begraben wärest, würde die Erinnerung bald verblassen, und sie würde, wie immer, das Blaue vom Himmel herunterlügen, um sich zu schützen. Aber dies funktionierte nicht bei Tante Fonteyn. Die alte Frau war zu scharfsinnig für solche Listen. Sie hätte Clarinda im Handumdrehen das Familiengeld fortgenommen. Dies war noch ein weiterer Grund für den Mord.«
    »W-was soll nun geschehen?« Ich fühlte mich, als sei ein Riese auf mich getreten. Ich konnte nicht denken, konnte mich nicht bewegen. War es dies, was alle Männer fühlen, wenn sie plötzlich zum Vater wurden?
    »Geschehen? Was meinst du damit?«
    »Du kannst mich nicht mit dem Kinde bekannt machen und dann erwarten, dass ich einfach fortgehe. Ich würde ihn gerne kennen lernen ... wenn es für dich in Ordnung ist.« Dies war das Problem. Würde Edmond mir das gestatten?
    Edmond studierte meine Miene sorgfältig, und zum ersten Male schien sich eine Art verständnisvollen Mitgefühls in seinen normalerweise grimmigen Gesichtsausdruck zu mischen. »Was ist mit dem Klatsch?«
    »Der Klatsch interessiert mich nicht im Geringsten. Und dich auch nicht, nehme ich an. Nach alledem werden die Leute es ohnehin wissen oder zumindest vermuten. Lasse sie nur, zum Kuckuck mit ihnen.«
    Langes Schweigen. Dann meinte er: »Du weißt nun Bescheid, Junge. Es wird auch reichen, wenn wir uns morgen über all diese Dinge Gedanken machen.«
    »Aber ich –«
    »Morgen«, sagte er entschieden, nahm meinen Arm und half mir beim Aufstehen. »Nun verschwinde von hier, bevor ich mich vergesse und dein Gesicht in Haferbrei drücke, weil du ein besserer Mann bist als ich.«
    EPILOG Aber ich konnte es nicht über mich bringen, das Fonteyn-Haus zu verlassen. Nicht nach dem, was geschehen war. Dass die Dämmerung sich so schnell näherte, schien mir unwichtig zu sein. Wenn es an der Zeit wäre, würde ich mir in einem der uralten Keller eine dunkle und stille Ecke suchen und dort für die Dauer des kurzen Wintertages Schutz suchen. Es würden mich dort schlechte Träume erwarten, da ich von meiner Heimaterde getrennt
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