Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Medicus von Saragossa

Titel: Der Medicus von Saragossa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
Vom Netzwerk:
nicht daran beteiligen.«
    »Dann mußt du den Mund halten über alles, was du heute morgen gesehen hast.«
    »Es wird mir ein Vergnügen sein, es zu vergessen.«
    »Denn wenn du daran denken solltest, die Reliquien selbst zu verkaufen, ohne Vicente, werde ich dafür sorgen, daß es dir schlecht bekommt.«
    Jona sah ihn erstaunt an, denn es wunderte ihn, daß Vicente so schnell vergessen haben sollte, wer ihn in seiner Krankheit gepflegt hatte. »Mach mit den Reliquien, was du willst, und sei verdammt«, erwiderte er knapp, und dann kehrten sie in angespanntem Schweigen nach Gibraltar zurück.

4. Die Auserwählten
    A m darauffolgenden Sonntag führte Jona im ersten Morgenlicht den grauen Araber aus dem Stall und verließ das Grundstück, bevor die anderen Arbeiter aufwachten. Anfangs versuchte er sich nur an das Gefühl zu gewöhnen, auf dem Rücken dieses Tieres zu sitzen. Bis er dann den Mut aufbrachte, die Zügel schießen zu lassen, vergingen drei Wochen. Der Meister hatte ihm gesagt, es genüge nicht, einfach nur im Sattel zu bleiben, er müsse lernen, das Pferd ohne Zügel oder Zaumzeug zu lenken. Wenn er wolle, daß das Pferd galoppierte, ein Tritt mit den Hacken. Ein kurzer Druck mit beiden Knien, um das Tier anzuhalten. Eine schnelle Abfolge von Knieschlüssen, und das Pferd ging rückwärts.
    Zu seiner Freude merkte er bald, daß das Pferd dazu abgerichtet war, genau diesen Befehlen zu folgen. Unermüdlich übte Jona, er lernte, seine Bewegungen dem Auf und Ab des Galopps anzupassen, einen abrupten Halt abzufangen oder in den Schritt zu wechseln.
    Er kam sich vor wie ein Knappe, der lernte, ein Ritter zu werden.
    So vergingen Spätsommer, Herbst und Winter von Jonas erstem Lehrjahr. So weit im Süden setzte der Frühling zeitig ein. An einem sonnigen, milden Tag untersuchte Manuel Fierro jedes Einzelteil der Rüstung des Grafen Vasca und trug Luis Planas auf, sie zusammenzubauen.
    Dann stand sie im Hof neben einem herrlichen Schwert, das Paco Parmiento gemacht hatte, und die Sonne ließ das polierte Metall in seiner ganzen Pracht erstrahlen. Der Meister verkündete, er habe vor, einen Trupp Männer auszuschicken, um die Rüstung dem Edelmann in Tembleque zu liefern, aber die Abordnung könne erst aufbrechen, wenn andere, dringende Arbeiten abgeschlossen seien.
    So machten die Metallarbeiter sich frisch ans Werk, und die Schmiede hallte wider von hämmernder Geschäftigkeit. Der bevorstehende Abschluß verschiedener Aufträge und das Einsetzen des Frühlings erfüllten Fierro mit frischer Tatkraft, und er verkündete, daß vor der Abreise des Liefertrupps wieder ein Turnier veranstaltet werde.
    An den folgenden beiden Sonntagvormittagen ritt Jona auf eine einsame Wiese und übte das Reiten mit der Lanze im Anschlag. Während der Araber über das freie Feld galoppierte, hielt er die Kugelspitze unverwandt auf einen Busch gerichtet, der ihm als Ziel diente.
    An mehreren Abenden kam Vicente sehr spät in die Hütte, wo er sich auf sein Lager fallen ließ und völlig berauscht sofort anfing zu schnarchen. Im Kramladen schimpfte Tadeo Deza über seinen Vetter. »Er wird schnell und auf unangenehme Art betrunken, und dann belohnt er jene, die ihm auch nur den billigsten Wein ausgeben, mit wilden Geschichten.«
    »Was für wilde Geschichten?« fragte Jona.
    »Er behauptet, einer von Gottes Auserwählten zu sein. Sagt, er hätte die Knochen eines Heiligen gefunden. Sagt, daß er der Heiligen Mutter Kirche bald ein großzügiges Geschenk machen wird. Dabei hat er noch nicht einmal das Geld, um seinen Wein zu bezahlen.«
    »Ach ja«, erwiderte Jona verlegen. »Er schadet niemandem außer vielleicht sich selbst.«
    »Ich glaube, am Ende wird mein Vetter Vicente sich mit seinem Saufen noch selber umbringen.«
    Manuel Fierro fragte Jona, ob er noch einmal an einem Turnier teilnehmen würde. Auch diesmal sollte er wieder zu Pferde gegen Angel Costa antreten. Jona stimmte zu; vielleicht wollte der Meister ja sehen, ob Jonas Übungen mit dem Araber gefruchtet hatten.
    In der Morgenkühle des übernächsten Tages half Paco Parmiento ihm wieder einmal in die zerbeulte Übungsrüstung, während auf der anderen Seite des Turnierplatzes Luis laut lachend Knappe und Pferdeknecht spielte und Costa aufwartete.
    »Ach, Luis!« rief Costa und zeigte in gespielter Angst auf Jona. »Siehst du, wie groß er ist? Ich fürchte, er ist ein Riese. O weh! Was sollen wir nur tun?« Und er schüttelte sich vor Lachen, als Luis Planas die

Weitere Kostenlose Bücher