Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman
Samstagnacht gemacht habe.«
Hansen nickte.
»Genau, wir möchten lieber alles über Ihren Samstagabend hören.«
Zum ersten Mal schien Arne Bay tatsächlich nachzudenken. Wagner versuchte abzulesen, ob er dabei war, sich eine Geschichte auszudenken. Er folgte dem wandernden Blick seines Gegenübers durch den Raum, bis er schließlich bei seinen eigenen Händen pausierte, die zu Fäusten geballt auf der Tischplatte lagen, als wären sie jederzeit bereit, eine Schlägerei anzufangen.
»Genau da liegt auch das Problem«, sagte er dann. »Ich war so hackevoll, dass ich es nicht mehr genau weiß.«
»Woran können Sie sich denn erinnern?«, fragte Hansen betont geduldig. »Fangen Sie mit dem an, woran Sie sich erinnern, was |145| Sie an diesem Abend unternommen haben. Vielleicht kommt der Rest von ganz allein.«
Er sagte es mit wenig Hoffnung in der Stimme. Arne Bay murmelte vor sich hin und schien sich offensichtlich anzustrengen.
»Ich habe mich mit ein paar Kumpels getroffen, unten beim Bridgewater so gegen acht.«
»Dieser irische Pub unter am Fluss?«, fragte Wagner und erhielt ein Nicken als Antwort.
»Gegen zehn, halb elf sind wir hoch ins Sherlock Holmes gegangen.«
»In der Frederiksgade?«, warf Hansen ein.
»Yep.«
»Was und wie viel haben Sie getrunken?«, fragte ihn Wagner.
Bay schüttelte den Kopf.
»Woher zum Teufel soll ich das wissen? So drei oder vier Halbliterkrüge im Bridgewater und noch ein paar im Holmes, vielleicht.«
»Und mit wem waren Sie da?«
Sein Blick bekam etwas Wachsames.
»Nur ein paar Kumpels eben.«
»Gehören die zu der Gruppe, mit der ihr loszieht, um den Kanaken aus Gellerup aufs Maul zu hauen oder eine iranische Hochzeitsfeier zu stürmen?«, fragte Hansen.
Wagner hoffte, dass es dieses Mal gutgehen würde, warf Hansen aber trotzdem einen warnenden Blick zu.
Bay zuckte mit den Schultern. »Whatever.«
»Und dann sind Sie weiter in die Diskothek gezogen? Wer kam von den anderen mit?«, fragte Hansen.
»Nur ich.«
Die Lüge war offensichtlich. Wagner sah erneut zu Hansen, der sofort begriff. Zuerst mussten sie alles über die Bewegungen und Aktivitäten des Mannes erfahren, die Namen würden später folgen. Mit Namen war es immer eine haarige Angelegenheit, ob es sich um einen gestandenen Skinhead oder um ein unschuldiges |146| kleines Mädchen handelte. Niemand hatte Lust, andere in eine Sache hineinzuziehen, die mit der Polizei zu tun hatte.
»Und was geschah dann?«
Bay zuckte erneut mit den Schultern.
»Was geht normalerweise ab in Diskotheken? Man nimmt Drinks und glotzt Muschis an, um rauszufinden, ob eine dabei ist, auf die man Bock hat und mit nach Hause nehmen will.«
»Und war da eine dabei?«, fragte Hansen mit zusammengebissenen Zähnen.
»Nicht wirklich. Nur dieses Mädchen eben. Aber ganz ehrlich. Sie sah jetzt auch nicht gerade aus, als hätte die besonders viel zu melden.«
»Worüber haben Sie sich unterhalten?«
Bay drehte die Augen zur Decke und fand die Frage offenbar bodenlos naiv.
»Wir haben uns doch nicht unterhalten, Mann. Die Musik in einer Disko ist verdammt laut, wenn du das vergessen haben solltest. Wir haben was getrunken und ein bisschen getanzt. Ich wollte die Ware erst einmal anfassen, verstanden? Aber die hatte nicht viel Arsch in der Hose.«
»Wie war sie denn so?«, fragte Wagner. »Ich meine damit ihre Verfassung, ihre Stimmung, wenn Sie da etwas bemerkt haben sollten? Wirkte sie fröhlich? Nervös? Ängstlich?«
»Wovor zum Teufel sollte sie denn Angst gehabt haben?«
Niemand sagte ein Wort. Plötzlich brach Bay in Gelächter aus und warf die Arme in die Luft.
»Vor mir? Come on. Ich bin doch eine Pussycat«, sagte er, wobei er den ersten Teil des Wortes betonte.
Wagner betrachtete den Verdächtigen und fragte sich, was Mette Mortensen dazu bewegt hatte, ihre Zeit in der Diskothek mit einem Mann zu verbringen, der, wie man es auch drehte und wendete, den Eindruck einer wandelnden Zeitbombe machte. Die Tattoos, seine aufgepumpten Muskeln und ein Blick, der kalt und aggressiv war. Aber vielleicht konnte er auch charmant sein, wenn es drauf ankam. Oder er hatte einfach eine Anziehungskraft |147| auf Frauen, um die ihn andere Männer nur beneiden konnten. Es gab Frauen, die sich von der Gefahr angezogen fühlten, aber war Mette eine von ihnen gewesen?
Bay zuckte erneut mit den Schultern. Eine Körpersprache, die er sehr häufig einsetzte.
»Sie war ganz normal. Sie laberte irgendwas über ihren Job. Das klang
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