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Der Menschen Hoerigkeit

Der Menschen Hoerigkeit

Titel: Der Menschen Hoerigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Somerset Maugham
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Lord Roberts in Bloemfontein ein.
    Ein oder zwei Tage nachdem diese Nachrichten London erreicht hatten, kam Macalister in die Taverne in der Beak Street und verkündete freudig, dass die Börsenverhältnisse sich aufzuheitern begännen. Der Friede stand vor der Tür; Roberts würde innerhalb weniger Wochen in Pretoria einmarschieren, und schon zögen die Aktien an; eine Hausse war unumgänglich.
    »Jetzt heißt es zugreifen«, sagte er Philip. »Es hat keinen Zweck, so lange zu warten, bis die breite Masse Blut leckt. Jetzt oder nie.«
    Er war gut informiert. Der Leiter eines Bergwerks in Südafrika hatte dem ältesten Teilhaber seiner Firma depeschiert, dass die Fabriken unbeschädigt seien. Sie würden so schnell wie möglich ihre Arbeit wiederaufnehmen. Das war keine Spekulation mehr, das war eine sichere Kapitalanlage. Um Philip zu beweisen, was für eine gute Sache es sei, erzählte Macalister ihm, dass der Teilhaber für seine beiden Schwestern je fünfhundert Aktien gekauft habe. Er legte nie Geld in etwas an, das ihm nicht so sicher wie die Bank von England schien.
    »Ich selbst stecke mein Letztes hinein«, sagte er.
    Die Aktien standen zwei und ein achtel Pfund. Er riet Philip, nicht zu gierig zu sein, sondern sich mit einem Gewinn von zehn Shilling zu begnügen. Er kaufte sich selber dreihundert Stück und riet Philip, ein Gleiches zu tun. Er würde sie zu treuen Händen behalten und im geeigneten Moment verkaufen. Philip hatte großes Vertrauen zu ihm, zum Teil weil er Schotte war und von Natur aus in Geldangelegenheiten vorsichtig, zum Teil weil er zuvor schon richtig gelegen hatte, und nahm den Vorschlag eiligst an.
    In Philips Augen war das eine herrliche Sache. Man wartete ab, bis man seinen Gewinn einstecken konnte, und brauchte selbst keinen Penny auf den Tisch zu legen. Er fing an, die Börsennachrichten der Zeitungen mit neuem Interesse zu verfolgen. Am nächsten Tag zogen die Papiere leicht an, und Macalister schrieb ihm, er habe zwei und ein halb Pfund zahlen müssen. Er schrieb, dass der Markt stabil sei. Ein oder zwei Tage später gab es jedoch einen Rückschlag. Die Nachrichten, die von Südafrika eintrafen, waren weniger hoffnungsvoll, und Philip sah mit Besorgnis, dass seine Aktien auf zwei Pfund gefallen waren. Aber Macalister war optimistisch. Viel länger würden die Buren nicht standhalten können; er wette um einen Zylinderhut, dass Roberts noch vor Mitte April in Johannesburg einziehen würde. Als die Abrechnung kam, hatte Philip fast vierzig Pfund zu zahlen. Es machte ihn sehr besorgt, aber er hielt es für das Beste abzuwarten: Der Verlust war zu groß, um ihn einfach wegzustecken. Während der nächsten zwei oder drei Wochen geschah nichts. Die Buren wollten nicht einsehen, dass sie geschlagen waren und sich nur zu ergeben hätten. Sie hatten sogar ein paar kleine Erfolge, und Philips Aktien sanken um eine weitere halbe Krone. Es zeigte sich klar: Der Krieg war noch nicht beendet. Die Aktien wurden in Massen wieder auf den Markt geworfen. Als Macalister Philip wieder sah, war er pessimistisch.
    »Ich weiß nicht recht, ob es nicht das Beste wäre, den Verlust zu schlucken.«
    Philip war ganz elend vor Sorge. Er konnte nachts nicht mehr schlafen. Er schlang sein Frühstück hinunter, das nur noch aus Tee, Brot und Butter bestand, und lief in den Lesesaal des Klubs, um die Zeitung durchzuschauen. Manchmal waren die Nachrichten schlecht, und manchmal blieben sie völlig aus. Bewegten sich die Kurse überhaupt, so nur nach unten. Er wusste nicht, was tun. Verkaufte er jetzt, so verlor er ziemlich genau dreihundertfünfzig Pfund; dann blieben ihm nur noch achtzig Pfund. Er wünschte von ganzem Herzen, er wäre kein solcher Narr gewesen und hätte nicht an der Börse spekuliert. Jetzt blieb ihm nichts anderes übrig, als weiter durchzuhalten. Vielleicht geschah eines Tages ein wichtiges Ereignis; dann würden die Aktien anziehen. Er hoffte nicht mehr auf Gewinn; er wollte nur den Verlust ausgleichen. Nur so würde er sein Studium zu Ende bringen können. Das Sommersemester fing im Mai an; am Schluss des Semesters wollte er sein Geburtshilfe-Examen machen. Dann bliebe ihm nur noch ein Jahr. Er rechnete sich alles sehr genau aus und meinte schließlich, dass er es, Gebühren und alles eingerechnet, mit einhundertundfünfzig Pfund schaffen könnte. Das war jedoch das Äußerste; mit weniger konnte er nicht auskommen.
    Anfang April ging er zur Taverne in der Beak Street, weil er unbedingt

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