Der Matarese-Bund
sprechen, oder es gar mit Russisch zu versuchen. Man sagte mir, Ihr Englisch sei ebensogut wie das, welches man in Washington spricht.«
»Wahrscheinlich besser«, stieß Wassili zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Zaimis?«
»Nie gehört. Wir dachten, Sie wären aus Sewastopol raus.«
»Das bin ich auch. Wo ist Zaimis? Ich muß ihn sprechen.«
Der Amerikaner überging die Frage. »Sie haben Nerven, das muß man Ihnen lassen. Hier ist wirklich niemand vom KGB.«
»Sind Sie da sicher?«
»Absolut. Wir haben ein ganzes Rudel Nachteulen draußen. Die sehen im Dunkeln. Sie haben Sie gesehen. Ein Geigenkasten – du liebe Güte!«
»Sehen sie ins Wasser?«
»Das machen Möwen.«
»Sie sind sehr gut organisiert, Sie und die anderen Vögel.«
»Und Sie sind weniger schlau, als alle sagen. Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht? Ein wenig persönliche Aufklärung?«
Wassili spürte, wie der Druck auf seinen Rippen sich lockerte. Er hörte ein gedämpftes Geräusch, als ein Gegenstand aus einer Gummihülle gezogen wurde. Eine Serumampulle. Eine Nadel. »Nicht!« sagte er entschlossen. »Tun Sie das nicht! Warum glauben Sie, daß ich alleine hier bin? Ich will raus.«
»Schon gut, das sollen Sie haben. Ich würde sagen, ein Verhörhospital irgendwo in Virginia, vielleicht auf drei Jahre.«
»Nein. Sie verstehen nicht. Ich muß mit jemand Verbindung aufnehmen. Aber nicht auf die Weise.«
»Das können Sie ja den netten Ärzten sagen. Die hören sich alles an, was Sie sagen.«
»Dafür ist keine Zeit!« Es war auch keine Zeit. Taleniekov spürte, wie sich das Gewicht des Mannes verlagerte. In wenigen Sekunden würde eine Nadel seine Kleider durchstoßen und sich in sein Fleisch bohren. Das durfte nicht sein! Er konnte nicht offiziell mit Scofield in Verbindung treten!
Niemand wagt zu reden. Das zuzugeben wäre eine Katastrophe… für die Regierungen überall. Die Matarese.
Wenn er in Moskau vernichtet werden konnte, würden die Amerikaner sich nichts dabei denken, ihn zum Schweigen zu bringen.
Wassili hob die rechte Schulter – eine Geste des Schmerzes wegen des Revolverlaufes, der sich immer noch in seine Nierenpartie bohrte. Die Waffe verstärkte abrupt ihren Druck – eine Reaktion auf die Bewegung. In diesem kurzen Augenblick konzentrierte sich der Druck der Hand, die die Waffe hielt, auf die Handfläche, nicht den Zeigefinger. Darauf war Taleniekovs Bewegung abgestimmt.
Er wirbelte nach links herum. Sein Arm schoß in die Höhe, krachte auf den Ellbogen des Amerikaners herunter und preßte ihn gegen seine Hüfte. Dann stieß er die Finger seiner rechten Hand in die Kehle des Mannes und nahm ihm die Luft weg. Der Revolver fiel zu Boden. Der in dem Lagerhaus herrschende Lärm übertönte das Geräusch. Wassili hob die Waffe auf und stieß den CIA-Agenten gegen eine Containerwand. In seinem Schmerz hielt der Amerikaner die Spritze nur locker in der linken Hand. Jetzt fiel auch sie zu Boden. Seine Augen waren glasig, aber noch wach.
»Jetzt hören Sie mir zu«, sagte Taleniekov und schob sein Gesicht dicht an das von Zaimis. »Ich weiß seit beinahe sieben Monaten über die ›Operation Dardanellen‹ Bescheid. Ich weiß, daß Sie Zaimis sind. Sie leiten hier mittelmäßige Transporte. Wichtig sind sie nicht. Aber das ist nicht der Grund, warum ich sie nicht habe auffliegen lassen. Ich dachte, Sie könnten mir eines Tages nützlich sein. Die Zeit ist jetzt gekommen. Das können Sie akzeptieren oder nicht.«
»Taleniekov flieht?« fragte Zaimis und hielt sich den Hals. »Unmöglich. Sie sind doch Gift.«
»Sie haben recht. Ich fliehe nicht. Wenn ich je auf die Idee käme, würde ich vor Ihnen mit den Briten oder den Franzosen Verbindung aufnehmen. Ich habe gesagt, daß ich Rußland verlassen will, nicht es verraten.«
»Sie lügen«, zischte der Amerikaner. Seine Hand rutschte langsam zum Revers seiner schweren Tuchjacke herunter. »Sie können überall hingehen, wo Sie wollen.«
»Im Augenblick leider nicht. Es gibt Komplikationen.«
»Was haben Sie denn angestellt? Sind Sie Kapitalist geworden? Mit ein paar Geldsäcken durchgegangen?«
»Kommen Sie schon, Zaimis. Wer von uns hätte denn nicht seine kleinen Sonderfonds? Wo haben Sie denn Ihren? Wohl nicht in Athen, und Rom ist zu wenig stabil. Berlin oder London, würde ich annehmen. Meines ist ganz normal angelegt: Pfandbriefe von der Chase Manhattan, New York City.«
Der Ausdruck des CIA-Mannes blieb passiv, sein Daumen glitt jetzt
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