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Der Memory Code

Der Memory Code

Titel: Der Memory Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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rätselhaften Bemerkungen in ihrem Brief? Auf jeden Fall sah es so aus, als sei sie glücklich in Rom. Und gegen bestehende Konventionen hatte sie immer schon gern aufbegehrt.
    Percy hatte genug gehört und trat den Rückzug an. Er nahm sich vor, seine Schwester nach Hause zu holen, und wenn er deswegen eigens nach Rom reisen musste. Was er da eben mitbekommen hatte, das war der Höhepunkt in einem betrügerischen, treulosen Possenspiel, das Davenport mit der Familie des eigenen Bruders, mit seinem Erbe und Elternhaus trieb.
    Bereits in jungen Jahren hatte Trevor Talmage den Phoenix Klub gegründet, 1847, zusammen mit bekannten Anhängern transzendentaler Lehren wie Henry David Thoreau, Walt Whitman oder Frederick Law Olmsted. Das ursprüngliche Vorhaben jedoch – die Suche nach Erkenntnis und Aufklärung – wurde zugunsten eines zielgerichteten Strebens nach Macht und Reichtum aufgegeben, als nach Trevors Tod Percys Onkel Davenport alles an sich riss, darunter auch das Ehebett seines Bruders.
    Und nun benutzte er seine Nichte und zog sie in seine hinterhältigen Intrigen hinein.
    In welcher Gefahr mochte sie schweben?
    Percy nippte an seinem Portwein, dem Leib- und Magengetränk seines Vaters. Inzwischen war Percy der Einzige im Haus, der die bernsteinfarbenen, aus Spanien importierten Flaschen überhaupt anfasste. Onkel Davenport hatte ihn ausgelacht und gefragt, wie man so ein süßliches Zeugs überhaupt trinken könne. Percy war’s nur recht, dass sein Onkel die Finger vom Portweinvorrat ließ, denn es handelte sich um einen außergewöhnlichen Jahrgang, von dem mindestens noch drei Flaschen übrig waren.
    Nach dem nächsten Schlückchen verspürte er einen stechenden Schmerz, gefolgt von jenem krampfhaften Würgen im Magen, wie er es in den vergangenen Tagen schon etliche Male erlebt hatte. Auf der Stirn brach ihm der Schweiß aus. Er musste sich hinlegen, am besten in seinem Zimmer, fern von der Musik und dem Gewimmel.
    Auf dem Weg aus dem Ballsaal sah er, wie sein Onkel ihn mit dunklen, glitzernden Augen beobachtete, ja geradezu musterte. Es konnte ihm nicht entgangen sein, dass es Percy schlecht geworden war; von seinem Standort aus hätte er das mitbekommen müssen. Er rührte indes keinen Finger, um seinem Neffen zu Hilfe zu eilen.
    Beim nächsten Schmerz klappte Percy vornüber.
    Als er die Augen wieder aufschlug, lag er in seinem Bett – zähneklappernd, mit fieberheißer Stirn und so schlimmen Magenkrämpfen, dass er wimmerte wie ein Welpe.
    Seine Mutter, die mit ihrer bleichen Haut immer wie eine Marmorskulptur wirkte, saß neben ihm und wischte ihm mit einem feuchten Tuch übers Gesicht. Sie achtete nicht auf die Tränen, die ihr über die Wangen rannen.
    Gegen die Krämpfe ankämpfend, rang Percy nach Worten. Ja, hätte ihm der Anfall doch bloß eine Atempause gegönnt! So lange nur, dass er seiner Mutter verraten konnte, was er herausgefunden hatte!
    “Davenport!”, rief seine Mutter dem Onkel zu. “Er möchte etwas sagen!”
    Der Angesprochene legte Percy die Hand auf die Schulter. Percy sah knochige Finger und einen schimmernden Ehering.
    “Der arme Junge”, säuselte Davenport.
    Seine Mutter beugte sich über ihn, das Gesicht nur wenige Zoll von dem seinen entfernt. “Was möchtest du sagen, Percy?”
    Percy versuchte zu sprechen, brachte jedoch nur ein gequältes Stöhnen zuwege. Die Krämpfe wurden wieder so unerträglich, dass er die Augen schloss.
    “Sein Zustand verschlimmert sich. Er stirbt uns.”
    Mühsam zwang Percy die Lider auf – zumindest konnte er seine Mutter mit einem Blick warnen –, doch was er sah, war nicht ihr Gesicht, sondern das seines Onkels, der mit einem triumphierenden Funkeln in den stählernen Augen auf ihn herunterstarrte.
    “Mutter …”, würgte Percy hervor.
    Sie beugte sich über ihn und hielt ihm ein kaltes, nasses Tuch an die Stirn. Sie weinte.
    “Josh?”
    Er hob die Hand, um die Wange seiner Mutter zu streicheln, ihr die Tränen fortzuwischen.
    “Josh!”
    Josh prallte zurück wie ein gespanntes Gummiband, das in seine ursprüngliche Form zurückschnappt. Einige Sekunden lang war er von Rührung überwältigt, als er sah, wie seine Mutter sich quälte.
    Nein! Nicht seine Mutter! Die von Percy!
    “Ist Ihnen nicht gut?” Im Türrahmen stand Frances, die Empfangsdame der Stiftung. In der Hand hielt sie eine Tüte aus dem Sandwichlädchen um die Ecke. “Ich habe Ihnen etwas zum Frühstück mitgebracht”, sagte sie lächelnd. Sie wusste, dass

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