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Der Menschen Hoerigkeit

Der Menschen Hoerigkeit

Titel: Der Menschen Hoerigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Somerset Maugham
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oben und mache mich ein bisschen zurecht.«
    Sobald er das Zimmer verlassen hatte, wandte sich Philip ärgerlich zu Mildred:
    »Warum, um alles in der Welt, hast du ihn eingeladen?«
    »Ich konnte nicht anders. Es hätte so komisch ausgesehen, wenn ich nichts gesagt hätte, wo er doch sagte, er habe sonst nichts vor.«
    »Ach, was ist das für ein Unsinn! Und warum zum Teufel hast du ihn denn gefragt, ob er etwas vorhabe?«
    Mildreds blasse Lippen zogen sich leicht zusammen.
    »Ich möchte manchmal auch ein bisschen Vergnügen haben. Es ermüdet mich, immer mit dir allein zu sein.«
    Sie hörten Griffith mit schweren Schritten die Treppe herunterkommen, und Philip ging ins Schlafzimmer, um sich zu waschen. Sie aßen in einem italienischen Restaurant in der Nähe. Philip war ärgerlich und schweigsam, aber er sah schnell ein, dass er im Vergleich zu Griffith unvorteilhaft wirkte, und zwang sich daher, seinen Ärger zu verbergen. Er trank eine Menge Wein, um den Schmerz zu betäuben, der ihm am Herzen nagte, und gab sich Mühe mitzuplaudern. Mildred schien wegen dem, was sie gesagt hatte, ein schlechtes Gewissen zu haben und tat alles, um freundlich zu ihm zu sein. Sie war nett und zärtlich. Bald kam Philip der Gedanke, dass er ein Narr gewesen war, dem Gefühl der Eifersucht nachzugeben. Nach dem Essen fuhren sie mit einer Droschke ins Varieté. Mildred saß zwischen den beiden Männern und gab Philip aus freien Stücken ihre Hand. Sein Ärger verging. Plötzlich wurde ihm bewusst, er wusste selbst nicht wodurch, dass Griffith ihre andere Hand hielt. Wieder ergriff ihn ein heftiger Schmerz – es war ein richtiger körperlicher Schmerz –, und er fragte sich in panischem Schrecken, was er sich eigentlich schon hätte früher fragen können, ob Mildred und Griffith ineinander verliebt waren. Von der Vorstellung sah er nichts. Ein Schleier von Argwohn, Ärger, Abscheu und Kummer schien ihm den Blick zu trüben; aber er zwang sich dazu, sich nicht anmerken zu lassen, dass irgendetwas nicht in Ordnung war; er sprach und lachte weiter. Dann wurde er von einem seltsamen Wunsch, sich selbst zu quälen, ergriffen, und er stand auf und sagte, er wolle etwas trinken gehen. Mildred und Griffith waren noch nie allein zusammen gewesen. Er wollte sie sich selbst überlassen.
    »Ich komme mit«, sagte Griffith. »Ich habe ziemlich Durst.«
    »Unsinn, du bleibst und unterhältst Mildred.«
    Philip wusste selbst nicht, warum er das sagte. Er warf sie jetzt einander in die Arme, nur um den Schmerz, den er durchlitt, noch unerträglicher zu machen. Er ging nicht an die Bar, sondern oben auf die Galerie, von wo aus er sie beobachten konnte, ohne selbst gesehen zu werden. Sie sahen nicht mehr auf die Bühne, sondern schauten sich lächelnd in die Augen. Griffith sprach mit seiner gewohnten glücklichen Geläufigkeit, und Mildred schien ihm an den Lippen zu hängen. Philips Kopf fing schrecklich an zu schmerzen. Er stand dort völlig regungslos. Er wusste, er würde nur im Weg sein, wenn er zurückging. Sie unterhielten sich herrlich ohne ihn, und er litt und litt. Die Zeit verging, und nun scheute er sich, wieder zu ihnen zu gehen. Er wusste, sie hatten sich überhaupt nicht um ihn gekümmert, und voller Bitterkeit dachte er daran, dass er das Essen und die Plätze im Varieté hatte bezahlen dürfen. Was für einen Narren sie aus ihm machten! Ihm wurde heiß vor Scham. Er konnte sehen, wie glücklich sie ohne ihn waren. Sein Instinkt riet ihm, sie sich selbst zu überlassen und nach Hause zu gehen, aber er hatte weder seinen Hut noch seinen Mantel, und dann wären endlose Erklärungen nötig … Er ging zurück. Er fühlte, wie in Mildreds Augen ein Schatten von Verdruss lag, als sie ihn sah. Das Herz sank ihm.
    »Du bist ja ganz schön lange weg gewesen«, sagte Griffith mit einem Willkommenslächeln.
    »Ich habe ein paar Bekannte getroffen. Ich habe mit ihnen reden müssen und konnte mich nicht losmachen. Ich dachte, ihr würdet schon miteinander zurechtkommen.«
    »Ich habe mich herrlich unterhalten«, sagte Griffith. »Ob Mildred auch, weiß ich nicht.«
    Sie lachte in zufriedenem Behagen. Es war ein ordinärer Ton in dem Gelächter, der Philip erschreckte. Er schlug vor aufzubrechen.
    »Komm«, sagte Griffith, »wir beide bringen dich nach Hause.«
    Philip argwöhnte, dass sie das vorgeschlagen hatte, damit sie nicht mit ihm allein sein musste. Als sie im Wagen saßen, nahm er nicht ihre Hand, die sie ihm allerdings auch nicht

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