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Der Menschenspieler

Der Menschenspieler

Titel: Der Menschenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Lavender
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gestrichen; der einzige Hinweis auf die Person, die sie in Jasper gewesen war, war ein Diamantstecker in ihrer Nase. Sie trug eine dicke eckige Brille und eine noble Reisetasche unterm Arm. Mein Gott , dachte Alex, sie ist jetzt eine Fußballmutter.
    »Ich hatte gehofft, es wäre nicht wahr«, sagte Melissa, und sogar ihre Stimme war anders. Flach, beinahe gefühllos. Eine der Frauen von Stepford. »Aber dann habe ich die Reporter auf dem östlichen Campus und in der Auffahrt gesehen. Es hat mir das Herz gebrochen.«
    »Meins auch.«
    Sie hielt inne, etwas in ihren dunklen Augen blitzte auf. Etwas Böses und Hasserfülltes. Das war die Melissa Lee aus dem Abendkurs. Doch als der Moment vorüber war, kam wieder die dreifache Vorstadtmutter zum Vorschein.
    »Oh, Alex.«
    Sie umarmten sich nicht. Sie hatten sich während des Kurses nicht so nahegestanden.
    »Ein Student«, sagte Melissa. »Jemand, den Michael in einem seiner Seminare hat durchfallen lassen. Das muss es sein.«
    Alex sagte: »Vielleicht.«
    »Aldiss ist nicht davon überzeugt.«
    Alex blinzelte. Konnte diese Frau etwas von ihrem Auftrag wissen, von ihrem Besuch beim Professor heute Morgen? Falls dem so war, dann wüssten die anderen auch Bescheid.
    »Dr. Aldiss weiß sehr wenig«, sagte Alex. Sie konnte genauso gut die Oberhand gewinnen, solange es möglich war.
    »Und die Polizei? Was glaubt die?«
    »Ich treffe den leitenden Detective in einer Stunde, und ich befürchte, dass ich ihm nichts berichten kann.«
    »Vielleicht könntest du ihm von Aldiss und Daniel Hayden erzählen.«
    Alex atmete scharf ein. »Was ist mit ihnen?«
    Melissa schüttelte mitleidig den Kopf: Da gibt’s so viel, was du über den Rest von uns nicht weißt, Alex Shipley. »Sie standen miteinander in Kontakt, kurz bevor Daniel starb.«
    »Inwiefern?«
    »Briefe, Rätsel – Aldiss blieb mit Daniel in Kontakt. Er wollte etwas von ihm. Es war verdammt seltsam, und das habe ich Daniel auch gesagt, als wir uns das letzte Mal unterhalten haben.«
    »Daniel war ein früherer Student«, sagte Alex. Ihr war bewusst, wie schwach das klang. Wie verzweifelt. »Es war normal für den Professor, mit ihm in Kontakt zu bleiben.«
    Melissa lächelte. »Wie oft hast du mit Aldiss gesprochen, seit Daniel … seit er sich umgebracht hat?«
    »Nicht mehr seit der Gedenkfeier.«
    »Eben.« Die Frau legte die Arme um sich und atmete so tief ein, dass ihr Körper zitterte. »Gott, Alex, wie gern würde ich diesen Mann fragen, was er weiß. Wie gern würde ich mit ihm über Daniels Tod sprechen, um zu sehen, ob er vielleicht …«
    »Soll ich Ihnen Ihr Zimmer zeigen?«
    Alex drehte sich um und sah Matthew Owen im Foyer stehen. Ihr fiel Melissas Blick auf, als sie den Pfleger sah, das Glitzern in ihren Augen. Dann fasste Melissa sich und sah wieder Alex an.
    »Merkwürdig, nicht wahr?«, sagte sie.
    »Was denn?«, fragte Alex.
    »Dass der Dekan uns alle einlädt, hier zu wohnen. Es ist wie … Ich weiß nicht. Ich wollte die Einladung zuerst nicht annehmen. Aber es ist nun mal Dekan Fisk, und niemand möchte allein sein, wenn so etwas geschehen ist. Es ist mir egal, wie tapfer du bist.«
    »Er ist ein einsamer Mann«, sagte Alex. »Seine Gesundheit lässt nach. Ich denke, er weiß, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleibt, und er wollte den Kurs noch einmal zusammenbringen, der ihn so stolz gemacht hat, damit wir alle zusammen trauern können. Das ist alles.«
    »Kann ich ihn sehen?«
    Alex schaute ihre alte Erzfeindin düster an, ein Gedanke kam ihr in den Sinn: Du wirst das Manuskript nicht finden. Nicht bevor ich es tue.
    »Stanley ruht sich gerade aus«, sagte der Pfleger von der Treppe. »Er wird da sein, wenn alle angekommen sind.«
    Melissa nickte, sie sah enttäuscht aus. »Alex, reden wir weiter, wenn ich ausgepackt habe?«
    »Natürlich.«
    Sie drehte sich um und folgte Matthew rasch die Treppe hinauf. Ihre riesige Reisetasche hob sie auf die Schulter, als wäre sie mit Luft gefüllt. Sie war stärker, als sie aussah. Als Alex sie weggehen sah, fragte sie sich: Könnte eine Frau Michael Tanner ermordet haben?
    Der zweite Student kam nur Minuten später an. Er hatte einen Gast mitgebracht.
    Frank Marsden war Charakterdarsteller. Alex hatte ihn in Episoden von CSI und Navy CIS und in kleinen Rollen in Filmen gesehen, manchmal als Handlanger des Bösen, einmal spielte er aber auch den missverstandenen Polizisten, der Verdächtige im Vernehmungsraum verprügelte. Er war kräftig und blond, mit eisigen

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