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Der Menschen Hoerigkeit

Der Menschen Hoerigkeit

Titel: Der Menschen Hoerigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Somerset Maugham
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unterdrücken.
    »Ach, ich mag dich sehr gern«, pflegte sie dann zu antworten.
    »Und das ist alles? Ich liebe dich von ganzem Herzen.«
    »So was bringe ich nicht über die Lippen. Es liegt mir nicht, große Worte zu machen.«
    »Wenn du wüsstest, wie glücklich mich auch nur ein Wort von dir machen würde!«
    »Also ich sage immer, man muss mich nehmen, wie ich bin, und wenn einem das nicht gefällt – sei’s drum.«
    Aber manchmal drückte sie sich noch deutlicher aus.
    »Ach, hör doch auf mit dem ewigen Gefrage.«
    Dann wurde er verstockt und schwieg. Er hasste sie.
    Und nun sagte er:
    »Wenn es so ist, wundert es mich, dass du dich überhaupt dazu herablässt, mit mir auszugehen.«
    »Du zwingst mich ja förmlich dazu. Ich habe mich niemals darum gerissen.«
    Das war eine bittere Wunde für seinen Stolz, und wütend antwortete er:
    »Ich bin dir gut genug, solange kein anderer da ist, der dich ins Restaurant und ins Theater ausführt. Aber dafür bedanke ich mich. Ich habe keine Lust, den Lückenbüßer zu spielen.«
    »Na! So lasse ich nicht mit mir reden. Ich will dir zeigen, wie viel mir an deinen dämlichen Einladungen liegt.«
    Sie stand auf, schlüpfte in ihre Jacke und verließ schnell das Lokal. Philip blieb sitzen. Er nahm sich fest vor, sich nicht zu rühren, aber zehn Minuten später sprang er in einen Wagen und fuhr ihr nach. Sie war vermutlich mit dem Bus zur Victoria Station gefahren und würde ungefähr gleichzeitig mit ihm dort ankommen. Er sah sie auf dem Bahnsteig, ohne von ihr bemerkt zu werden, und fuhr im gleichen Zug mit ihr nach Herne Hill. Er wollte sie erst auf dem Heimweg ansprechen, wenn sie ihm nicht mehr entwischen konnte.
    Sobald sie aus der hellerleuchteten und von lärmendem Verkehr erfüllten Hauptstraße abbog, holte er sie ein.
    »Mildred«, rief er.
    Sie setzte ihren Weg fort, ohne ihn eines Wortes oder eines Blickes zu würdigen. Er rief noch einmal ihren Namen. Nun blieb sie stehen.
    »Was willst du von mir? Ich habe dich vorhin an der Victoria Station gesehen. Kannst du mich nicht in Ruhe lassen?«
    »Es tut mir furchtbar leid, dass ich so dumm zu dir war. Bitte, sei mir nicht mehr böse!«
    »Nein. Ich habe genug von deiner Eifersucht und deinem Jähzorn. Du bist und warst mir gleichgültig und wirst es immer bleiben. Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben.«
    Sie ging rasch weiter, und er musste sich beeilen, um mit ihr Schritt zu halten.
    »Kannst du dich nicht in mich hineindenken? Es ist keine Kunst, heiter und liebenswürdig zu sein, wenn man sich nichts aus einem Menschen macht. Aber ich liebe dich doch. Hab Mitleid mit mir. Es macht mir nichts aus, dass du nichts für mich fühlst, du kannst es nicht ändern. Ich verlange ja nichts anderes von dir, als dass du mir erlaubst, dich liebzuhaben!«
    Sie antwortete nicht, und Philip sah verzweifelt, dass sie nur mehr ein paar Meter bis zu ihrem Haus zu gehen hatte. Erniedrigt stammelte er unzusammenhängende Worte von Reue und Liebe.
    »Wenn du mir nur dieses eine Mal vergibst, verspreche ich dir, dass du in Zukunft über nichts mehr klagen musst. Du kannst ausgehen, mit wem du willst. Ich werde zufrieden sein, mit dir weggehen zu dürfen, wenn du nichts Besseres vorhast.«
    Sie blieb wieder stehen, da sie die Ecke erreicht hatten, an der er sie immer verließ.
    »Geh jetzt. Ich mag nicht, dass du mich bis zum Haus begleitest.«
    »Ehe du mir nicht verziehen hast, rühre ich mich nicht von der Stelle.«
    »Ich habe genug von deinen Szenen.«
    Er zögerte einen Augenblick; ein Instinkt sagte ihm, dass es etwas gäbe, womit er sie rühren konnte. Aber nur mit Mühe brachte er es über die Lippen.
    »Es ist so grausam, ein Krüppel zu sein. Es ist selbstverständlich, dass du mich nicht liebst. Wie sollte es auch anders sein?«
    »Philip, das habe ich nicht gemeint«, rief sie schnell, und ihre Stimme bebte vor Mitleid. »Du weißt, dass es nicht so ist.«
    Nun fing er an, Komödie zu spielen. Heiser und leise stieß er die Worte hervor.
    »Doch, das fühle ich.«
    Sie erfasste seine Hand und blickte ihn an, und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Ich schwöre dir, dass es mir nie etwas ausgemacht hat. Nach den ersten paar Tagen habe ich es vollkommen vergessen.«
    Er verharrte in düsterem, trauervollem Schweigen. Sie sollte glauben, dass er von seinen Gefühlen übermannt war.
    »Du weißt, dass ich dich furchtbar gern habe, Philip. Du machst es mir bloß manchmal so schwer. Lass uns wieder gut sein.«
    Sie

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