Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der maskierte Tod

Der maskierte Tod

Titel: Der maskierte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
Vom Netzwerk:
Weinvorrat des Wirts getrunken und wird dies am Morgen spüren.«
    Wenn ich ein wenig Glück hatte, würde er sich so elend fühlen, dass er meine Abwesenheit viele Stunden lang nicht bemerken würde. Dies wäre zwar schwer für meinen armen Vetter, aber wesentlich leichter für mich, dachte ich, als Jericho mir die Tür aufhielt, was es mir erlaubte, mich davonzustehlen, um draußen eine weitere Nacht zu verbringen.

KAPITEL 6

Kirchtürme erhoben sich aus den Nebeln der Stadt wie Schiffsmasten, die ihrer Querbalken beraubt waren. Einige waren groß und schmal, andere klein und schmal, und sie alle überragte die mächtige Kuppel von St. Paul. Es war vor allem dieses Monument, welches ich als Orientierungspunkt verwendete, damit es mich zu dem einen Haus führte, nach welchem ich in dem rauchigen Nebel unter mir suchte.
    Nachdem ich das Gasthaus verlassen hatte, verlor ich keine Zeit, um meine materielle Form aufzugeben und mich vom Wind gleichermaßen über Straßen und Hausdächer tragen zu lassen. Villen und Schuppen sahen wegen des Qualms, welcher aus den unzähligen Schornsteinen der Stadt drang, alle gleich aus. Außerdem wurde meine Sicht zusätzlich durch die von mir gewählte Daseinsform beeinträchtigt, und ich gab bereits alle Hoffnung auf, mein Ziel zu erreichen, als ich endlich die Kuppel erspähte. Ich prägte mir ihren Standort genau ein, änderte meine Richtung und schwebte in beträchtlicher Geschwindig- keit voran, weitaus schneller, als ich es selbst auf dem Rücken eines Pferdes hätte schaffen können. Ich war nicht länger auf die verschiedensten Wegmarkierungen angewiesen, welche bei der Navigation durch London sonst notwendig waren, da ich auf diese Weise in der Lage war, eine gerade Linie über die Gruppen von Gebäuden und Bäumen einzuhalten.
    Darüber hinaus musste ich meine Aufmerksamkeit nicht dem Schmutz und den Gefahren der Straße widmen, auch wenn ich trotzdem gegenüber gewissen Risiken anfällig war. Jeder, der zufällig zur falschen Zeit aufblickte oder aus dem Fenster sah, konnte meine vorbeifliegende geisterhafte Gestalt erblicken, aber ich vertraute darauf, dass das miserable Wetter eine solche Möglichkeit vereitelte. Die Fenster, welche ich sah, waren fest verschlossen, und sämtliche Bürger, welche zu dieser späten Stunde im Freien waren, befanden sich wahrscheinlich in einem Zustand fortgeschrittener Trunkenheit. Dann konnte der Anblick eines Geistes als durch die Flasche verursachtes Hirngespinst erklärt und leicht unbeachtet gelassen werden.
    Die Zeit verging, und ich überwand die Strecke ohne Zwischenfall, bis ich ein Viertel erreichte, welches mir bekannt war, obgleich ich mir aus diesem erhabenen Blickwinkel nicht ganz sicher war. Um ganz sicher zu gehen, nahm ich auf dem Dach eines Hauses wieder Gestalt an und beobachtete die umliegenden Gebäude und Straßen.
    Das Haus, nach dem ich suchte, befand sich nur hundert Yards entfernt. Ich war ein wenig stolz auf meine überaus genaue Navigation, aber ich hielt mich nicht lange mit Glückwünschen für mich selbst auf. Der Kohlenstaub lag dick und schwarz auf meinem Beobachtungsposten, und es hatte stark zu regnen begonnen, ein nadelscharfer Eisregen. Ich richtete meinen Blick auf ein bestimmtes Fenster, wurde schwerelos und flog darauf zu. Nachdem ich mein Ziel erreicht hatte, erwiesen sich die Glasscheiben als nur geringfügiges Hindernis. Da ich völlig körperlos geworden war, drängte ich mich durch die kalte, harte Barriere und schwebte dann in dem hinter dem Fenster befindlichen Raum frei in der Luft.
    Allmählich nahm ich wieder Gestalt an, wobei ich auf jede noch so kleine Bewegung in meiner Nähe achtete, um gleich wieder verschwinden zu können, falls nötig. Aber nichts tat sich, nicht einmal, als ich wieder vollkommen materialisiert war und mit meiner gesamten Aufmerksamkeit horchte.
    Einiges gelangte in mein Bewusstsein – die kleinen Verschiebungen im Gebäude, das Zischen und Knallen des Feuers in anderen Zimmern, die letzten Arbeiten, welche träge Bedienstete für die Nacht verrichteten – aber all dies ließ ich unbeachtet, außer dem Geräusch sanften Atmens ganz in meiner Nähe. Leise zog ich die Vorhänge zurück, um mich des Lichtes von draußen zu bedienen, welches mir erlaubte, in einer sonst pechschwarzen Nacht gut zu sehen. Da erkannte ich eine Gestalt, die sich unter Decken in einem großen Bett zusammenrollte. Der Größe der Gestalt nach zu schließen, handelte es sich um einen

Weitere Kostenlose Bücher