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Der Menschen Hoerigkeit

Der Menschen Hoerigkeit

Titel: Der Menschen Hoerigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Somerset Maugham
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wurde immer lauter. Sie vergaß ganz die vornehme Zurückhaltung, die ihr zur zweiten Natur geworden war.
    Es dauerte nicht lange, bis Griffith sagte:
    »Mir fällt es sehr schwer, Sie mit Mrs.   Miller anzureden. Philip spricht immer nur als Mildred von Ihnen.«
    »Sie wird dir sicher nicht die Augen auskratzen, wenn du sie auch so anredest«, sagte Philip lachend.
    »Dann muss sie mich aber auch Harry nennen.«
    Philip saß schweigend da, während sie drauflosschwatzten, und dachte, wie gut es doch sei, Leute glücklich zu sehen. Hin und wieder neckte Griffith ihn auf freundliche Art ein wenig, weil er immer so ernst war.
    »Ich glaube, er hat dich sehr gern, Philip«, sagte Mildred lächelnd.
    »Er ist gar kein übler Bursche«, antwortete Griffith, nahm Philips Hand und schüttelte sie fröhlich.
    Es schien Griffiths Charme noch zu erhöhen, dass er Philip gern mochte. Alle drei tranken für gewöhnlich nicht, und daher stieg ihnen der ungewohnte Wein zu Kopf. Griffith wurde noch geschwätziger und so laut, dass Philip ihn amüsiert bitten musste, seine Stimme zu dämpfen. Er konnte wunderbar Geschichten erzählen, und seine Abenteuer verloren beim Erzählen nichts von Romantik und von Witz. In allen spielte er eine galante, lustige Rolle. Mildred trieb ihn mit vor Erregung leuchtenden Augen zu immer neuen Anekdoten an. Als die Lichter ausgemacht wurden, war sie ganz erstaunt.
    »Himmel, ist der Abend schnell vergangen. Ich habe gemeint, es wäre nicht später als halb zehn.«
    Sie stand auf, und als sie auf Wiedersehen sagte, fügte sie noch hinzu: »Ich bin morgen bei Philip zum Tee. Vielleicht kommen Sie auch dazu, wenn Sie Zeit haben.«
    »Gern«, sagte er lächelnd.
    Auf dem Rückweg nach Pimlico sprach Mildred von nichts anderem als von Griffith. Sie war von seinem netten Aussehen, seinen gutgeschnittenen Kleidern, seiner Stimme, seiner Fröhlichkeit sehr angetan.
    »Ich bin so froh, dass du ihn magst«, sagte Philip. »Erinnerst du dich, du warst zuerst ziemlich eigensinnig, als ich sagte, ihr müsstet euch kennenlernen?«
    »Ich finde es so nett von ihm, dass er dich gernhat, Philip. Es ist gut, dass du mit ihm befreundet bist.«
    Sie drehte Philip das Gesicht zu, um sich von ihm küssen zu lassen, etwas, was sie sehr selten tat.
    »Der Abend heute hat mir sehr gefallen, Philip. Vielen Dank.«
    »Sei doch nicht dumm«, lachte er. Er war so gerührt von ihrer Anerkennung, dass ihm die Augen feucht wurden.
    Sie schloss ihre Tür auf und drehte sich noch einmal zu Philip um, ehe sie ins Haus ging:
    »Sag Harry, dass ich irrsinnig in ihn verliebt bin«, sagte sie.
    »Schön. Wird ausgerichtet«, entgegnete er lachend. »Gute Nacht.«
    Als sie am nächsten Tag beim Tee saßen, kam Griffith herein. Er ließ sich lässig in einen Lehnstuhl fallen. In den langsamen Bewegungen seiner langen Gliedmaßen lag etwas eigenartig Sinnliches. Philip blieb schweigsam, während die beiden andern drauflosschwatzten, aber es machte ihm Freude. Er bewunderte sie beide so sehr, dass es ihm ganz natürlich erschien, dass auch sie sich gegenseitig bewunderten. Es machte ihm nichts aus, dass Griffith Mildreds Aufmerksamkeit mit Beschlag belegte; am Abend würde er sie für sich haben. Er fühlte sich ein bisschen wie ein liebevoller Ehemann, der im sicheren Vertrauen auf die Zuneigung seiner Frau belustigt zusieht, wie sie harmlos mit einem Fremden flirtet. Aber um halb acht schaute er auf seine Taschenuhr und sagte:
    »Es ist wohl Zeit, dass wir essen gehen, Mildred.«
    Einen Augenblick trat eine Pause ein, und Griffith schien unschlüssig über etwas nachzudenken.
    »Also, dann werde ich mich auf den Weg machen«, sagte er schließlich. »Ich habe nicht gedacht, dass es bereits so spät ist.«
    »Haben Sie für den Abend etwas vor?«, fragte Mildred.
    »Nein.«
    Wieder Schweigen. Philip fühlte sich leicht gereizt. »Ich gehe mir eben die Hände waschen«, sagte er und fügte, an Mildred gewandt, hinzu: »Möchtest du dir auch die Hände waschen?«
    Sie antwortete ihm nicht darauf.
    »Warum kommen Sie nicht mit uns essen?«, fragte sie Griffith.
    Er sah Philip an und merkte, dass der ihn düster anstarrte.
    »Ich habe erst gestern mit euch gegessen«, lachte er. »Ich wäre euch im Weg.«
    »Ach, das macht nichts«, sagte Mildred mit Nachdruck. »Sag, er soll mitkommen, Philip. Er ist nicht im Weg, nicht wahr?«
    »Er soll mitkommen, wenn er unbedingt möchte.«
    »Also denn«, sagte Griffith prompt. »Ich gehe nur eben nach

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