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Der Menschenspieler

Der Menschenspieler

Titel: Der Menschenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Lavender
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letzten Detail. Und beim zweiten Mal sah ich es den anderen an – ich hatte gewonnen.«
    »Und was passiert, wenn man gewinnt?«, fragte Mitchell ruhig.
    Aldiss sah auf. Etwas in seinem Gesicht hatte sich verändert, die harte Anspannung war verschwunden. Seine Augen blitzten. »Dann wird man akzeptiert«, sagte er. »Die Prozedur endet, und man gehört zur Elite.«
    »Und wenn man verliert?«, fragte Alex. »Was dann?«
    Aldiss senkte den Blick wieder. Die gesichtslosen Wachen schwankten.
    »Dann wird man geschnitten. Und als Fallows-Forscher nicht dazuzugehören, nicht einer von ihnen zu sein ist ein Schicksal schlimmer als der Tod.«
    Der Professor sagte nichts mehr. Sekunden später war die Übertragung zu Ende.
    20
    Später an diesem Abend traf sie Keller im Rebecca’s. Er war bereits da, als sie ankam; seine Karteikarten hatte er auf dem gestreiften Tisch ausgebreitet, ein Footballfeld, das von Rasterlinien und Kreuzen und Kreisen zerschnitten wurde. Als er Alex am anderen Ende des verrauchten Raums sah, winkte er sie zu sich.
    »Nur ein paar Hausaufgaben«, sagte er, als sie sich setzte. In der Bar ging es laut und hektisch zu. Gut.
    »Kein Problem.«
    »Willst du ein Bier?«
    »Ich nehme eine Number Nine.«
    »Magic Hat«, sagte Keller beeindruckt. »Exzellente Wahl.« Er rief die Kellnerin und bestellte für sie beide.
    Ein paar verlegene Momente vergingen. Es war nicht so, wie im Abendkurs mit ihm zusammen zu sein, dachte Alex. Das hier war etwas ganz anderes. Das war ein echtes Date. Es war nicht so, dass sie in Jasper ein Stubenhocker war; sie ging so oft aus wie jeder andere. Aber seit sie in Harvard angenommen worden war und weil es ihrem Vater schlechter ging, hatte sie einfach keine Zeit mehr dafür gehabt. Sie fühlte sich unbehaglich, nicht in ihrem Element.
    »Also, die Prozedur.«
    Sie sah auf, ihr wurde bewusst, dass Keller gesprochen hatte. Es war schwierig, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie groß er war, wie kraftvoll gebaut, bis man nah bei ihm saß. Sein Körper wirkte gestählt. Aber er sah auch gut aus, hatte liebevolle, ruhige Augen und einen Mund, der ständig zu einem ironischen Lächeln gebogen war.
    »Was ist damit?«, fragte sie. Ihr Bier kam.
    »Dämlich, oder? Sich so in Büchern zu verlieren? Es ist fast, als würden sie nach einem Loch suchen, um direkt in einen Fallows-Roman zu kriechen.«
    »Ich weiß nicht«, sagte sie nachdenklich, ein Kaninchenloch …
    Keller legte seinen Kopf schräg. Er lächelte fasziniert. Alex hatte ihn unvorbereitet erwischt. »Du fandest, dass das Spiel spannend klingt.«
    »Ich kann verstehen, warum er es gemacht hat«, sagte sie. Sie schaute an ihm vorbei und sah Melissa Lee an einem Tisch in der Ecke. Sie sprach mit drei oder vier anderen Literaturstudenten, und Alex war überrascht, dass Michael Tanner einer von ihnen war. Lee sah, dass Alex sie anschaute, und Alex wandte sich mit glühenden Wangen wieder Keller zu.
    »Ich finde, es ist was für extreme Nerds«, sagte Keller. »Aber ich würde gern mehr über seine Reise nach Iowa hören, mit diesem Typen … Wie hieß er noch? Locke.«
    »Ich dachte, du traust Aldiss nicht.«
    »Das tue ich ganz sicher nicht. Aber ich will auch sehen, wohin das alles führt, Alex. Ich will herausfinden, was er weiß, was er in diesem Gefängnis herausgefunden hat. Ich habe angebissen. Das ist zwar genau das, was er mit diesem Kurs vorhatte. Aber trotzdem …«
    »Sag’s«, sagte sie.
    »Es klingt abgedroschen.«
    »Komm schon, Keller.«
    »Es ist, als wäre bei diesem Kerl nicht alles so, wie es scheint.«
    Sie lachte, und Keller wurde rot.
    »Vielleicht liegt es ja nur an mir.« Er schaute auf den Tisch, zog das Bier zwischen seine Hände. »Vielleicht bin ich einfach nur verdammt paranoid.«
    »Du bist nicht paranoid.«
    »Dann hast du dasselbe Gefühl?«
    Erzähl’s ihm , dachte sie. Erzähl Keller von dem Buch, von der Botschaft darin. Erzähl ihm, dass Aldiss unschuldig ist. Sie öffnete den Mund, aber nichts kam heraus. Sie setzte die Flasche an und nahm einen tiefen Schluck.
    »Ich habe ein bisschen nachgeforscht«, sagte er.
    »Worüber?«
    »Ich habe ein paar Dinge gefunden. Heute, in der Fisk-Bibliothek.«
    Alex lehnte sich vor, aber Keller sagte nichts weiter. Er saß einfach nur mit verschränkten Armen da und sah sie mit einem leeren Blick an. Die Jukebox spielte einen Song der Screaming Trees, und ein paar betrunkene Studentinnen aus einer Verbindung bewegten sich auf der Tanzfläche. Es wurde

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