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Der Menschen Hoerigkeit

Der Menschen Hoerigkeit

Titel: Der Menschen Hoerigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Somerset Maugham
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Verlust hinnehmen musste. Sein Stolz zwang ihn, ruhig und gelassen zu antworten.
    »Ich glaube, das lohnt sich nicht. Es ist wohl besser, wenn Sie sie verkaufen.«
    »Leicht gesagt, ich weiß nur nicht, ob ich das kann. Der Markt stagniert; es finden sich keine Käufer.«
    »Aber sie sind doch noch immer mit ein ein achtel Pfund notiert.«
    »Das hat leider nicht viel zu bedeuten. Das bekommt man nirgends dafür.«
    Philip schwieg einen Moment lang und versuchte sich zu sammeln.
    »Soll das heißen, dass sie völlig wertlos sind?«
    »Das will ich nicht sagen. Natürlich, etwas sind sie schon wert, aber es kauft sie niemand.«
    »Dann müssen Sie sie um einen geringeren Preis verkaufen.«
    Macalister sah Philip aufmerksam an. Er hätte gern gewusst, ob es ihn schwer traf.
    »Es tut mir schrecklich leid, mein Bester. Wir teilen alle das gleiche Schicksal. Kein Mensch hat gedacht, dass der Krieg sich noch so lange hinziehen würde. Ich habe Sie zu dem Aktienkauf angeregt, aber ich habe mich auch selbst beteiligt.«
    »Es macht nichts«, sagte Philip. »Man weiß ja, was man riskiert.«
    Er kehrte wieder an den Tisch zurück, von dem er aufgestanden war, um sich mit Macalister zu unterhalten. Er war wie vom Donner gerührt; sein Kopf schmerzte ihn plötzlich zum Zerbersten; aber er wollte nicht, dass sie ihn für unmännlich hielten. Er blieb noch eine Stunde lang sitzen. Er lachte laut, wenn etwas gesagt wurde. Schließlich stand er auf, um nach Hause zu gehen.
    »Sie nehmen es ziemlich kühl auf«, sagte Macalister, als sie sich die Hand gaben. »Ich glaube, es freut niemanden, zwischen drei- und vierhundert Pfund zu verlieren.«
    Als Philip in sein kleines, schäbiges Zimmer heimkam, warf er sich aufs Bett und gab sich ganz seiner Verzweiflung hin. Er bereute seine unvernünftige Haltung bitter. Er mochte sich noch so oft sagen, dass es Unsinn war zu bereuen, denn was geschehen war, war unvermeidlich eben gerade, weil es geschehen war – es half ihm nichts. Er fühlte sich elend und zerschlagen; er konnte nicht schlafen. Seine ganzen Verschwendungen der letzten Jahre fielen ihm ein. Sein Kopf schmerzte unerträglich.
    Am nächsten Abend kam mit der letzten Post die Bankabrechnung. Er studierte sein Kontobuch. Wenn er alles bezahlt hatte, blieben ihm noch sieben Pfund. Sieben Pfund! Er war nur froh, dass er wenigstens in der Lage war, seine Schulden bezahlen zu können. Es wäre fürchterlich gewesen, hätte er Macalister beichten müssen, dass er nicht genug Geld besaß. Er arbeitete während des Sommersemesters an der Augenklinik. Er hatte einem Studenten einen Augenspiegel abgekauft. Er war noch nicht bezahlt; es fehlte ihm der Mut, dem Studenten mitzuteilen, dass er den Kauf rückgängig machen müsste. Außerdem musste er verschiedene Bücher kaufen. Blieben ihm noch fünf Pfund. Es reichte ihm noch sechs Wochen. Dann schrieb er seinem Onkel einen Brief, der ihm geschäftsmäßig schien. Er teilte ihm mit, dass er durch den Krieg leider große Verluste erlitten habe und sein Studium nicht fortsetzen könnte, wenn sein Onkel ihm nicht half. Er schlug dem Geistlichen vor, ihm einhundertfünfzig Pfund in achtzehn Monatsraten zu leihen. Er würde dafür Zinsen zahlen und die Summe abtragen, sobald er Geld verdiene. Er werde in einem, höchstens anderthalb Jahren approbiert sein und könnte dann bestimmt eine Stellung bekommen, die ihm wöchentlich drei Pfund einbrachte. Sein Onkel antwortete, er könne leider nichts tun. Es sei nicht recht, ihn um Geld anzugehen, jetzt, wo alles so schlecht stehe. Das Wenige, was ihm geblieben sei, müsse er für einen möglichen Krankheitsfall aufheben; das sei er sich schuldig. Der Brief schloss mit einer kleinen Kanzelrede. Er habe Philip immer wieder gewarnt; Philip aber habe nie auf ihn gehört. Wollte er ehrlich sein, so könne er eigentlich nicht sagen, dass seine Nachricht ihn überrascht habe. Eigentlich habe er immer erwartet, dass Philips Extravaganzen und seine Unausgeglichenheit einmal dahin führen würden. Philip lief es heiß und kalt über den Rücken, als er das las. Es war ihm nie in den Sinn gekommen, dass sein Onkel ablehnen könnte; ein heftiger Zorn ergriff ihn. Danach überfiel ihn gähnende Leere: Wenn sein Onkel ihm nicht helfen wollte, konnte er nicht länger im Hospital bleiben. Panischer Schrecken packte ihn, und er überwand seinen Stolz und schrieb dem Vikar von Blackstable nochmals, malte ihm die Lage noch eindringlicher aus. Ob er es nun trotzdem

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