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Der maskierte Tod

Der maskierte Tod

Titel: Der maskierte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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dass ich nicht zu atmen brauchte, denn sonst hätten die Gerüche, welche das Holz des Schiffes durchdrangen – Teer und Moder und Talg und Schweiß und der Inhalt von Nachttöpfen und alte Farbe und Hunderte von anderen – dafür gesorgt, dass ich dringend einen Nachttopf gebraucht hätte.
    Jemand klopfte an die Tür. Der Raum war so klein, dass Jericho lediglich mit der Hand nach ihr greifen musste, um sie zu öffnen.
    »Geht es ihm gut?«, fragte Elizabeth, die hereinspähte. »Um Himmels willen!«
    »Er fühlt sich nicht gut«, antwortete er, womit er ihre Reaktion mir gegenüber bestätigte. Er ging an ihr vorbei nach draußen, damit sie hereinkommen konnte.
    Ihrer weiten Röcke wegen war dies kein leichtes Unterfangen, aber es gelang ihr.
    Sie imitierte Jericho, ohne es zu wissen, als sie ihre Hand auf meine Stirn legte. »Du fühlst dich sehr heiß an.«
    »Im Gegenteil –«
    »Ich glaube, ich sollte den Schiffsarzt rufen.«
    »Nein. Ich möchte ihn nicht sehen.«
    »Aber Jonathan –«
    »Nein. Das dürfen wir nicht riskieren! Ich habe mich zu sehr verändert.«
    Dies war ihr gleichgültig, da all ihre Instinkte ihr sagten, dass sie etwas für mich tun sollte.
    »Ich verbiete es dir«, sagte ich. »Zuerst wird er mein Herz abhorchen, und Gott weiß, was er als Nächstes tun wird, wenn er es nicht hören kann. Wahrscheinlich wird er mich zur Ader lassen, und ich weiß, dass dies eine äußerst schlechte Sache wäre.«
    Elizabeth verstand den Sinn meiner Worte. Selbst dem inkompetentesten Medizinmann durfte nicht erlaubt werden, mich zu untersuchen. Außer der Tatsache, dass ich mich nur äußerst widerwillig auch nur von einem einzigen Tropfen meines kostbaren Blutes trennte, war ich nicht in der Lage, irgendetwas anderes zu trinken, was mir möglicherweise als Stärkungsmittel angeboten würde. Kein Glas Wein oder Brandy, kein Abführmittel oder Schlaftrunk konnte meine Lippen passieren; mein veränderter Zustand würde es nicht erlauben.
    »Aber wenn du nur daliegst und leidest...«
    »Es wird mit der Zeit vergehen, das habe ich bereits bei anderen gesehen. Auch plane ich nicht, hier liegen zu bleiben.« Mit einiger Anstrengung zwang ich mich hinzusetzen, als Vorbereitung darauf, aufzustehen.
    Meine liebe Schwester erhob sogleich Einspruch.
    »Es wird mir helfen, also lasse mich gewähren«, meinte ich. »Wenn ich eine Beschäftigung habe, wird die Zeit schneller vergehen, und ich werde weniger an diesen ärgerlichen Zustand denken.«
    Sie tauschte wieder den Platz mit Jericho, was ihm gestattete, mir beim Anziehen meiner Schuhe und meiner Jacke zu helfen und mir stützend den Arm zu reichen, als ich bereit war, aufzustehen.
    »Du fühlst dich überhaupt nicht krank, nicht wahr?«, sagte ich zu ihm, halb als Frage gemeint, halb als Anklage.
    »Nein, Sir, und es ist nur gut so, meinen Sie nicht auch?« Er half mir aus der Tür in einen düsteren und engen Gang.
    Von Natur aus besitzen alle Schiffe, sobald sie sich aufs Meer hinaus wagen und einen Bund mit der tosenden See eingehen, ein Eigenleben. In der Tat war unser Schiff sehr lebendig, was aus der Bewegung des Decks gefolgert werden konnte, als ich vorwärts wankte. Auch besaß es eine Stimme aus knirschendem Holz und dem tiefen und hohlen Klang der See, welche uns schaukelte. Diese Eigenheiten bemerkte ich, doch ich wusste sie durchaus nicht zu schätzen.
    Elizabeth führte uns an Deck, und erst dort füllte ich meine Lungen mit frischer, reinigender Luft. Der Wind war kühl und half mir ein wenig dabei, einen klaren Kopf zu bekommen. Meinen Blick auf den bedeckten grauen Horizont jenseits der Reling zu richten, war keine Hilfe für meinen gereizten Magen, sondern eher eine machtvolle Erinnerung daran, dass vor uns eine lange und einsame Reise lag. Einsam, das heißt, wenn wir das Glück hatten, nicht in Kontakt mit Rebellen oder Freibeutern zu geraten. Ich erinnerte mich an das, was Molly Audy über das Beten gesagt hatte, und schwor, später in dieser Nacht einige Zeit mit dieser Beschäftigung zu verbringen.
    Ich wurde dem Kapitän, einigen seiner Offiziere und mehreren anderen Passagieren vorgestellt, welche ebenfalls frische Luft schnappten. Niemand machte eine Bemerkung darüber, dass er nicht bemerkt hatte, wie ich überhaupt an Bord gekommen war. Dafür konnte ich der natürlichen Geschäftigkeit danken, die entstand, wenn ein Schiff abfahrbereit gemacht wurde, wobei jedermann seine eigenen Angelegenheiten zu richten hatte, ohne Zeit

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