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Der Menschen Hoerigkeit

Der Menschen Hoerigkeit

Titel: Der Menschen Hoerigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Somerset Maugham
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das englische Menü: Es passte auf wunderbare Weise überhaupt nicht zusammen.
    »Sie lachen, mein Junge, Sie können sich nicht vorstellen, unter Ihrem Stand zu heiraten. Sie wollen eine Frau, die Ihnen intellektuell ebenbürtig ist. Ihr Kopf ist vollgestopft mit Ideen von Kameradschaft. Unsinn, mein Junge. Ein Mann will mit seiner Frau nicht über Politik sprechen, und was glauben Sie, wie gleichgültig mir Bettys Ansichten über Differentialrechnungen sind. Ein Mann braucht eine Frau, die ihm sein Essen kochen kann und sich um seine Kinder kümmert. Ich habe beides versucht und weiß es. Jetzt wollen wir den Pudding essen.«
    Er klatschte in die Hände, und sofort kam Sally herein. Als sie das Geschirr abräumte, wollte Philip aufstehen und ihr helfen, aber Athelny hielt ihn zurück.
    »Lassen Sie sie allein, mein Junge. Sie hat es nicht gern, wenn man zu viel Aufhebens macht, nicht wahr, Sally? Und sie findet es absolut nicht ungehörig von Ihnen, wenn Sie sitzen bleiben, während sie Ihnen aufwartet. Sie schert sich den Teufel um Ritterlichkeit, nicht wahr, Sally«
    »Nein, Vater«, antwortete Sally sittsam.
    »Weißt du, worüber ich spreche, Sally?«
    »Nein, Vater, aber Mutter mag es nicht, wenn du fluchst.«

Athelny lachte laut.
    Dann brachte Sally ihnen Teller voll Milchreis. Er war kräftig, sahnig und süß. Athelny machte sich mit Behagen an seine Portion.
    »Es ist eine der Hausregeln, dass das Sonntagsessen immer gleich sein muss. Es ist ein Ritual. Roastbeef und Reispudding an fünfzig Sonntagen im Jahr. Ostersonntag Lamm und grüne Erbsen, und zu Michaeli Gänsebraten und Apfelmus. So erhalten wir die Tradition unseres Volkes. Sally wird, wenn sie einmal heiratet, viele der weisen Sachen, die ich sie gelehrt habe, vergessen; das aber wird sie nie vergessen, dass man Roastbeef und Reispudding sonntags essen muss, wenn man froh und glücklich sein will.«
    »Du rufst, wenn ihr so weit seid, dass ich den Käse bringen kann«, sagte Sally gleichmütig.
    »Kennen Sie die Legende vom Eisvogel?«, fragte Athelny. Philip hatte sich bereits daran gewöhnt, dass er von einem Thema zum andern sprang. »Wenn der Eisvogel beim Flug übers Meer erschöpft ist, fliegt seine Gefährtin so, dass er auf ihr ruhen kann, und trägt ihn auf ihren stärkeren Schwingen weiter. Die Kraft des Eisvogels, das ist es, was ein Mann im Weibe sucht. Ich habe mit meiner ersten Frau drei Jahre lang gelebt. Sie war eine Dame. Sie hatte fünfzehnhundert pro Jahr, und wir pflegten in unserem roten Klinkerhäuschen in Kensington nette Abendgesellschaften zu geben. Sie war eine reizende Frau; alle fanden das: die Anwälte und ihre Frauen, die zu uns zum Essen kamen, der Börsenmakler mit literarischen Neigungen und die angehenden Politiker; oh, sie war eine reizende Frau. Sie sorgte dafür, dass ich in Zylinder und Gehrock zur Kirche ging; sie nahm mich mit zu klassischen Konzerten, und sie liebte die Sonntagnachmittagsvorträge; sie setzte sich Morgen für Morgen um acht Uhr dreißig zum Frühstück nieder; kam ich später, war das Frühstück kalt; sie las die richtigen Bücher, bewunderte die richtigen Bilder und verehrte die richtige Musik. Lieber Gott, wie diese Frau mich gelangweilt hat. Sie ist noch immer reizend; sie lebt in dem kleinen roten Klinkerhäuschen in Kensington, mit echten Tapeten und Radierungen von Whistler an den Wänden, und gibt die gleichen kleinen netten Abendgesellschaften mit Kalbfleisch in Sahnesauce und Eiscreme aus der gleichen Konditorei wie vor zwanzig Jahren.«
    Philip fragte nicht nach, wie es kam, dass sich das ungleiche Paar getrennt hatte; Athelny erzählte es ihm von selbst.
    »Betty ist nicht meine Frau, müssen Sie wissen. Meine Frau willigte nicht in die Scheidung ein. Die Kinder sind alle Bastarde – sind sie deswegen irgendwie schlechter? Betty war eines der Hausmädchen in dem kleinen Backsteinhäuschen in Kensington. Vor vier, fünf Jahren ging’s mir mal sehr schlecht, und ich hatte sieben Kinder; da wandte ich mich an meine Frau und bat sie um Hilfe. Sie sagte, sie würde mir gern Geld geben, wenn ich Betty verließe und ins Ausland ginge. Können Sie sich vorstellen, dass ich Betty aufgebe? Stattdessen hungerten wir uns durch. Meine Frau sagte, ich liebte die Gosse, ich wäre verkommen. Ich verdiene als Presseagent eines Kurzwarengeschäfts drei Pfund in der Woche, und ich danke Gott täglich, dass ich nicht mehr in dem kleinen roten Klinkerhäuschen in Kensington bin.«
    Sally brachte

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