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Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman

Titel: Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elsebeth Egholm
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zu widersprechen. Der Vater fühlte sich schuldig für den Tod seines Sohnes und für den Weg, den er eingeschlagen hatte, so würde es wohl immer sein. Die beiden entgegengesetzten Anschauungen hatten sich im Laufe der Zeit wie zwei Schwerter aneinander scharf geschliffen.
    »Er war doch auch etwas Besonderes. Er war Ihr Sohn. Aber er hat die verkehrten Entscheidungen getroffen, und das ist nicht Ihre Schuld.«
    Er konnte sie zwar hören, aber ihre Worte hatten keine Bedeutung, und das wusste sie auch. Sie wandte sich wieder der Leiche zu. Jemand hatte sie vom Spielfeld in die Nähe einer kleinen Grünanlage gezogen, der Körper lag zur Hälfte unter einem Busch verborgen. Sie sah auf das Grün des Spielfelds, das sich zwischen den beiden Toren erstreckte und zwischen den Pfosten und im Strafraum bis aufs Erdreich ausgetreten war. Das Klubhaus lag auf der anderen Seite eines kleinen Kieswegs, und am Ende dieses Wegs befand sich ein verlassener Spielplatz. Das hier war kein riesiges Fußballstadion, nicht der NRGI-Park, aber es war ein Fußballplatz, und die Parallelen durften nicht einfach übersehen werden.
    »Das Foto, das Sie mir mal gezeigt haben«, sagte sie. »Auf dem Sie zusammen Fußball spielen. War das hier?«
    Winkler nickte.
    »Früher waren wir einmal eine ganz normale Familie. Aber dann ist alles schiefgelaufen.«
    Er schüttelte den Kopf. Sie wollte ihm noch tröstliche Worte sagen, als sie die Polizeisirenen hörte, die vom Silkeborgvej in den Thorsvej bogen und näher kamen. Wenige Sekunden später waren sie umringt von Streifenwagen, Notarztwagen und zivilen Fahrzeugen, unter denen sie auch Wagners schwarzen Passat erkannte. Ein anderer gehörte dem Gerichtsmediziner Paul Gormsen. Der letzte Wagen, der eintraf, war der blaue Lieferwagen der Spurensicherung.
    Dicte stand auf. Bo blieb neben Winkler stehen und redete beruhigend auf ihn ein, während sie auf Wagner zuging, der zusammen |340| mit Jan Hansen aus seinem Auto stieg. Sie war auf eine Maßregelung vorbereitet, denn er hatte am Telefon nicht besonders erfreut geklungen. Aber dann sah sie an seinem Schritt, dass er sich vollkommen auf seinen Job konzentrierte, und sie schon längst an die Peripherie seines Bewusstseins verdrängt war.
    »Na, Svendsen, was hast du schon wieder angestellt?«, sagte er ohne Spitze. »Ist er es?«
    Sie nickte und folgte ihm und Hansen, der sie freundlich grüßte.
    »Sein Vater sitzt dort drüben. Er war es auch, der ihn gefunden hat.«
    »Du kennst ihn?«
    Sie hörte Missbilligung in Wagners Stimme mitschwingen, während sie fast rennen musste, um mit ihm Schritt zu halten.
    »Ich habe ihn im Zusammenhang mit meinen Nachforschungen über die Neonaziszene interviewt. Er hat dort undercover recherchiert.«
    Wagner blieb abrupt stehen.
    »Das war keine Heimlichtuerei! Es hätte keinen Unterschied gemacht, ihr hättet Arne Bay deswegen nicht früher gefunden!«, verteidigte sich Dicte.
    Wagner sah sie misstrauisch an. Sie ahnte, dass er überlegte, ob er ihre Verbindung zu Winkler genauer hinterfragen sollte. Dann aber sagte er:
    »So, jetzt hast du seine Leiche ja gesehen. Was hältst du davon?«
    Sie zögerte, bevor sie ihm antwortete. Währenddessen zogen sich die Kriminaltechniker ihre weißen Schutzanzüge an und begannen das Absperrband anzubringen.
    »Es handelt sich meiner Meinung nach um eine persönliche Tat. Der Mörder hat Bay ein Messer mitten in sein großes Rückentattoo gestoßen. In das keltische Kreuz. Ein sehr explizites, rechtsextremes Symbol. Für mich sieht es so aus, als wollte der Täter Bays Gesinnung symbolisch durchbohren.«
    »Mhm.«
    Wagner setzte seinen Weg fort. Bo hatte begonnen, Aufnahmen |341| zu machen und umkreiste die Absperrungen mit seiner Kamera.
    »Zumindest wissen wir jetzt, dass Bay Mette Mortensen nicht ermordet hat«, sagte Dicte und folgte ihm, obwohl sie wusste, dass sie nicht hinter die Absperrungen gelassen werden würde.
    Erneut blieb Wagner stehen und schien nachdenken zu müssen, wie viel er ihr sagen wollte. Jan Hansen lief weiter und gesellte sich zu den Kollegen der Spurensicherung. Sie sah, wie er einige Worte mit Bo wechselte, ehe er sich ein Paar blaue Überschuhe überstreifte und den Tatort betrat.
    »Können wir vertraulich sprechen?«
    Dicte nickte.
    »Jederzeit.«
    Sie hatte sich so sehr an Wagners mangelhafte Kommunikationsfähigkeit gewöhnt, dass sie nichts Großes erwartete.
    »Wir wussten seit einiger Zeit, dass Bay nicht der Täter war«, sagte er.

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