Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Matarese-Bund

Der Matarese-Bund

Titel: Der Matarese-Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
einfach in jenem Feld sterben, während das Sonnenlicht Gottes sich über den Himmel ausbreitete. Es befahl mir zu leben, müssen Sie wissen.
    Ich versuchte zu überlegen, was ich tun könnte, wohin ich gehen könnte. Jenseits der Hügel, an der Küste waren andere große Häuser, die anderen Padrones gehörten, Freunden von Guillaume. Ich fragte mich, was wohl geschehen würde, sollte ich in einem dieser Häuser erscheinen und um Unterschlupf und Barmherzigkeit bitten. Dann sah ich, wie falsch es war, so zu denken. Jene Männer waren nicht mein Padrone; sie waren Männer mit Frauen und Familien, und ich war die Hure der Villa Matarese. Solange Guillaume lebte, mußte meine Anwesenheit geduldet werden, ja man mußte sich sogar darüber freuen, denn der große Mann wollte es nicht anders haben. Aber seit er tot war, war ich das auch.
    Dann erinnerte ich mich. Es gab einen Mann, der in einem Anwesen in Zonza die Stallungen pflegte. Er war freundlich zu mir gewesen, wenn wir dort zu Besuch waren und ich die Pferde seines Arbeitgebers ritt. Er hatte oft gelächelt und mir gezeigt, wie man richtig im Sattel saß, denn er sah, daß ich nicht für die Jagd geboren war. Ich hatte dies zugegeben, und wir hatten zusammen gelacht. Jedesmal hatte ich den Blick in seinen Augen gesehen. Ich war an Blicke der Begierde gewöhnt, aber in seinen Augen war etwas anderes als das. Da waren Verstehen und Sanftmut, vielleicht sogar Respekt – nicht für das, was ich war, sondern für das, was ich nicht zu sein vorgab.
    Ich blickte zur Morgensonne und wußte, daß Zonza zu meiner Linken lag, wahrscheinlich hinter den Bergen. Ich machte mich auf den Weg.
    Er wurde mein Ehemann. Obwohl ich das Kind von Guillaume de Matarese trug, nahm er es als sein eigenes Kind an und gab uns in den Tagen seines Lebens Liebe und Schutz. Jene Jahre und das Leben, das wir in jener Zeit führten, gehen Sie nichts an; sie haben keinen Bezug zum Padrone. Es genügt zu sagen, daß uns kein Schaden widerfuhr. Jahrelang lebten wir weit im Norden, in Vescovato, fern der Hügelleute, und wagten nie, ihr Geheimnis zu erwähnen. Man konnte die Toten nicht zurückholen, Sie verstehen. Der Mörder und sein mörderischer Sohn – der Mann und der Hirtenjunge – waren aus Korsika geflohen.
    Ich habe Ihnen die Wahrheit berichtet, alles, was ich weiß.
    Wenn Sie noch Zweifel haben, kann ich sie nicht ausräumen.
    Wieder hatte sie geendet.
    Taleniekov stand auf und ging langsam zu dem Ofen mit der Teekanne. »Per nostro circolo«, sagte er und sah Scofield an. »Siebzig Jahre sind verstrichen, und die würden Sie immer noch um ihres Grabes willen töten.«
    »Perdona?« Die alte Frau verstand nicht Englisch, und so wiederholte der KGB-Mann, was er gesagt hatte, auf italienisch. Sophia nickte. »Das Geheimnis wird vom Vater auf den Sohn überliefert. Dies sind zwei Generationen, die geboren wurden, seit das Land ihnen gehört. Das ist keine lange Zeit. Sie haben immer noch Angst.«
    »Es gibt keine Gesetze, die es ihnen wegnehmen könnten«, sagte Bray. »Ich bezweifle, daß es je solche Gesetze gab. Man hätte Männer ins Gefängnis schicken können, weil sie das Wissen um das Massaker zurückhielten, aber wer hätte in jenen Tagen schon Anklage erhoben? Sie haben die Toten begraben, das war ihre Verschwörung.«
    »Es gab eine schlimmere Verschwörung. Sie haben ihnen die geheiligten Sakramente vorenthalten.«
    »Darüber hat ein anderes Gericht zu urteilen. Von dem weiß ich nichts.« Scofield sah den Russen an, dann wanderten seine Augen wieder zu den blinden Augen vor ihm zurück. »Warum sind Sie zurückgekommen?«
    »Weil ich konnte. Und ich war alt, als wir dieses Tal fanden.«
    »Das ist keine Antwort.«
    »Die Leute der Hügel glauben eine Lüge. Sie denken, der Padrone hätte mich geschont, mich weggeschickt, ehe die Gewehre ihr Werk taten. Für andere bin ich eine Quelle der Angst und des Hasses. Man flüstert, Gott hätte mich geschont als Symbol ihrer Sünde, aber von Gott geblendet, um nie ihr Grab in den Wäldern zu offenbaren. Ich bin die blinde Hure der Villa Matarese, man erlaubt mir zu leben, weil sie Angst haben, das Leben einer Frau zu nehmen, die Gott als lebende Erinnerung an ihre Tat zu ihnen geschickt hat.«
    Taleniekov sprach von der anderen Seite des Ofens her. »Aber Sie sagten vor einer Weile, daß sie nicht zögern würden, Sie zu töten, wenn Sie diese Geschichte erzählten. Vielleicht selbst wenn sie wüßten, daß Sie sie kennen. Und doch

Weitere Kostenlose Bücher