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Der Medicus von Saragossa

Titel: Der Medicus von Saragossa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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nachts immer an seiner Seite, als seine Streitaxt.
    Das Gut war kein bequemer Zufluchtsort. Die schwere Arbeit brachte nur ein paar elende Sueldo ein und nahm jede Minute des Tageslichts in Anspruch. Aber es gab Brot und Zwiebeln, und manchmal Grütze oder eine dünne Suppe. Nachts träumte Jona gelegentlich von Lucia Martin, öfters aber von dem Fleisch, das er, ohne je darüber nachzudenken, im Haus seines Vaters gegessen hatte, gebratenen Hammel und Zicklein, und an jedem Sabbatabend geschmortes Geflügel. Sein Körper verlangte nach Fett, schrie nach Fett.
    Als das Wetter kühler wurde, wurden auf der Farm Schweine geschlachtet, und die Abfälle und schlechteren Fleischstücke wurden den Arbeitern hingeworfen, die sich gierig darauf stürzten. Jona wußte, daß er das Schweinefleisch essen mußte; es nicht zu tun wäre sein Untergang gewesen. Und zu seinem großen Entsetzen stellte er fest, daß die rosigen Schnipsel ihm sehr gut schmeckten. So sagte er stumm einen Segensspruch für Fleisch über den Schweineabfällen auf, und während er sich noch fragte, was er da tat, wußte er zugleich, daß er verdammt war.
    Das alles machte seine Einsamkeit und Verzweiflung noch schlimmer. Er sehnte sich nach einer menschlichen Stimme, die Ladino oder Hebräisch mit ihm sprach. Jeden Morgen und jeden Abend sagte er das Trauerkaddisch auf und ließ die Worte danach noch lange auf sich wirken. Manchmal sang er bei der Arbeit auch stumm Sätze aus der Schrift oder die Segenssprüche und Gebete, die bis vor kurzem noch sein Leben bestimmt hatten.
    Er war bereits sieben Wochen auf dem Hof, als die Soldaten zurückkehrten. Seit er andere über sie hatte reden hören, wußte er, daß sie zur Santa Hermandad, zur Heiligen Bruderschaft, gehörten, einem Verband örtlicher Milizen, die der spanische Thron zu einer landesweiten Polizeitruppe zusammengeschlossen hatte.
    Am frühen Nachmittag schnitt er eben Gestrüpp, als plötzlich Capitán Astruells vor ihm stand.
    »Was! Du bist immer noch da?« fragte der Capitán, und Jona konnte nur nicken.
    Kurze Zeit später sah er Astruells im Gespräch mit dem Gutsverwalter Jose Galindo, und die beiden Männer starrten zu ihm herüber.
    Der Anblick ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Jona wußte, was geschehen würde, wenn der Offizier anfing, Nachforschungen anzustellen.
    Den Tag beendete er in einem Miasma der Furcht. Als die Nacht hereinbrach, führte er seinen Esel hinaus in die Dunkelheit. Es standen ihm noch einige Münzen für seine Arbeit zu, aber er verzichtete darauf und nahm statt dessen die kaputte Hacke mit.
    Sobald er sich sicher genug wähnte, bestieg er den Esel und ritt davon.
    Nachdem der Esel so lange hatte Gras weiden dürfen, war seine Verdauung deutlich besser geworden. Das Tier bewegte sich so gleichmäßig und war so fügsam, daß Jona es endgültig ins Herz schloß.
    »Du mußt einen Namen haben«, sagte er und tätschelte ihm den Hals.
    Nach langer und reiflicher Überlegung entschied Jona sich für zwei Namen.
    Für sich und in der Dunkelheit der Nacht wollte er das gute und treue Tier Mose nennen, zu Ehren von zwei Männern: des einen, der die Hebräer aus der ägyptischen Gefangenschaft geführt hatte, und zu Ehren von Mose ben Maimon, dem großen Philosophen und Arzt.
    »Und in Gegenwart von anderen will ich dich Pedro nennen«, vertraute er dem Esel an.
    Es waren durchaus passende Namen für den Begleiter eines Jungen, der ebenfalls mehrere Namen hatte.
    Vorsichtig wie bei seiner ersten Etappe ritt er zwei Nächte lang nur in der Dunkelheit und suchte sich bei Tageslicht Verstecke für Mose und sich selbst. Die Trauben in den Weingärten am Wegesrand waren reif, und jeden Abend aß er mehrere Büschel davon, die sehr gut waren, nur daß anstelle des Esels nun ihn die Winde plagten. Sein Magen knurrte ständig, seine Eingeweide verlangten nach fester Nahrung.
    Am dritten Morgen zeigte ein Wegweiser westwärts nach Guadalupe und südwärts nach Ciudad Real. Da er Capitán Astruells gesagt hatte, sein Ziel sei Guadalupe, wagte er nicht, dorthin zu reiten, und lenkte seinen Esel auf die südliche Abzweigung.
    Es war Markttag in Ciudad Real, und in der Stadt wimmelte es von Menschen. Die Menge ist so dicht, daß niemand sich über die Anwesenheit eines Fremden Gedanken machen wird, dachte Jona, obwohl einige Leute ihn anstarrten und grinsten über den Anblick des schlaksigen jungen Mannes auf einem Esel, der so klein war, daß die Füße des Reiters beinahe

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