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Der Matarese-Bund

Der Matarese-Bund

Titel: Der Matarese-Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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London und natürlich auch Berlin. Er hatte es ihr nicht gesagt, sein wahres Berufsleben hatte sie nie gekannt. Dann lernte sie es mit Endgültigkeit kennen. Wären die Dinge anders gelaufen, hätte er ihr vielleicht eines jener Konten übertragen. Er wollte sich von den Consular Operations in eine zivilisierte Abteilung des State Department versetzen lassen.
    Verdammt! Er hatte das vorgehabt! Es war nur eine Frage von Wochen gewesen!
    »Sie sind so weit weg.«
    »Was?« Bray führte das Glas an die Lippen; das war eine Reflexbewegung, denn er hatte es bereits geleert. Es kam ihm in den Sinn, daß er zuviel trank.
    »Sie sehen mich an, aber ich glaube nicht, daß Sie mich sehen.«
    »Sicher sehe ich Sie. Der Hut fehlt mir. Ich mochte den weißen Hut.«
    Sie lächelte. »In geschlossenen Räumen trägt man keinen Hut. Der Kellner, der uns das Abendessen brachte, hätte mich für albern gehalten.«
    »Bei Crispis haben Sie ihn auch getragen. Der Kellner hielt Sie nicht für albern.«
    »Ein Restaurant ist etwas anderes.«
    »Beides sind Innenräume.« Er stand auf und füllte sich sein Glas.
    »Nochmals vielen Dank für alles.« Antonia sah auf die Schachteln und Einkaufstüten neben dem Stuhl. »Es ist wie Weihnachten, ich weiß nicht, welche ich als nächste öffnen soll.« Sie lachte. »Aber in Korsika gab es nie ein solches Weihnachten! Papa hätte einen Monat gegrollt, wenn er solche Dinge gesehen hätte. Ja, ich danke Ihnen wirklich.«
    »Nicht nötig.« Scofield stand immer noch am Tisch und füllte Whisky in sein Glas. »Das sind Gegenstände, Ausrüstungsgegenstände. Wie eine Schreibmaschine, eine Additionsmaschine oder Aktenschränke. Die gehören zu Ihrem Job.«
    »Ich verstehe.« Sie legte den Rock und die Bluse in die Schachtel zurück. »Aber Sie nicht«, sagte sie.
    »Wie bitte?«
    »Niente. Hilft Ihnen der Whisky, sich zu entspannen?«
    »Das könnte man sagen. Möchten Sie auch einen?«
    »Nein, danke. Ich bin viel entspannter, als ich das seit langer Zeit war. Es wäre Verschwendung.«
    »Jedem das Seine«, sagte Scofield und ließ sich in einen Sessel sinken. »Sie können ja zu Bett gehen, wenn Sie wollen. Morgen wird ein langer Tag.«
    »Stört Sie meine Gesellschaft?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Aber Sie ziehen vor, alleine zu sein.«
    »Darüber hatte ich nicht nachgedacht.«
    Sie pflegte das auch zu sagen. In West-Berlin, wenn es Probleme gab; wenn ich für mich alleine dasaß und so zu denken versuchte, wie die anderen denken würden. Sie redete, und ich hörte sie nicht. Dann wurde sie immer böse – nun, nicht böse, verletzt – und sagte: »Du würdest lieber alleine sein, nicht wahr?« Damit hatte sie recht, aber ich konnte ihr das nicht erklären. Vielleicht wenn ich es ihr erklärt hätte… Vielleicht hätte eine Erklärung als Warnung genügt.
    »Wenn Sie etwas beschäftigt, warum reden Sie dann nicht darüber?«
    O Gott, die gleichen Worte. In West-Berlin.
    »Hören Sie auf zu versuchen, jemand anders zu sein!« Er hörte, wie seine eigene Stimme den Satz schrie. Das war der Whisky, der verdammte Whisky! »Tut mir leid, das habe ich nicht so gemeint«, fügte er schnell hinzu und stellte das Glas ab. »Ich bin müde und ich habe zu viel getrunken. Ich habe es nicht so gemeint.«
    »Natürlich haben Sie das«, sagte Antonia und stand auf. »Ich glaube, ich verstehe jetzt. Aber Sie sollten auch verstehen. Ich bin nicht jemand anders. Ich mußte so tun, als wäre ich jemand anders. Das ist die sicherste Methode, um sich kennenzulernen. Ich bin ich; Sie haben mir geholfen – diese Person wiederzufinden.« Sie drehte sich um und ging schnell ins Schlafzimmer und schloß die Türe hinter sich.
    »Toni, es tut mir leid…« Bray stand auf. Er war wütend auf sich. In seinem Ausbruch hatte er viel mehr offenbart, als er wollte. Er ärgerte sich, daß er die Kontrolle über sich verloren hatte.
    Es klopfte an der Korridortür; Scofield fuhr herum. Er spürte instinktiv das Halfter, das unter seiner Jacke hing. Er trat neben die Türe und fragte:
    »Si? Chi e?«
    »Un messagio, Signor Pastorine. Da vostra amico, Crispi. Di Via Frascati.«
    Bray schob die Hand in die Jacke, überprüfte die Sicherungskette an der Tür und öffnete sie. Im Korridor stand der Kellner von Crispi, der sie bedient hatte. Er hielt einen Umschlag in der Hand und reichte ihn Scofield durch den Türschlitz. Crispi war kein Risiko eingegangen; sein eigener Mann war der Bote.
    »Grazie. Un momento«, sagte Bray und

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