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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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gestern auf den Rüstungsbaron von heute und morgen? Der Harnisch ist tot, es lebe die Kanone! Habe Mitleid mit ihm, Adam Dreyling!
    Als ich endlich wieder mein Zimmer in Barn Elms betrete, erwartet mich eine Überraschung. Aus einem der bequemen Sessel erhebt sich zwar nicht Sir Francis Walsingham, den ich so dringend zu sprechen verlange, dafür ist es mein Retter, der polnische Gesandte, Graf Vladyslav Rzeszówski. Gegen meine vermutlich weit vorausflatternde Bierfahne kann ich nichts tun, aber ich bemühe mich, zumindest mit geradem, sicherem Schritt dem Grafen entgegenzutreten.
    »Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen«, entschuldigt sich Rzeszówski mit eleganter Verneigung. »Sir Francis erlaubte mir, hier auf Euch zu warten, ich wollte Euch nur den angekündigten Brief Eures hochverehrten Bruders, Herrn Ulrich Dreyling zu Wagrain, überreichen.«
    Damit zieht er einen dicken, versiegelten Umschlag aus der Ärmelstulpe und hält ihn mir entgegen. Ich nehme das Schreiben entgegen, verneige mich meinerseits:
    »Ich habe das dringende Bedürfnis, Euch nochmals meinen allerherzlichsten Dank auszudrücken, indem ich …«
    Der polnische Graf unterbricht mich mit ausgesuchter Liebenswürdigkeit: »Ich bitte Euch, Herrn von Dreyling, bemüht Euch nicht! Es war mir eine Pflicht, Euch behilflich sein zu können. Es war mir aber auch eine angenehme Pflicht. Doch ich will Euch nicht länger von der Lektüre Eures Briefes abhalten. Für eine Antwort an Euren verehrten Herrn Bruder stehe ich als Bote gerne jederzeit bereit. Verfügt über mich, wann immer es Euch gefällt!«, und mit einer letzten tiefen Verneigung ist er zur Tür hinaus.
    Ich lasse mich in den Sessel fallen, den der polnische Graf soeben geräumt hat, und erbreche das Siegel des Schreibens:
    Krakau, den 26. Mai 1586.
    Mein lieber Adam!
    Endlich ist es mir gelungen, ausfindig zu machen, wohin Du verschwunden bist.
    Letztes Weihnachten war ich mit meiner Frau und meinen beiden Töchtern in Schwaz und Innsbruck, und dort hörte ich als erstes von unserem wutschnaubenden Onkel Hans Christoph von Deinem schrecklichen Verrat an ihm und unserer Familie. Um es gleich vorweg zu sagen: Ich glaube ihm kein Wort. Und selbst wenn Du all diese schauerlichen Verbrechen begangen haben solltest, die er Dir vorwirft, so bin ich der festen Überzeugung, daß Du Deine guten und redlichen Gründe dafür hattest.
    Auch was diese Schweine in Schwaz Dir und Deiner Maria angetan haben, habe ich erst bei dieser Gelegenheit erfahren. Meine Frau und ich haben in Deinem Namen Blumen an Marias Grab niedergelegt. Du wirst das ja niemals selber tun können, denn wenn eines gewiß ist, dann dies, daß Du nie, nie, niemals nach Tirol zurückkehren darfst!
    Ich lasse den Brief sinken, wische mir eine Träne aus den Augen. Guter, treuer, alter Ulrich! Seit dem Tod unseres Vaters bist du der einzige in der ganzen Familie, der noch Sinn für Anstand und Ehre hat!
    In Schwaz geht ansonsten alles seinen erwarteten Gang. Frau Regina hat unser Vaterhaus verkauft, um das Geld in einen weiteren Ansitz zu Innsbruck für unseren ehrenwerten Halbbruder Dr. Johann zu investieren, und lebt jetzt mehr schlecht als recht beim Bäcker Moosreiter zur Miete. Johann selbst scharwenzelt nach wie vor am Innsbrucker Hof um den Erzherzog herum und überdeckt seine politische Bedeutungslosigkeit mit überheblichem Auftreten. Ein halber Lichtblick ist unser jüngster Bruder Kaspar, dem ich zur Zeit sein Jura-Studium in Ingolstadt bezahle – er scheint sich zu einem brauchbaren Menschen zu entwickeln.
    Und ein wirklicher Lichtblick war der alte Erasmus Reisländer. Er ist nach wie vor Bergmeister, freilich in einem Berg, der mehr stirbt als lebt. Er hat mir von Herzen Grüße an Dich aufgetragen, falls es mir gelingen sollte, Dich ausfindig zu machen.
    So viel zu Schwaz. Und wenn ich auch nicht gerade behaupte, daß es ein Fehler von mir war, noch einmal dorthin, und sei es nur für ein paar Tage gewesen, zurückzukehren, so weiß ich doch mit Gewißheit: Ich werde es nie wieder tun!
    Auch aus Innsbruck gibt es nicht viel Neues: Onkel Hans Christoph und Frau Elisabeth hausen so harmonisch zusammen wie eh und je. Eines scheint sie freilich nun tatsächlich zu vereinen: ihr Haß auf Dich, gepaart mit nicht mehr endenden Schimpftiraden. Die Ehe ihrer Tochter Katharina – wenn die Gerüchte stimmen, die ich gehört habe, stand sie Dir ja einmal recht nahe – …«
    »Nicht mir, meinem Haar!« korrigiere ich in

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