Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Menschen Hoerigkeit

Der Menschen Hoerigkeit

Titel: Der Menschen Hoerigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Somerset Maugham
Vom Netzwerk:
sicher gefallen«, sagte Philip. »Er würde sagen, er sei wunderbar zu malen, aber ich bin heutzutage viel nüchterner, und ich werde nicht eher ruhen, als bis du weiß und rosig wie eine Milchmagd bist.«
    »Ich fühle mich schon besser«, war ihre Antwort.
    Nach einem einfachen Abendessen füllte sich Philip seinen Tabaksbeutel mit Tabak und setzte den Hut auf. Dienstags ging er gewöhnlich in die Taverne in Beak Street, und er war froh, dass dieser Abend so bald nach Mildreds Ankunft folgte, denn er wollte seine Beziehung zu ihr von Anfang an unmissverständlich klargestellt haben.
    »Gehst du aus?«, fragte sie.
    »Ja. Dienstags nehme ich mir gewöhnlich den Abend frei. Ich sehe dich dann morgen. Gute Nacht.«
    Philip ging immer sehr gerne in die Taverne. Macalister, der philosophische Börsenmakler, war meist da und debattierte gern über jedes Thema unter der Sonne. Hayward kam regelmäßig, wenn er in London war, und obwohl er und Macalister sich gegenseitig nicht leiden konnten, trafen sie sich doch aus alter Gewohnheit einmal wöchentlich an diesem einen Abend. Macalister hielt Hayward für ein armseliges Geschöpf und spottete über seine feinen Gefühle: Er fragte ironisch nach Haywards literarischem Schaffen und hörte sich mit einem verächtlichen Lächeln dessen vage Andeutungen von künftigen Meisterwerken an; oft erhitzten sich die Gemüter. Der Punsch aber jedenfalls war gut, und beide waren ihm sehr zugetan, und am Ende des Abends vergaßen sie dann meist ihre Differenzen und hielten sich gegenseitig für großartige Kerle. An diesem Abend fand Philip sie beide bereits vor, als er ankam, und auch Lawson war da. Lawson kam jetzt seltener, weil er mittlerweile viele Leute in London kennengelernt hatte und häufig zu Tisch eingeladen war. Sie waren alle miteinander recht zufrieden, denn Macalister hatte ihnen einen guten Börsentipp gegeben, und Hayward und Lawson hatten je fünfzig Pfund verdient. Für Lawson war das eine große Sache, denn er war verschwenderisch und verdiente sehr wenig: Er befand sich gerade in der Phase seiner Künstlerlaufbahn, wo er von Kritikern viel beachtet wurde und aristokratische Damen ihm gern erlaubten, sie – umsonst – zu malen (es war für beide eine Reklame, und sie konnten sich außerdem noch als Kunstmäzene fühlen) – aber es gelang ihm nur selten, an die soliden Philister heranzukommen, die ihr gutes Geld dafür hergaben, ein Porträt ihrer Ehefrauen anfertigen zu lassen. Lawson schäumte über vor Freude.
    »Das ist die beste Art, zu Geld zu kommen, die mir je begegnet ist. Ich musste dafür keinen Shilling aus meiner Tasche holen.«
    »Sie haben sich etwas entgehen lassen, junger Mann, weil Sie am letzten Dienstag nicht hier waren«, sagte Macalister zu Philip.
    »Lieber Gott, warum haben Sie mir denn nicht geschrieben?«, rief Philip. »Wenn Sie wüssten, wie nötig ich hundert Pfund gebrauchen könnte!«
    »Dazu war keine Zeit. Man muss an Ort und Stelle sein. Ich hatte gerade am letzten Dienstag von einer guten Sache gehört, und da habe ich die Burschen hier gefragt, ob sie mal einen Versuch machen wollten. Am Mittwochmorgen habe ich tausend Aktien für sie gekauft; am Nachmittag zogen sie an, da habe ich sie gleich wieder verkauft. Fünfzig Pfund habe ich für jeden von ihnen herausgeholt, und ein paar hundert für mich.«
    Philip war ganz krank vor Neid. Er hatte kürzlich seine letzte Hypothek verkauft, in der sein karges Vermögen angelegt gewesen war, und besaß jetzt nicht mehr als sechshundert Pfund. Manchmal überkam ihn panischer Schrecken, wenn er an die Zukunft dachte. Er musste noch zwei Jahre lang davon leben, ehe er seine Zulassung als Arzt bekam, und dann hatte er vor, sich um eine Hospitalanstellung zu bewerben, und das bedeutete, dass er noch ein weiteres Jahr, drei also im Ganzen, nichts verdienen würde. Selbst bei größter Sparsamkeit würde er dann nicht mehr als hundert Pfund übrig haben. Das war ein sehr kümmerlicher Notgroschen, falls er einmal krank würde oder nichts verdiente oder einmal keine Arbeit hatte. Eine glückliche Spekulation würde für ihn einen riesigen Unterschied machen.
    »Es ist nicht weiter schlimm«, sagte Macalister; »es gibt bestimmt bald wieder so eine Gelegenheit. Irgendwann in den nächsten Tagen kommt sicher eine Hausse in Südafrikanern, und dann wollen wir mal sehen, was sich machen lässt.«
    Macalister war am Kaffir-Markt und erzählte ihnen oft Geschichten von den schnellen Vermögen, die bei

Weitere Kostenlose Bücher