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Der Menschen Hoerigkeit

Der Menschen Hoerigkeit

Titel: Der Menschen Hoerigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Somerset Maugham
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mit ihren Tränen und ihrem Lachen, unbekümmert und verwegen. Wer kann ihnen schon widerstehen? Erst wenn man sich dem Buch mit einem reiferen Urteilsvermögen zuwendet, erkennt man, wie roh ihr Vergnügen ist, wie gewöhnlich ihr Geist; und man spürt die Wertlosigkeit, als Künstler und als Menschen, dieser lustigen Truppe. Philip war hingerissen.
    »Möchten Sie nicht lieber nach Paris gehen anstatt nach London?«, fragte Miss Wilkinson, über seinen Enthusiasmus lächelnd.
    »Dafür ist es nun schon zu spät«, entgegnete er.
    Während der vierzehn Tage, die er nun schon aus Deutschland zurück war, hatte es zwischen ihm und seinem Onkel große Beratungen über die Zukunft gegeben. Da er sich die Möglichkeit, ein Stipendium zu bekommen, verscherzt hatte, kam Oxford nun nicht mehr in Betracht. Sein ganzes Vermögen hatte nur zweitausend Pfund betragen, und obwohl es mit fünf Prozent Zinsen angelegt war, war es ihm nicht gelungen, von diesem Ertrag zu leben. Im Laufe der Jahre war es ein wenig zusammengeschmolzen. Es wäre unsinnig gewesen, in Oxford zweihundert Pfund jährlich auszugeben, um nach dreijährigem Studium ebenso weit von einem eigenen Einkommen entfernt zu sein wie zuvor. Philip brannte darauf, direkt nach London zu gehen. Nach Mrs.   Careys Ansicht gab es für einen Gentleman nur vier Berufe: Militär, Marine, Juristerei und Kirche. Widerstrebend ließ sie noch – ihres Schwagers wegen – die Medizin gelten, vergaß aber nie, dass in ihrer Jugend niemand einen Arzt für einen Gentleman gehalten hatte. Militär und Marine kamen für Philip nicht in Frage, und Priester zu werden, weigerte er sich nach wie vor. Es blieb also nur das Rechtsstudium. Der Dorfarzt hatte darauf hingewiesen, dass neuerdings viele Gentlemen Ingenieure würden, aber diesem Vorschlag widersetzte sich Mrs.   Carey entschieden.
    »Ich möchte nicht, dass Philip etwas mit Handel zu tun hat«, sagte sie.
    »Du hast recht«, meinte darauf der Vikar. »Aber könnte er nicht Arzt werden wie sein Vater?«
    »Das möchte ich unter keinen Umständen«, sagte Philip.
    Mrs.   Carey war darüber nicht betrübt. Eine Richter-Laufbahn stand nicht zur Debatte, da Philip nicht nach Oxford ging, und die Careys waren der Meinung, dass ein akademischer Grad für den Erfolg in diesem Beruf notwendig wäre; aber schließlich kamen sie auf den Gedanken, ihn zu einem Advokaten in die Lehre zu geben. Sie schrieben an den Familienanwalt, Albert Nixon, der zusammen mit dem Vikar von Blackstable der Testamentsvollstrecker für den Besitz von Henry Carey war, und sie fragten ihn, ob er Philip nehmen würde. Nach wenigen Tagen kam die Antwort; er hätte keine Vakanz und wäre überhaupt gegen den ganzen Plan; der Beruf wäre außerordentlich überlaufen, und ein Mann ohne Kapital und Verbindungen hätte nur geringe Chancen, mehr als leitender Angestellter zu werden; er machte den Vorschlag, Philip sollte beeideter Bücherrevisor werden. Weder der Vikar noch seine Frau hatte die geringste Ahnung, was das war, und auch Philip hatte noch nie von einem derartigen Beruf gehört; aber in einem weiteren Brief erklärte der Anwalt, dass die Ausbreitung des modernen Geschäftswesens und die immer größer werdende Zahl von Betrieben zur Gründung gewisser Firmen geführt hätten, die sich mit der Revision der Bücher ihrer Klienten befassten und eine Struktur in deren finanzielle Angelegenheiten brachten, die bei den früher altmodischen Methoden nicht möglich gewesen war. Der Beruf würde von Jahr zu Jahr angesehener, lukrativer und wichtiger. Der Bücherrevisor, den Mr.   Nixon seit dreißig Jahren beschäftigte, hatte zufällig eine Vakanz und erklärte sich bereit, Philip als Schüler aufzunehmen. Die Gebühr betrage dreihundert Pfund. Die Hälfte davon würde während der fünf Jahre, welche die Ausbildung dauerte, in Form eines Gehaltes zurückerstattet. Diese Aussicht war nicht gerade aufregend, aber Philip fühlte, dass er sich zu irgendeiner Sache entschließen musste, und der Gedanke, in London leben zu können, übertönte seinen inneren Widerstand. Der Vikar erkundigte sich bei Mr.   Nixon, ob es sich auch wirklich um einen standesgemäßen Beruf handle, worauf Mr.   Nixon antwortete, dass ihn sogar Leute ergriffen, die an den vornehmsten Schulen und Universitäten gewesen waren. Falls Philip keinen Gefallen an seiner Arbeit finden sollte und er nach einem Jahr abspringen wollte, erklärte sich Herbert Carter, so hieß der Bücherrevisor,

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