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Der Menschen Hoerigkeit

Der Menschen Hoerigkeit

Titel: Der Menschen Hoerigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Somerset Maugham
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ihr, dass er sie leidenschaftlich liebe, dass er sich auf den ersten Blick in sie verliebt habe; dass er dagegen angekämpft habe, denn er wisse ja, wie sehr Philip sie liebe, dass er aber nichts dagegen tun könne. Philip sei solch ein lieber Kerl, und er schäme sich schrecklich, aber es wäre nicht seine Schuld, es hätte ihn einfach umgeworfen. Er machte ihr entzückende Komplimente. Schließlich dankte er ihr, dass sie eingewilligt habe, mit ihm am nächsten Tag zu essen, und dass er voll schrecklicher Ungeduld auf das Wiedersehen warte. Philip sah, dass der Brief das Datum des gestrigen Abends trug; Griffith musste ihn also geschrieben haben, kurz nachdem er sich von Philip verabschiedet hatte; er hatte sich eigens die Mühe gemacht, noch einmal hinauszugehen, um den Brief einzuwerfen, als Philip glaubte, er läge bereits im Bett.
    Das Herz klopfte ihm zum Übelwerden, als er das las, aber er ließ sich seine Überraschung nicht anmerken. Er reichte ihn Mildred ruhig und mit einem Lächeln zurück.
    »Hat dir euer gemeinsames Essen Spaß gemacht?«
    »Freilich«, sagte sie mit Nachdruck.
    Er fühlte, wie seine Hände zitterten, und so verbarg er sie unter dem Tisch.
    »Du solltest Griffith nicht allzu ernst nehmen. Er ist flatterhaft und flirtet gern, das ist alles.«
    Sie nahm den Brief und sah ihn sich nochmals an.
    »Ich kann es auch nicht ändern«, sagte sie mit einer Stimme, die nonchalant klingen sollte. »Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist.«
    »Es ist ein bisschen peinlich für mich, meinst du nicht?«
    Sie sah ihn mit einem schnellen Blick an.
    »Du nimmst es ziemlich ruhig auf, das muss ich schon sagen.«
    »Was hast du denn erwartet? Soll ich mir die Haare büschelweise ausreißen?«
    »Ich wusste, dass du böse auf mich sein wirst.«
    »Komisch, aber das bin ich gar nicht. Ich hätte wissen müssen, dass es so kommt. Ich war ein Dummkopf, euch zusammenzubringen. Ich weiß ja sehr gut, dass ich verglichen mit ihm schlechter abschneide; er ist viel lustiger, und er ist sehr gutaussehend, er ist unterhaltsamer, er kann mit dir über das sprechen, was dich interessiert.«
    »Ich weiß nicht, was du damit sagen willst. Wenn ich nicht klug bin, kann ich es auch nicht ändern, aber so dumm, wie du denkst, bin ich noch lange nicht, das lass dir gesagt sein. Du bist mir ein bisschen zu eingebildet, mein junger Freund.«
    »Willst du unbedingt mit mir streiten?«, fragte er sanft.
    »Nein, aber ich sehe nicht ein, warum ich mich von dir als was weiß ich was behandeln lassen muss.«
    »Es tut mir leid, ich habe dich nicht beleidigen wollen. Ich wollte die Sache nur ruhig mit dir besprechen. Wir wollen keine peinliche Szene daraus machen. Ich habe gesehen, dass du von ihm sehr angetan warst, und es schien mir nur natürlich. Das Einzige, was mich dabei kränkt, ist, dass er dich darin bestärkt hat. Er hat genau gewusst, wie verrückt ich nach dir bin. Ich finde es unglaublich schäbig von ihm, dass er dir, fünf Minuten nachdem er mir gerade noch gesagt hatte, dass er sich überhaupt nichts aus dir macht, einen solchen Brief schreibt.«
    »Wenn du meinst, dass du mich durch das gemeine Gerede über ihn dazu bekommst, dass ich ihn weniger gernhabe, dann irrst du dich gewaltig.«
    Philip war einen Augenblick still. Er wusste nicht, welche Worte er wählen sollte, damit sie seinen Standpunkt verstand. Er wollte kühl und besonnen sprechen, aber er war in einem solchen Aufruhr der Gefühle, dass er keinen klaren Gedanken fassen konnte.
    »Es lohnt sich doch nicht, wegen einer Vernarrtheit, von der du doch weißt, dass sie nicht lange dauern kann, alles zu opfern. Er macht sich aus niemandem länger als zehn Tage etwas, und du hast ein ziemlich kühles Wesen. So was bedeutet doch nicht viel für dich.«
    »So, das also denkst du.«
    Sie machte es ihm noch schwerer dadurch, dass sie einen rechthaberischen Ton annahm.
    »Wenn du in ihn verliebt bist, so kannst du nichts dafür. Ich werde es so gut ertragen, wie ich kann. Du und ich, wir kommen sehr gut miteinander aus, und ich habe mich dir gegenüber nicht schlecht benommen, stimmt’s? Ich habe immer gewusst, dass du mich nicht liebst, aber du hast mich doch ganz gern, und wenn wir erst in Paris sind, wirst du Griffith vergessen. Hast du dich erst entschlossen, nicht mehr an ihn zu denken, wirst du es gar nicht so schwer finden, und ich habe es schließlich verdient, dass du etwas für mich tust.«
    Sie antwortete nicht, und sie fuhren mit ihrer

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