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Der maskierte Tod

Der maskierte Tod

Titel: Der maskierte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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einzelnen Mann. Als ich leise näher trat, erkannte ich die bleichen und erschöpften Gesichtszüge von Tony Warburton.
    Er war nun älter, natürlich, aber ich hatte nicht erwartet, dass er in den letzten vier Jahren so schnell verfallen war. Ich hoffte, dass es nur ein Streich des blassen Lichtes war, welcher seine Haare grau färbte und so viele Falten in sein schlaffes Gesicht malte.
    Aber es spielte keine Rolle. Ich konnte mir nicht gestatten, Mitleid mit ihm zu empfinden, ebenso wenig, wie ich Mitgefühl mit Caroline haben konnte. Hätte das Schicksal es anders gewollt, hätten beide mich und andere in ihrem Wahnsinn getötet. Eine andere Art von Wahnsinn hatte sie heimgesucht, sie überwältigt, hatte sie der Pflege anderer überlassen, die mehr Freundlichkeit im Herzen trugen, als ich für sie aufbringen konnte. Obwohl ich die Pflege für Caroline mit vierteljährlichen Geldspenden bezahlte, tat ich dies nur, weil es von mir erwartet wurde. Ich hätte lieber einen verhungernden Hund in der Gosse versorgt, als einem der Monster beizustehen, welche versucht hatten, Elizabeth zu ermorden.
    Genug davon, alter Knabe, dachte ich. Schiebe deinen Ärger beiseite, sonst wird dir dies hier nicht gelingen.
    Ich rüttelte sanft an Warburtons Schulter und rief seinen Namen.
    Er musste einen sehr leichten Schlaf gehabt haben. Seine Augen öffneten sich sofort und blickten ohne Neugier auf diesen nach-mitternächtlichen Eindringling. Er erschrak nicht im Mindesten oder zeigte irgendein Anzeichen dafür, dass er um Hilfe schreien würde. Dies bedeutete keine geringe Erleichte- rung für mich. Ich hatte mich auf eine heftige Reaktion eingestellt und war nun zutiefst dankbar, dass er sich dafür entschied, still zu sein.
    »Erinnerst du dich an mich, Tony?« Ich sprach leise und verhielt mich so, wie ich es gewöhnlich tat, wenn ich ein störrisches Pferd beruhigte.
    Nach einer kurzen Pause nickte er.
    »Ich muss mit dir reden.«
    Ohne ein Wort setzte er sich langsam auf, schlüpfte aus dem Bett und griff nach der Glockenschnur, welche neben ihm hing.
    Ich streckte meine Hand aus, um die seine festzuhalten. »Nein, nein. Lass das sein.«
    »Keinen Tee?«, fragte er. Der Gesichtsausdruck, den er aufgesetzt hatte, besaß eine kindliche Unschuld, und es war schrecklich, dies auf einem Gesicht zu sehen, welches ein so fortgeschrittenes Alter zeigte.
    »Nein, danke«, presste ich hervor. »Wir wollen uns einen Moment hinsetzen.«
    Er begab sich zu einem Sessel vor dem Kamin und machte es sich darin bequem, als sei alles in Ordnung. Der Raum musste nach der Wärme des Bettes für ihn kalt wirken; ich entdeckte Gänsehaut auf seinen nackten Beinen, welche aus seinem Nachthemd ragten, aber er beklagte sich nicht und zeigte auch sonst kein Anzeichen von Unbehagen. Das Feuer war für die Nacht mit Asche belegt; ich schürte es wieder und fügte noch mehr Kohle hinzu.
    »Ist es so besser?«, fragte ich, als die Hitze zunahm.
    Keine Antwort. Er sah mich nicht einmal an. Sein Blick war abgeschweift, als sei er allein.
    »Tony?«
    »Was?« Die Stimme war ebenso ausdruckslos wie zuvor. Ich erinnerte mich, wie lebhaft er einst gewesen war.
    »Erinnerst du dich an Nora Jones?«
    Er zwinkerte einmal. Ein zweites Mal. Dann nickte er.
    »Wo ist sie?«
    Er zog die rechte Hand an die Brust, wiegte und rieb das krumme Handgelenk mit der linken. Es war nach dieser schrecklichen Nacht, in der er Nora und mich angegriffen hatte, nicht mehr richtig geheilt.
    »Nora ist gekommen, um dich zu besuchen, nicht wahr?«
    Sein Blick wanderte zuerst zur Tür, dann zum Fenster. Er musste sich leicht in seinem Sessel drehen, um hinzusehen.
    »Hat sie dich zu später Stunde besucht? Kam sie durch das Fenster?« Langsames Nicken. Er starrte weiterhin auf das Fenster, und etwas wie Hoffnung flackerte über sein Gesicht. »Nora?«
    »Wann war sie zuletzt hier?« Ich musste diese Frage mehrmals wiederholen, nachdem ich endlich seine Aufmerksamkeit gewonnen hatte.
    »Ich weiß nicht«, antwortete er. »Es ist lange her.«
    Dies war eine subjektive Aussage. Gott weiß, was er damit meinte. »War es diese Woche? Diesen Monat?«
    »Es ist lange her«, sagte er kummervoll. Dann nahm sein Gesicht einen schärferen Ausdruck an, und er setzte sich ein wenig gerader hin. Ein Funke seines alten Verhaltens und Verstandes loderte in seinen Augen auf. »Sie liebt dich nicht. Sie liebt mich. Ich bin derjenige, um den sie sich sorgt. Und sonst niemand.«
    »Wo ist sie?«
    »Nur

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