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Der maskierte Tod

Der maskierte Tod

Titel: Der maskierte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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verehren ihn«, wandte ich ein, ein letzter zweckloser Protest.
    »Ein wenig zu sehr, findest du nicht?«
    »Aber warum sollten sie das tun?«
    Er zuckte die Achseln. »Das kann ich dir nicht sagen, aber ich habe bereits Hunde gesehen, die ihren Herren die Stiefel geleckt haben, nachdem sie getreten wurden. Vielleicht lässt sich das gleiche Prinzip auf irgendeine Art auch hier anwenden.«
    »Es ist abscheulich.«
    »Ich kann auch Unrecht haben, aber als ich noch ein Junge war, hörte ich – zufällig – grässliche Dinge von den Bediensteten. Ich hörte einigen Erwachsenen zu, als sie dachten, sie seien alleine. Damals verstand ich es nicht, aber im Rückblick, nach dieser Nacht, ergibt es nun für mich einen Sinn.«
    Und für mich ebenfalls. Ich erinnerte mich daran, wie ich in Mutters Schlafzimmer geschlichen war, um Einfluss auf sie auszuüben, damit sie Vater keinen Schaden mehr zufügte. Was sie gemurmelt hatte, bevor sie aufwachte ...
    kein Wunder, dass Oliver sich übergeben musste. Ich fühlte mich im Augenblick so, als ob ich seinem Beispiel folgen musste.
    »Unter diesen Umständen sieht die Angelegenheit ein wenig anders aus, nicht wahr?«, fragte er in bitterem Ton.
    Wohl wahr. Es schien einen entstellenden Schatten auf meine gesamte Vergangenheit zu werfen. Wusste Vater davon, oder vermutete er etwas? Ich konnte mich an nichts erinnern, das mir eine Antwort liefern könnte, aber ich nahm an, dass es nicht so war. Zwischen uns herrschte eine Art von Überein- kunft, welche solche Geheimnisse nicht zulassen würde, egal wie hässlich sie auch immer sein mochten.
    Oliver griff zögernd erneut nach der Flasche, änderte dann aber seine Meinung. Er legte seine Hände zusammen, wobei eine die andere umklammerte. Er rang sie. Als ihm dies bewusst wurde, zwang er sich sie mit den Handflächen flach auf den Tisch zu legen und still zu halten.
    »Es ist nicht so, als sei irgendetwas davon deine Schuld, weißt du«, sagte ich.
    »Es geschah vor einer langen Zeit. Das macht es nicht weniger zu einer Tragödie, aber es ist nicht unsere Tragödie.«
    Er starrte eine Weile stirnrunzelnd auf seine Handrücken und pochte dann mit den Fingern gegen das fleckige Holz. »Ich hatte gehofft...« Er holte tief Luft und entließ sie mit einem großen Seufzer wieder. »Ich hatte gehofft, du würdest vernünftig mit mir darüber reden. Es ist so schwer, immer ein Esel zu sein.«
    »Du bist kein Esel, um Gottes willen.«
    »Ja, mir ist dies auch bewusst, aber nur wenige andere Leute wissen es. Ich kann mich sehr glücklich schätzen, dass du einer von ihnen bist.«
    »Oliver –«
    »Oh, lass mich dir einfach danken.«
    »In Ordnung.« Ich war ein wenig überrascht und verlegen. Er begegnete meinem Blick. »Ich danke dir.«
    »Nichts zu danken.«
    Nachdem dies erledigt war, entspannte sich seine verkrümmte Haltung wieder, und eine Spur seiner früheren fröhlicheren Art kam zum Vorschein.
    »Und nun, mein lieber Vetter, möchte ich mich betrinken wie ein Bierkutscher – oder noch schlimmer.«
    Es war eine hervorragende Idee, aber wenn man lediglich ein Beobachter statt eines Teilnehmers an einem Trinkgelage ist, verliert man rasch das direkte Interesse an den Vorgängen. Es war in ›The Oak‹ das Gleiche gewesen, als ich eine Runde ausgegeben hatte, nur um freundlich zu sein, und dann entweder vorgeben musste, zu trinken, oder höflich abzulehnen gezwungen war. Die Männer dort hatten sich schließlich an meine exzentrische Art gewöhnt und vergaßen niemals, auf meine Gesundheit anzustoßen. Der schwierige Teil der Angelegenheit bestand darin, zuzusehen, wie sie allmählich lauter und fröhlicher wurden, als der Abend fortschritt, während ich stocknüchtern blieb. Ich vermisste diese unbeschwerte Ausgelassenheit, das schuldbeladene Hochgefühl, welches entstand, wenn ich etwas tat, was ohne Frage schlecht für mich war und die Hingabe an den Genuss, den die Flasche spendete und die Glieder schwer werden ließ.
    In Cambridge hatte ich sehr viel getrunken, gemeinsam mit meinem Vetter und unseren Kameraden. Es war ein Wunder, dass wir überhaupt Gelegenheit zum Studieren fanden. Einige von ihnen taten dies nicht. Ich erinnerte mich an einen Burschen, der zu seinem Medizinexamen randvoll mit Brandy erschien. Die Professoren, welche ihn befragten, wussten dies sehr wohl, aber sie ließen ihn die Prüfung bestehen, als er sie mit seiner schlauen Antwort auf eine schwierige Frage zum Lachen brachte. Selbst nachher noch behielt

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