Der Menschenjäger
Schwertlanze an ihrem Waffenrock. Zu ihren Füßen lag ein totes Ungeheuer, auf den ersten Blick eine gräßliche Mischung zwischen einem Bären und einem Wolf.
Der Höhlenboden war zur Hälfte mit farblosem Moos bewachsen. In einer Ecke lagen Skelette, die eher von gerissenen Affenähnlichen oben auf Phryl-Dhone stammen mochten als von Menschen.
»Setz dich auf das Moos«, sagte Fronja. »Die Aasen werden einen Weg finden müssen, um das Gift aus deinem Körper zu bannen. Ich werde nicht zulassen, daß wir weiterziehen, bevor du wieder gesund bist.«
Er hatte einen heftigen Widerspruch auf den Lippen, doch die Schwäche übermannte ihn vollends. Mythor ließ sich zurücksinken und blieb, schwer atmend und von plötzlicher Kälte geschüttelt, auf dem weichen Lager liegen.
Nacheinander kamen die restlichen Amazonen mit Siebentag, Gerrek, den Aasen und schließlich Robbin und Nadomir in die Höhle. Scida war entsetzt, als sie ihren Beutesohn reglos liegen sah, warf sich über ihn und betastete sein Gesicht, fühlte den Herzschlag.
Fronja winkte die Aasen heran.
»Heilt ihn!« befahl sie.
Lankohr drehte sich fragend zu Heeva um. Seine fast feenhafte Gefährtin, mit etwa vier Fuß ebenso groß wie er, beherrschte die Zauberkunst um etliche Grade besser als er, der fast völlig Untalentierte. Das Aasenmädchen ging langsam auf Mythor zu. Scida machte ihr bereitwillig Platz. Lange blieb Heeva über Mythor gebeugt hocken. Ihre Finger berührten verschiedene Stellen seines Körpers, dann die Wunde. Sie fuhren die etwa einen Fuß lange, blutverkrustete Narbe entlang, drückten hier und da leicht in die Haut – und zuckten zurück.
»Was ist?« fragte Fronja ungeduldig. »Ist das alles, was du für ihn tun kannst?«
»Ich furchte, ja«, flüsterte Heeva.
»Yoters Klinge muß mit Dämonenblut geschmiedet worden sein. Gegen dieses Gift ist meine Magie machtlos, Fronja. Wenn Mythor noch etwas retten kann, so ist es allein die Kraft des Lichtes, die in ihm ist – und in dir.«
»Unsinn!« wehrte die Tochter des Kometen ab. »Versuche es! Gebrauche deine Kräfte. Dann wird sich weisen, ob du Erfolg hast oder nicht!«
»Ich rate dir gut«, sagte auch Scida, ohne ihr Haupt zu heben, »heile ihn!«
Heeva blickte sich hilfesuchend nach Lankohr um. Der Aase trat näher.
»Du weißt, was ich tun muß, oder?« fragte sie ihn.
»Ich ahne es.«
»Gebt mir sein Schwert«, forderte Heeva die Amazonen auf. »Legt es in meine Hände. Ich will versuchen, das Böse aus Mythors Körper herauszubrennen – mit Alton!«
*
Der kleine Nadomir sah mit Schrecken, wie die Dämonen sich über Mythor beugten und ihre Klauen gierig nach seinem Leben ausstreckten. Er hatte nicht begriffen, daß sie sich die ganze Zeit über, seitdem sie die Aasen verschlungen hatten, so ruhig verhielten. Jetzt mußte es ihm so scheinen, als hätten sie nur einen günstigen Augenblick abgewartet, um nun ihr Opfer zu holen. Sie wollten Mythor, und sie wollten sie alle, ohne Ausnahme. Deshalb hatten sie Yoter vertrieben.
Und wie heimtückisch sie zu Werke gingen! Nadomirs Abscheu war noch größer als seine Angst und sein Zorn. Sie zeigten sich in der Gestalt der Aasen, um einen nach dem anderen zu reißen. Allein er durchschaute sie, sah ihre wahre Gestalt – vielleicht, weil sie mit ihm spielen wollten.
Aber das war jetzt unwichtig. Allein er konnte nun auch noch verhindern, daß der Heeva-Dämon Mythor das eigene Schwert ins Fleisch brannte. Außerdem besaß er wohl keine Zauberkräfte mehr, dafür aber einige Kräuter und Salben, die noch etwas von seiner magischen Kraft in sich beherbergten.
»Wartet!« rief er, als Fronja das Gläserne Schwert aus Mythors Scheide zog. »Wartet noch! Was ihr da tun wollte, ist viel zu gefährlich! Laßt erst mich versuchen, ihm zu helfen!«
Die Dämonen grinsten ihn an, aber noch hatten nicht sie zu bestimmen, sondern Fronja, Burra und Scida.
»Du?« fragte die Tochter des Kometen, als der Heeva-Dämon schon gierig die Hände nach der Klinge ausstreckte. »Du, Nadomir, der du doch deine Zauberkräfte in der Schattenzone verloren hast?«
»Mein Freund Sadagar hat mir viel von Mythor erzählt«, erfand er schnell eine Notlüge, »so unter anderem auch, an welcher Stelle seines Körpers der Lebensfleck ist.«
Er war selbst überrascht über das, was er da von sich gab. Es hörte sich aber geheimnisvoll genug an, um die abergläubischen Weiber vielleicht doch noch zu überzeugen.
»Sein… Lebensfleck?« fragte
Weitere Kostenlose Bücher