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Der Matarese-Bund

Der Matarese-Bund

Titel: Der Matarese-Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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lag. Sie hatte sich die Decke über den Kopf gezogen. Die Jahre hatten sie gelehrt, nächtliche Anrufe nicht wahrzunehmen und durchzuschlafen. Er dachte über den Anruf nach, den er soeben erhalten hatte. Es war zu einfach. Zu durchsichtig. Scofield versuchte, durch angebliche, spontane Reisen seine Spur zu verwischen; ein erschöpfter Mann, der eine Weile untertauchen wollte. Aber da lag ein Widerspruch: Scofield war kein Mann, der je so erschöpft sein konnte, daß er irgend etwas ohne Grund tat. Er hatte seine Spuren absichtlich verwischt… und das bedeutete, daß er den Abwehroffizier aus Brüssel tatsächlich getötet hatte. KGB. Brüssel. Taleniekov.
    Ost-Berlin.
    Taleniekov und der Mann aus Brüssel hatten in Ost-Berlin zusammengearbeitet. In einer »relativ autonomen Abteilung des KGB« – das bedeutet Ost-Berlin… und darüber hinaus.
    Washington? Hatte jene »relativ autonome« Einheit aus OstBerlin Leute nach Washington geschickt? Unmöglich war das nicht. Das Wort »autonom« hatte zwei Bedeutungen. Es diente nicht nur dazu, Vorgesetzte von bestimmten Handlungen ihrer Untergebenen freizusprechen, sondern es wies auch auf Bewegungsfreiheit hin. Ein CIA-Agent in Lissabon konnte vielleicht einen Mann nach Athen verfolgen. Warum nicht? Er war mit einer bestimmten Operation vertraut. Umgekehrt würde ein KGB-Agent in London einen der Spionage Verdächtigen nach New York verfolgen. Wenn er die dazu nötige, allgemeine Erlaubnis hatte, lag das durchaus im Bereich seiner Pflichten. Taleniekov hatte schon in Washington gearbeitet; man vermutete, daß er innerhalb der letzten zehn Jahre wenigstens ein dutzendmal in die Vereinigten Staaten gereist war.
    Taleniekov und der Mann aus Brüssel. Das war die Verbindung, die sie untersuchen mußten. Congdon lehnte sich vor und griff nach dem Telefon, hielt dann aber inne. Das richtige Timing war jetzt von überragender Wichtigkeit. Die Telegramme waren vor beinahe zwölf Stunden in Amsterdam, Marseille und Prag eingegangen. Nach verläßlichen Informanten hatten sie die Empfänger aufs äußerste erschreckt. In allen drei Städten hatten Stellen im Untergrund auf die Nachricht von Scofields »unrettbarem« Verhalten mit Panik reagiert. Es bestand die Gefahr, daß Namen verraten, Männer und Frauen gefoltert, getötet wurden und ganze Netze aufflogen. Es galt, keine Zeit zu verlieren. Beowulf Agate mußte eliminiert werden. Am frühen Abend hatte er die Nachricht erhalten, daß in Prag und Marseille bereits zwei Männer als seine Killer ausgewählt worden waren. Sie befanden sich schon auf dem Flug nach Washington. Es war nicht damit zu rechnen, daß es bei der Grenzkontrolle irgendwelche Schwierigkeiten geben würde. Ein dritter sollte Amsterdam noch vor dem Morgen verlassen; in Amsterdam war jetzt Morgen.
    Bereits am Mittag würde ein Exekutionskommando in Washington sein, das völlig getrennt von der Regierung der Vereinigten Staaten operierte. Jeder Mann sollte dieselbe Telefonnummer anrufen, eine Geheimnummer im Getto von Baltimore. Die Person, die jenes Telefon besetzt hielt, würde jegliche Information, die inzwischen über Scofield gesammelt worden war, weitergeben. Nur ein Mann konnte diese Informationen nach Baltimore weitergeben. Der Verantwortliche: Der Direktor von Consular Operations. Niemand sonst in der Regierung der Vereinigten Staaten hatte die Nummer.
    Ob sich noch eine letzte Verbindung herstellen ließ? überlegte Congdon. Es war so wenig Zeit. Dieses Vorgehen erforderte außergewöhnlich gründliche Zusammenarbeit. Konnte er diese Kooperation erbitten, ja auch nur ansprechen? So etwas war noch nie geschehen. Aber wenn es möglich war, dann würde vielleicht ein Versteck aufgedeckt und eine doppelte Exekution stattfinden.
    Er war im Begriffe gewesen, den Außenminister anzurufen und ihm ein sehr ungewöhnliches Treffen am frühen Morgen mit dem sowjetischen Botschafter vorzuschlagen. Aber die diplomatischen Komplikationen würden zuviel Zeit beanspruchen, da ja keine der beiden Seiten sich zu Gewalt bekennen wollte. Es gab eine bessere Möglichkeit, gefährlich zwar, aber wesentlich direkter.
    Congdon stieg leise aus dem Bett, ging die Treppe hinunter und betrat den kleinen Raum, der ihm zu Hause als Büro diente. Er trat an seinen Schreibtisch, der mit dem Boden verschraubt war und dessen rechte, untere Schublade einen Safe mit einem Kombinationsschloß verbarg. Er knipste die Schreibtischlampe an, öffnete die linke Schubladenfront und drehte das

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