Der Matarese-Bund
hätten.«
»Warum?« fragte Bray.
»Der Spanier – der Mann, den Matarese getötet hat – ist ausgestrichen, aber zwei dieser Namen werden Sie verblüffen. Es sind, gelinde gesagt, prominente Namen. Hier.« Taleniekov trat neben Scofield und hielt das Papier vorsichtig mit zwei Fingern, um es nicht noch mehr zu beschädigen. Bray nahm es in die Hand.
»Das glaube ich nicht«, sagte Scofield, als er die Namen las. »Ich würde das gerne analysieren lassen, um sicherzugehen, daß es nicht vor fünf Tagen geschrieben wurde.«
»Das wurde es nicht«, sagte der KGB-Mann, »Ich weiß. Das macht mir solche Angst.«
»Perdona?« Sophia Pastorine stand neben dem Regal. Bray antwortete in italienischer Sprache.
»Wir kennen zwei dieser Namen. Es sind wohlbekannte Männer…«
»Aber es sind nicht die Männer«, unterbrach ihn die alte Frau und stieß mit dem Stock auf den Boden. »Keiner von ihnen! Es sind nur die Erben! Sie werden von einem anderen gelenkt. Er ist der Mann!«
»Wovon reden Sie? Wer?«
Der Hund knurrte. Weder Scofield noch Taleniekov achteten darauf; eine ärgerliche Stimme war erklungen. Das Tier stand auf, jetzt knurrte es noch lauter. Die beiden Männer – ganz auf Sophia konzentriert – ignorierten es noch immer. Nicht so die alte Frau. Sie hob Schweigen gebietend die Hand. Sie sprach, und an die Stelle ihres Ärgers war jetzt Besorgnis getreten.
»öffnen Sie die Tür. Rufen Sie meine Enkeltochter. Schnell!«
»Was ist?« fragte der Russe.
»Männer kommen. Sie kommen durch das Dickicht, Uccello hört sie.«
Bray ging schnell zur Tür. »Wie weit entfernt sind sie?«
»Auf der anderen Seite des Bergkamms. Fast hier. Schnell!« Scofield öffnete die Tür und rief hinaus: »Sie! Antonia. Kommen Sie her. Schnell!«
Der Hund knurrte immer noch und hatte die Zähne freigelegt. Sein Kopf war vorgeschoben, die Beine gestreckt und straff, bereit zu verteidigen oder anzugreifen. Bray ließ die Tür offen, trat an eine Kommode und nahm ein Salatblatt. Er riß es in zwei Stücke und legte den gelben Papierfetzen dazwischen und faltete das Ganze dann zusammen. »Ich stecke das in die Tasche«, sagte er zu dem KGB-Mann.
»Ich hab' mir die Namen und die Länder gemerkt«, erwiderte Taleniekov. »Aber das haben Sie bestimmt auch.«
Das Mädchen rannte durch die Tür, atemlos, die Jacke nur teilweise zugeknöpft, die Lupara in der Hand und die beiden Automatikpistolen in den Seitentaschen. »Was ist los?«
Scofield drehte sich herum. »Ihre… Großmutter hat gesagt, daß Männer kommen. Der Hund hat sie gehört.«
»Auf der anderen Seite des Hügels«, unterbrach die alte Frau. »Neunhundert Schritte vielleicht, nicht mehr.«
»Warum sollten sie das tun?« fragte das Mädchen. »Warum sollten sie kommen?«
»Haben sie dich gesehen, mein Kind? Haben sie Uccello gesehen?«
»Das müssen sie wohl. Aber ich habe nichts gesagt. Ich habe sie nicht gestört. Sie hatten keinen Grund zu der Annahme…«
»Aber sie haben dich am Tag vorher gesehen«, sagte Sophia Pastorine, sie damit erneut unterbrechend. »Ja. Ich habe die Sachen gekauft, die du haben wolltest.«
»Warum solltest du dann zurückkommen?« Das war eine rein rhetorische Frage. »Das haben sie zu verstehen versucht, und sie haben es verstanden. Sie sind Männer der Hügel, sie prüfen das Gras und die Erde und sehen, daß drei Menschen die Spur hinterlassen haben, nicht einer. Ihr müßt weg. Ihr alle!«
»Das werde ich nicht tun, Großmutter!« rief Antonia. »Sie werden uns nichts zuleide tun. Ich werde sagen, daß man mir vielleicht gefolgt ist, aber ich weiß nichts.«
Die alte Frau blickte starr nach vorne. »Sie haben, was Sie haben wollten, Signori. Nehmen Sie es. Nehmen Sie sie. Gehen Sie!«
Bray wandte sich dem Mädchen zu. »Das sind wir ihr schuldig«, sagte er. Er nahm ihr die Schrotflinte weg. Sie versuchte, sich zu wehren, aber Taleniekov preßte ihr die Arme an den Leib und zog ihr die Browning und die Graz-Burya aus den Taschen. »Sie haben gesehen, was dort unten geschehen ist«, fuhr Scofield fort. »Tun Sie, was sie von Ihnen verlangt.«
Der Hund rannte zur offenen Türe und bellte wild. Aus der Ferne trug die Morgenbrise Stimmen zu ihnen herüber; Männer riefen anderen zu, die ihnen folgten.
»Gehen Sie!« sagte Sophia Pastorine.
»Kommen Sie.« Bray stieß Antonia vor sich her. »Wir kommen nachher zurück. Wir sind noch nicht fertig.«
»Einen Augenblick, Signori!« rief die blinde Frau. »Ich glaube, wir
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